Entscheidungsstichwort (Thema)

Ertragsteuerliche Behandlung kundenspezifischer Werkzeuge zu deren Herstellung Werkzeugkostenbeiträge geleistet wurden

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Bilanzierung von kundenspezifischem Werkzeug bei einem Automobilzulieferer aufgrund wirtschaftlichen Eigentums hat nicht zu erfolgen, wenn der Auftraggeber das zivilrechtliche Eigentum unter Vereinbarung eines Besitzkonstituts erworben hat.
  2. Die Berichtigung zur Nutzung des Werkzeugs während der Laufzeit des Nutzungsvertrages, das Besitzrecht ohne Einzug des Fertigungsauftrages und der Umstand, dass das Werkzeug nach Ablauf der Produktionsphase verbraucht ist, genügen nicht um wirtschaftliches Eigentum zu bejahen.
  3. Für die Herstellung des Werkzeugs gezahlte Werkzeugkostenzuschüsse an den Automobilzulieferer sind in vollem Umfang gewinnerhöhend so erfassen. Die Bildung einer Rückstellung oder die Neutralisierung des Gewinns durch einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten wegen einer faktischen Verpflichtung zur verbilligten Lieferung gefertigter Serienteile kommt nicht in Betracht.
 

Normenkette

EStG § 5; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

1999, 2000, 2002, 2003

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsbescheide) für die Jahre 1999, 2000, 2002 und 2003. Im Streit ist die ertragsteuerliche Behandlung kundenspezifischer Werkzeuge und zu deren Herstellung geleisteter Werkzeugkostenbeiträge.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG, die ihre Gewinne gemäß § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelt. Die Klägerin entwickelt und stellt einbaufähige Komponenten und Systembaugruppen überwiegend für Automobil- und Nutzfahrzeughersteller oder deren Lieferanten her. Für die Produktion von Serienteilen fertigt die Klägerin die erforderlichen kundenspezifischen Spezialwerkzeuge und Vorrichtungen (Werkzeuge) selbst. Diese Werkzeuge aktivierte die Klägerin in den Streitjahren mit den angefallenen Herstellungskosten und schrieb sie auf die voraussichtliche Nutzungsdauer ab. Von den Auftraggebern erhielt die Klägerin im Zusammenhang mit der Herstellung der Werkzeuge so genannte Werkzeugkostenbeiträge oder -zuschüsse, die die Herstellungskosten im Regelfall überstiegen. Die Werkzeuge gingen in das zivilrechtliche Eigentum der Auftraggeber über. Die Klägerin erkannte das Eigentum des jeweiligen Auftraggebers auch dann ausdrücklich an, wenn der Werkzeugkostenzuschuss nicht die Vollkosten (100 %), sondern lediglich mit 80 % die reinen Herstellungskosten ohne einen kalkulierten Zuschlag von 20 % abdeckte. Über die vertraglich vereinbarten Werkzeugkostenzuschüsse stellte die Klägerin den Auftraggebern jeweils nach Fertigstellung/Abnahme eine Schlussrechnung aus. In Höhe der erhaltenen Zuschüsse bildete die Klägerin einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten, den sie über die voraussichtliche Lieferdauer, in der Regel 4 bis 5 Jahre, erfolgswirksam auflöste. Die Klägerin bejahte gegenüber den Auftraggebern ihre Verpflichtung, mit den bezuschussten Werkzeugen Teile zu produzieren und diese in Abhängigkeit von der Zuschusshöhe verbilligt zu liefern.

Anlässlich einer Außenprüfung der Jahre 1999 - 2003 durch die Großbetriebsprüfungsstelle beim Finanzamt (in der Zeit vom ) griff der Prüfer die steuerliche Behandlung der Werkzeuge und der Werkzeugkostenzuschüsse auf. Aufgrund der vorgelegten Verträge gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass der jeweilige Auftraggeber Eigentümer des Werkzeugs geworden sei. Die Verträge seien deshalb als Kauf- oder Werklieferungsverträge anzusehen, die dem jeweiligen Auftraggeber das zivilrechtliche und das wirtschaftliche Eigentum verschafften; der Auftraggeber erhalte sämtliche Rechte an den Werkzeugen. Nach den Feststellungen des Prüfers deckten die Werkzeugkostenzuschüsse in der Regel die Herstellungskosten einschließlich eines Zuschlags von 20 v. H. ab. Lediglich in zwei Fällen sei diese Marge geringfügig unterschritten worden. Daraus schloss der Prüfer, dass die Herstellungskosten der Werkzeuge abgegolten waren und damit bei der Preisgestaltung der mit den fraglichen Werkzeugen hergestellten Produkte nicht mehr Preis mindernd berücksichtigt wurden. Außerdem habe die Klägerin trotz Aufforderung keine Preiskalkulationen vorlegen können, die gegenüber den Auftraggebern offen gelegt worden seien und die Verpflichtung erkennen ließen, dass verbilligte Fahrzeugteile zu liefern seien. Ergänzend wird auf Tz.  des Betriebsprüfungsberichts vom Bezug genommen (Bl. 131 ff. Sonderband). Aus Vereinfachungsgründen korrigierte der Prüfer nicht die Bilanzposten für selbst hergestellte Werkzeuge und den passiven Rechnungsabgrenzungsposten, sondern löste Gewinn erhöhend den passiven Rechnungsabgrenzungsposten nur insoweit auf, wie diese Position den Betrag der aktivierten selbst hergestellten Werkzeuge überstieg.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Betriebsprüfung an und erließ am nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) ...

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