Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung an die steuerliche Behandlung im Rahmen einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangener Bescheid kann bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist ohne sachliche Einschränkung jederzeit in vollem Umfang aus formellen oder materiellen Gründen geändert werden, auch wenn diese Gründe dem Finanzamt zum Zeitpunkt des Erlasses des Vorbehaltsbescheids bereits bekannt waren.
  2. Eine Ausnahme von der umfänglichen Änderungsmöglichkeit gilt nur dann, wenn das Finanzamt eine bindende Zusage erteilt oder durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen entsprechenden Vertrauenstatbestand geschaffen hat.
  3. Das Vorliegen eines solchen Vertrauenstatbestandes erfordert neben weiteren Voraussetzungen die eindeutige, klare und unmissverständliche Äußerung der Finanzbehörde, dass ein bestimmter Tatbestand für die Beurteilung eines bestimmten Sachverhaltes maßgebend sein soll.
  4. Aus der steuerlichen Behandlung im Rahmen einer Verrechnungsstundung ergibt sich kein Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Steuerfestsetzung.
  5. Ein gewerblicher Handel mit Wertpapieren scheidet bereits dann aus, wenn der Steuerpflichtige nur auf eigene Rechnung und nicht auf fremde Rechnung tätig wird. Selbst bei häufigem Umschlag von Wertpapieren wird der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht verlassen.
 

Normenkette

AO §§ 4, 164; BGB § 242

 

Streitjahr(e)

1994, 1995

 

Tatbestand

Nachdem die beklagte Behörde im Rahmen eines Stundungsverfahrens und in einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid Verluste aus Wertpapiergeschäften steuermindernd berücksichtigt hat, streiten die Beteiligten im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung darüber, ob das Finanzamt aus Gründen des Vertrauensschutzes gehindert ist, nunmehr in Einkommensteueränderungsbescheiden die Anerkennung der geltend gemachten Verluste zu versagen. Dem Rechtsstreit liegt nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 1994 und 1995 mit diversen Einkunftsarten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Insbesondere bezog der Kläger aus seinem …betrieb Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Aus einem Wertpapierbestand, der bis einschließlich 1993 unstreitig zum Privatvermögen des Klägers gehörte, wurden noch im Kalenderjahr 1993 Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte erklärt und versteuert.

Mit Einkommensteuererklärung für 1994 vom xx.xx.1996 machte der Kläger ausweislich der Anlage GSE negative Einkünfte aus Wertpapiergeschäften in Höhe von … DM steuermindernd geltend. In der Einkommensteuererklärung für 1995 belief sich der Verlust aus Wertpapierhandel ausweislich der Anlage GSE auf eine Höhe von … DM. Aus der Bilanz zum 31.12.1994 ergibt sich, dass der Verlust 1994 in Höhe von … DM in Höhe von … DM aus Devisentermingeschäften herrührt. Aus der Bilanz zum 31.12.1995 folgt, dass der Verlust von … DM in Höhe von …- DM auf Devisentermingeschäften beruht. Eine Eröffnungsbilanz zum 01.01.1994 wurde nach Aktenlage nicht erstellt.

Gleichzeitig mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung 1994 richtete der steuerliche Berater der Kläger, Steuerberater A, unter dem …. ….1996 ein Telefax an die beklagte Behörde. Unter Hinweis auf die Einkommensteuererklärung für 1994 führte er aus, dass sich nach seinen Unterlagen für seine Mandanten ein Erstattungsbetrag von … DM ergebe. Aufgrund der Betriebsprüfung für die Kalenderjahre 1989 bis 1993 ergäben sich demgegenüber Einkommensteuer- und Umsatzsteuernachzahlungen in Höhe von insgesamt … DM, die am … fällig seien. Unter Einbezug einer Vorbehaltszahlung (betreffend Einkommensteuernachzahlung 1989) verbleibe nach Verrechnung mit der Einkommensteuererstattung 1994 eine Restverbindlichkeit von … DM, die fristgerecht abgebucht werden könne. In Höhe der zu erwartenden Einkommensteuererstattung 1994 von … DM beantragte der steuerliche Berater die Aussetzung der Vollziehung, hilfsweise die zinslose Stundung.

Mit Verfügung vom … stundete das Finanzamt unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs lediglich Einkommensteuer 1990 in Höhe von …  DM. In dieser Verfügung wurde ausgeführt: „Die Stundung ergeht längstens bis zur Durchführung der Veranlagung 1994. Der Restbetrag wird aufgrund der vorliegenden Einzugsermächtigung am … abgebucht. „

In einer Anlage zu dieser Stundungsverfügung bezog sich das Finanzamt auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH - und führte aus, dass diese Grundsätze auch für Devisentermingeschäfte gelten würden. Diese seien für sich betrachtet in der Regel nicht unter § 15 des EinkommensteuergesetzesEStG - einzuordnen, weil die Tätigkeiten nicht auf einen Leistungs- oder Güteraustausch gerichtet seien. In Zweifelsfällen sei darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspreche, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmache und einer Vermögensverwaltung fremd sei. ...

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