Leitsatz (amtlich)

Das Finanzkommissionsgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG bildet einen eigenständigen Rechtsbegriff, dessen Voraussetzungen nicht nur dann erfüllt sind, wenn alle Merkmale eines typischen Kommissionsgeschäftes im Sinne der §§ 383 ff. HGB vorliegen.

Der Begriff des Finanzkommissionsgeschäftes bildet andererseits keinen Auffangtatbestand, dessen Voraussetzungen immer schon dann erfüllt sind, wenn die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile des Geschäfts nicht den Vertragschließenden, sondern den Auftraggeber treffen, die vertragliche Ausgestaltung aber keinerlei Ähnlichkeit mit einem typischen Kommissionsgeschäft mehr aufweist.

 

Verfahrensgang

VG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.10.2005; Aktenzeichen 1 E 1159/05(V))

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 27. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Zulassungsantragsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten der Klägerin abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, die nach ihrer Satzung „die Durchführung von Transaktionen in Finanzinstrumenten im Sinne von § 1 Abs. 11 KWG im eigenen Namen und für eigene Rechnung zur Anlage des eigenen Vermögens” zum Gegenstand hat, begründete verschiedene Portfolios. An diesen Portfolios bot die Klägerin interessierten Anlegern die Beteiligung über Index-Zertifikate an, die als Namensschuld- oder Inhaberschuldverschreibungen ausgestattet waren.

Die als Namensschuldverschreibungen ausgestatteten Zertifikate mit den WKN 686 760 und 682 762 konnten von den Anlegern zu einem von der Klägerin festgelegten Ausgabepreis gezeichnet werden. Sodann konnten die Zertifikate entweder zum Monatsultimo „ausgeübt” oder zu einem ebenfalls von der Klägerin festgelegten Rücknahmepreis täglich an diese zurückveräußert werden.

Die als Inhaberschuldverschreibungen ausgestatteten Zertifikate mit den WKN 686 761 und 682 763 konnten ebenfalls zu den von der Klägerin festgesetzten Preisen von dieser direkt oder an der Frankfurter Wertpapierbörse erworben werden, wo sie in den Freiverkehr einbezogen waren.

Die Anleger nahmen an Gewinnen und Verlusten aus dem Handel mit Finanzinstrumenten in dem jeweiligen Portfolio teil. Für ihre Anlagetätigkeit stellte die Klägerin den Anlegern neben den bei der Anlage in Finanzinstrumenten anfallenden Kosten und Spesen die pauschalierte monatliche „Management Fee” in Rechnung. Als Provision für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin eine prozentual ausgestaltete Gewinnbeteiligung.

Mit Verfügung vom 19. Februar 2003 untersagte die Beklagte der Klägerin, das Finanzkommissionsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Betrieb erfordert, dadurch zu betreiben, dass die Klägerin Gelder von Dritten auf der Grundlage von Zertifikatsbedingungen für Zertifikate bezogen auf den Axxx + Bxxx – Index Serie 1 (WKN 686 760) und Zertifikate bezogen auf den A Xxxxx + Yxxxx Index Serie 1 (WKN 686 762) entgegennimmt und hiermit Finanzinstrumente im eigenen Namen für fremde Rechnung anschafft und veräußert (I). Des Weiteren untersagte die Beklagte der Klägerin die Werbung für Finanzkommissionsgeschäfte (II) und ordnete die unverzügliche Abwicklung der unerlaubt betriebenen Finanzkommissionsgeschäfte an (III). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsverfügung, das Werbeverbot und die Abwicklungsanordnung drohte die Beklagte der Klägerin jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes i. H. v. 50.000,– EUR an (IV). Ferner ersuchte sie die Klägerin um Mitwirkung bei der Prüfung (V). Für den Fall, dass die Klägerin diesem Ersuchen nicht nachkäme, drohte die Beklagte der Klägerin ein Zwangsgeld i. H. v. 50.000,– EUR an (VI). Die sofortige Vollziehung der Zwangsgeldandrohungen wurde angeordnet (VII).

Die Klägerin legte dagegen mit Schreiben vom 25. Februar 2003 Widerspruch ein.

Mit Schreiben vom 07. Oktober 2003 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ihre Geschäfte restrukturiert habe. Zur Grundlage der Erfolgsmitteilung würden nicht mehr die Bestände an Vermögenswerten der A. in den verschiedenen Unternehmensbereichen, sondern die Vermögensentwicklung der A. Xxxxx + Yxxxx Ltd. und der A. Axxx + Bxxxx Ltd. mit Sitz auf den Bahamas gemacht, an die sie ihre Beteiligungen übertragen habe.

Mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12. März 2004 wies diese den Widerspruch der Klägerin vom 25. Februar 2003 zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 15. April 2004 Klage, mit der sie die Feststellung der Nichtigkeit der angefochtenen Bescheide sowie hilfsweise deren Aufhebung begehrte. Das Verfahren ist nach Aufhebung der Bescheide und Abweisung der Klage i...

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