Leitsatz

Eine Haftung des Betriebsübernehmers scheidet aus, wenn nur nicht pfändbares Vermögen übertragen wird.

 

Sachverhalt

Die Klägerin führte seit 1.1.2008 ein Unternehmen für Abwasserdienstleistungen. Zur Ausführung der Dienstleistungen verwendete sie unter anderem einen gebrauchten Spülbohrwagen sowie weitere notwendige Geschäftsausstattung. Diese Wirtschaftsgüter hatte sie von ihrem Ehemann gebraucht erworben, der bis Ende 2007 ebenfalls ein Unternehmen für Abwasserdienstleistungen betrieben hatte. Nach dem Erwerb hatte sie die Gegenstände in ihr Unternehmen eingelegt. Der Ehemann hatte in seinem Betrieb Umsatzsteuerschulden, für die das Finanzamt die Klägerin als Betriebsübernehmerin in Anspruch nahm. Gegen diese Haftung wandte sich die Klägerin im Einspruchs- und Klageverfahren.

 

Entscheidung

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Das FG Köln vertrat die Auffassung, dass zwar die Voraussetzungen für die Übernahme eines Unternehmens im Ganzen gegeben seien und die Umsatzsteuer auch eine betriebliche Steuerschuld i. S. der Bestimmung sei. Allerdings sei hier zu berücksichtigen, dass die Haftungsinanspruchnahme des Erwerbers dann nicht ermessensgerecht sei, wenn feststehe, dass nur Vermögen übernommen worden sei, in das nicht vollstreckt werden dürfe. Dies sei hier der Fall gewesen, da die Klägerin im Rahmen der Unternehmensübereignung nur unpfändbare Gegenstände übernommen habe.

 

Hinweis

Die Entscheidung des FG Köln ist als zutreffend anzusehen. Unstreitig waren hier grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Haftung des Betriebsübernehmers nach § 75 AO gegeben, da alle wesentlichen Betriebsgrundlagen durch ein Rechtsgeschäft übergegangen sind. Die Haftung nach § 75 AO ist dabei in sachlicher, zeitlicher und gegenständiger Hinsicht bestimmt, doch auch diese Voraussetzungen waren erfüllt. Allerdings handelt es sich bei der Entscheidung der Haftungsinanspruchnahme um eine Ermessensentscheidung Seitens der Finanzbehörde. Dieses Ermessen hat das Finanzamt dann nicht zutreffend ausgeübt, wenn sich die gegenständliche Haftung ausschließlich auf solche Gegenstände erstreckt, die nicht gepfändet werden dürfen. Das FG Köln schloss sich insofern dem FG Niedersachsen, Urteil v. 16.8.2010, 11 K 245/09, EFG 2010 S. 2064 an. Es ist als zutreffend anzusehen, dass die Pfändungsverbote ihre Wirkung auch im Rahmen der Haftungsinanspruchnahme entfalten.

Die Entscheidung ist vorerst nicht rechtskräftig, da Revision eingelegt wurde. Das Aktenzeichen des BFH ist VII 36/12.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 02.09.2011, 4 K 2375/10

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