1.1 Vorbemerkungen

Die Frage der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die aufgrund der Entscheidung des BVerfG v. 10.4.2018 notwendige Reform des Grundsteuer- und des Bewertungsgesetzes wird in der Wissenschaft nicht einheitlich beantwortet. Es werden unterschiedliche Auffassungen zur Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung der Grundsteuer zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im Bundesgebiet nach der seit dem 16.11.1994 geltenden Fassung des Art. 72 Abs. 2 GG vertreten. Art. 125a Abs. 2 GG räumt dem Bund lediglich eine begrenzte Änderungskompetenz des fortgeltenden Bundesrechts unter Beibehaltung der wesentlichen Elemente ein, erlaubt aber keine grundlegende Neukonzeption der Materie.

1.2 Ziel der Änderung des GG

Durch die Änderung des Grundgesetzes soll die Gesetzgebungskompetenz des Bundes unzweifelhaft abgesichert werden. Dazu erhält der Bund mit der Grundgesetzänderung – ohne dass für deren Ausübung die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen müssen – uneingeschränkt die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Grundsteuer. Gesetzestechnisch erfolgt dies durch die Ergänzung des Art. 105 Abs. 2 GG. Zeitgleich wird den Ländern über eine Ergänzung in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG eine umfassende abweichende Regelungskompetenz eröffnet.

Dies entspricht der bisherigen Systematik bundeseinheitlicher Steuergegenstände und Bemessungsgrundlagen auf der einen und der Hebesatzautonomie der Gemeinden auf der anderen Seite bei der Grundsteuer (und der Gewerbesteuer). Hierfür bestehen gute Gründe. Das betrifft vor allem die Schaffung einer bundesgesetzlichen Grundlage. Denn die Grundsteuer wird aufgrund ihrer historisch gewachsenen Funktion als unverzichtbare Finanzierungsquelle für die Kommunen bundesweit erhoben. Zugleich bietet sich gerade die Grundsteuer aufgrund der Immobilität des Steuerobjekts und des bereits in der Verfassung vorhandenen kommunalen Hebesatzrechts dafür an, die Steuerautonomie der Länder zu stärken. Dem trägt die Abweichungsbefugnis der Länder Rechnung.

 
Wichtig

Abweichendes Landesrecht ("Länderöffnungsklausel") erst für Veranlagungszeiträume ab 1.1.2025 anwendbar

In Art. 125b Abs. 3 GG wird bestimmt, dass auf dem Gebiet des Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG abweichendes Landesrecht der Erhebung der Grundsteuer frühestens für Zeiträume ab dem 1.1.2025 zugrunde gelegt werden darf. Mit dieser Regelung soll gewährleistet werden, dass die Grundsteuer erst ab diesem Zeitpunkt auf der Grundlage abweichenden Landesrechts erhoben werden kann. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass zu einem einheitlichen Zeitpunkt (1.1.2025) in allen Ländern die Grundsteuer nach neuem Recht – bundes- oder landesgesetzlich geregelt – erhoben wird. Eine vorherige Diversifizierung der Grundsteuer soll dadurch steuerpolitisch vermieden werden.

Die Regelung ermöglicht es den Ländern zugleich, bereits frühzeitig und parallel zur Fortgeltung des bisherigen Bundesrechts bis zum 31.12.2024 mit den erforderlichen Schritten zur verfahrensmäßigen Umsetzung abweichenden Landesrechts zu beginnen (z. B. Anforderung der Steuererklärungen, Erlass von Steuermessbescheiden).

1.3 Inkrafttreten

Das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes tritt nach dessen Artikel 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft. Das Gesetz ist am 20.11.2019 im BGBl 2019 I S. 1546 veröffentlicht worden und damit am 21.11.2019 in Kraft getreten.

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