Für die Beurteilung der Frage, ob eine gewährte Steuervergünstigung nachträglich zu versagen ist, ist von Bedeutung,

  • ob es sich um eine homogene, z. B. der Formwechsel einer OHG in eine KG, oder heterogene (Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft) formwechselnde Umwandlung handelt und
  • ob die grundstückserwerbende oder grundstücksübertragende Gesamthand umgewandelt wird.

6.3.1 Formwechselnde Umwandlung der grundstückserwerbenden Gesamthand

6.3.1.1 Homogene formwechselnde Umwandlung

Die homogene formwechselnde Umwandlung der grundstückserwerbenden Gesamthand in eine andere Gesamthand lässt die gesamthänderische Mitberechtigung unberührt. Der Tatbestand des § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG ist nicht erfüllt und der formgewechselte Rechtsträger unterfällt der bereits laufenden Überwachungsfrist von 10 Jahren.[1]

[1] Wegen der Anwendung der 10-Jahresfrist vgl. § 23 Abs. 18 und 24 GrEStG sowie die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu den Übergangsregelungen aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbstuergesetzes v. 29.6.2021, BStBl 2021 I S. 1006, Tz. 5.

6.3.1.2 Heterogene formwechselnde Umwandlung

In diesem Fall entfällt die gesamthänderischer Mitberechtigung und die Steuervergünstigung ist rückwirkend zu versagen.

 
Praxis-Beispiel

Umwandlung einer OHG in eine GmbH[1]

A überträgt ein Grundstück auf eine OHG, an deren Vermögen er zu 50 % beteiligt ist. Innerhalb von 10 Jahren wird die OHG formwechselnd in eine GmbH umgewandelt.[2]

Die Steuer für den Grundstücksübergang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird nach § 5 Abs. 2 GrEStG (zunächst) i. H. v. 50 % nicht erhoben. Da die gesamthänderische Mitberechtigung durch die heterogene formwechselnde Umwandlung wegfällt, ist die Steuervergünstigung rückwirkend zu versagen. Die Steuerfestsetzung ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 AO wegen des Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses zu ändern.

[1] Dieses und die folgenden Beispiele sind den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v. 12.11.2018, BStBl 2018 I S. 1334, entnommen. Die zeitlichen Regelungen wurden allerdings an die neuen gesetzlichen Bestimmungen angepasst.
[2] Wegen der Anwendung der 10-Jahresfrist vgl. § 23 Abs. 18 und 24 GrEStG sowie die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu den Übergangsregelungen aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes v. 29.6.2021, BStBl 2021 I S. 1006, Tz. 5.

6.3.2 Formwechselnde Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders

6.3.2.1 Homogene formwechselnde Umwandlung

Die homogene formwechselnde Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders führt nicht zur Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 1 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Der formgewechselte Rechtsträger führt die laufende 10-Jahresfrist[1] fort. Nachfolgende mittelbare Gesellschafterwechsel sind nur bei doppelstöckigen Personengesellschaften von Bedeutung.

 
Praxis-Beispiel

Doppelstöckige Personengesellschaft

Eine GbR, an deren Vermögen die Gesellschafter A mit 20 %, B mit 30 % und C mit 50 % beteiligt sind, überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine KG. Am Vermögen der KG sind Z mit 10 % und die GbR mit 90 % beteiligt. Im Jahr 03 erfolgt eine formwechselnde Umwandlung der GbR in eine OHG. Im Jahr 04 überträgt C seinen Anteil an der OHG auf D.

Schaubild

Quelle: BStBl 2015 I S. 1092 Rz. 7.3.2.1

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG i. H. v. 90 % nicht erhoben.

Jahr 03:

Die homogene formwechselnde Umwandlung des übertragenden Rechtsträgers (GbR) führt nicht zur Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Die OHG führt die bereits laufende 10-Jahresfrist fort.[2]

Jahr 04:

Das Ausscheiden des C innerhalb des 10-Jahreszeitraums führt zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG i. H. v. 45 % (50 % von 90 %). Die Steuerfestsetzung ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 AO zu ändern.

Die Überwachung der Festsetzung ist in Bezug auf die unveränderte Beteiligung i. H. v. 45 % (für A und B) bis zum Ablauf des 10-Jahreszeitraums fortzusetzen.

[1] Wegen der Anwendung der 10-Jahresfrist vgl. § 23 Abs. 18 und 24 GrEStG sowie die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu den Übergangsregelungen aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes v. 29.6.2021, BStBl 2021 I S. 1006, Tz. 5.
[2] Wegen der Anwendung der 10-Jahresfrist vgl. § 23 Abs. 18 und 24 GrEStG sowie die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu den Übergangsregelungen aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes v. 29.6.2021, BStBl 2021 I S. 1006, Tz. 5.

6.3.2.2 Heterogene formwechselnde Umwandlung

Diese Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders führt zur Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 1 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG, denn der grundstücksübertragende Gesamthänder verliert seine gesamthänderische Mitberechtigung am Vermögen der Gesellschaft und damit auch am Grundstück. Nach Maßgabe der spezifischen grunderwerbsteuerlichen Zuordnung ändert sich als Folge einer heterogenen form...

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