Gleichlautende Ländererlasse, 12.11.2018, S 4514

 

1 Allgemeines

Gesamthandsgemeinschaften sind grunderwerbsteuerrechtlich selbständige Rechtsträger. Daher unterliegen auch Erwerbsvorgänge zwischen einer Gesamthandsgemeinschaft und den an ihr Beteiligten bzw. zwischen Gesamthandsgemeinschaften der Steuer. Anders als bei Kapitalgesellschaften tritt bei Gesamthandsgemeinschaften keine Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens in der Hand der Personengesellschaft ein. Jeder Gesellschafter ist allein kraft seines Mitgliedschaftsrechts sachenrechtlich am Gesamthandsvermögen beteiligt (gesamthänderische Mitberechtigung).

Die Steuer für den Grundstücksübergang wird nach Maßgabe der §§ 5 und 6 GrEStG nicht erhoben, soweit der übertragende oder erwerbende Gesamthänder am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Dies gilt entsprechend beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand, soweit deren Gesamthänder identisch sind und ihre Beteiligungshöhe übereinstimmt.

Ist für den Fall der Auflösung der Gesamthand eine abweichende Auseinandersetzungsquote vereinbart, ist diese grundsätzlich maßgebend (§ 6 Absatz 1 Satz 2 GrEStG).

Die Begünstigungsvorschriften erstrecken sich auf folgende Vorgänge:

  • Übergang eines Grundstücks von mehreren Miteigentümern (§ 5 Absatz 1 GrEStG) oder von einem Alleineigentümer (§ 5 Absatz 2 GrEStG) auf eine Gesamthand.

    Dem Rechtsgedanken des § 5 Absatz 2 und des § 7 Absatz 1 GrEStG folgend, bei ähnlichen Konstellationen nur echte Wertverschiebungen zwischen Rechtsträgern grunderwerbsteuerlich zu erfassen, ist Grunderwerbsteuer ebenso nicht zu erheben, wenn mit der Aufhebung von Sondereigentum an Wohnungen und anschließender Realteilung jeder Beteiligte Eigentum entsprechend der bisherigen Aufteilung in Wohnungseigentum erwirbt;

  • Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer Gesamthänder (§ 6 Absatz 1 GrEStG) oder in das Alleineigentum eines Gesamthänders (§ 6 Absatz 2 GrEStG) und
  • Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand (§ 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG); dies gilt auch für Fälle, in denen die eine Gesamthand an der anderen Gesamthand beteiligt ist (vgl. BFH-Urteil vom 24.9.1985, II R 65/83, BStBl 1985 II S. 714).

Die Steuervergünstigung nach § 5 Absatz 1 und Absatz 2 bzw. nach § 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG bleibt nur erhalten, wenn bzw. soweit der grundstücksübertragende Gesamthänder seine – auf der Gesellschafterstellung beruhende – (Mit-)Berechtigung an dem auf die Gesamthand übergegangenen Grundstück und die Höhe seines Anteils am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Grundstücksübergang uneingeschränkt aufrechterhält (§ 5 Absatz 3 bzw. § 6 Absatz 3 Satz 2 GrEStG). Andernfalls ist die Vergünstigung rückwirkend ganz oder teilweise zu versagen. Zur verfahrensrechtlichen Behandlung wird auf Tz. 9 dieses Erlasses verwiesen.

Die Steuervergünstigung nach § 6 Absatz 1 bis 3 GrEStG gilt nicht, soweit

  • ein Gesamthänder bzw. dessen Rechtsvorgänger seinen Anteil an der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren vor dem Grundstücksübergang durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat (§ 6 Absatz 4 Satz 1 GrEStG);
  • eine vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Auflösung der Gesamthand vereinbart worden ist (§ 6 Absatz 4 Satz 2 GrEStG).
 

2 Gesamthand

Zu den Gesamthandsgemeinschaften i.S. der §§ 5 und 6 GrEStG gehören die Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG), die Partnerschaftsgesellschaften, die Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), die Erbengemeinschaften sowie die (fortgesetzten) Gütergemeinschaften.

Ausländische Gesellschaften sind ebenfalls begünstigt, sofern deren rechtliche Struktur den inländischen Gesamthandsgemeinschaften entspricht. Der Rechtstypenvergleich hat grundsätzlich anhand des gesetzlichen Leitbilds der ausländischen Gesellschaft zu erfolgen. Zum Rechtstypenvergleich ausgewählter ausländischer Rechtsformen vgl. Tabellen 1 und 2 des BMF-Schreibens vom 24.12.1999, BStBl 1999 I S. 1076. Zu maßgebenden Kriterien für den Rechtstypenvergleich vgl. BMF-Schreiben vom 19.3.2004, BStBl 2004 I S. 411.

 

3 Anteil am Vermögen

Unter Anteil am Vermögen ist

  • die sachenrechtliche Mitberechtigung des grundstücksübertragenden Gesellschafters, die sich aus der Stellung als Gesamthänder ableitet, und
  • die vermögensmäßige Beteiligung an dem in das gesamthänderische Vermögen übergegangenen Grundstück

zu verstehen. Maßgebend ist die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Beteiligung am Vermögen (fest oder variabel). Hierfür ist auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs i.S. von § 23 GrEStG abzustellen.

Erfolgt die Grundstücksübertragung im Rahmen der Auflösung der Gesellschaft, ist eine eventuell abweichend vereinbarte Auseinandersetzungsquote maßgebend (§ 6 Absatz 1 Satz 2 GrEStG).

 

4 Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG in den Fällen der § 1 Absatz 2a, Absatz 3 und Absatz 3a GrEStG

 

4.1 Anwendung...

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