Leitsatz

Auch bei einer Neugründung einer Kapitalgesellschaft durch Ausgliederung eines

Unternehmens bei einer natürlichen Person kann eine Grunderwerbsteuerbefreiung gewährt werden.

 

Sachverhalt

Streitig ist, ob bei Ausgliederung und Neugründung einer Gesellschaft bei der Grunderwerbsteuer eine Steuerbefreiung zu gewähren ist.

Die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin Y war Eigentümerin des Grundstücks G. Das Grundstück befand sich im Betriebsvermögen der Einzelunternehmung von Y (X Y e.K.). Mit notariellem Vertrag übertrug die Firma X Y e.K. im Wege der Ausgliederung ihr

Vermögen als Ganzes auf die Klägerin Y, die mit Gesellschaftsvertrag vom selben Tag neu gegründet wurde. In der Schlussbilanz der X Y e.K. ist das Grundstück mit × EUR aufgeführt. Gemäß dem notariellen Vertrag wurde im Ausgliederungsplan das Betriebsgrundstück auf die Klägerin im Wege der Ausgliederung zur Neugründung übertragen. Die Ausgliederung zur Neugründung wurde in das Handelsregister beim Amtsgericht eingetragen. Das Finanzamt (Beklagte) setzte Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin fest. Dieser Bescheid erging gem. § 165 AO wegen der genauen Höhe der Bemessungsgrundlage vorläufig. In der Begründung führte der Beklagte aus, dass der Grundbesitzwert gesondert festgestellt werden soll. Später wurde die Festsetzung endgültig erklärt. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückwies. Die Klägerin beantragt, den Bescheid über Grunderwerbsteuer und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Grunderwerbsteuer auf EUR 0 festzusetzen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des Sächsischen FG ist im Streitfall Grunderwerbsteuer nach § 6a GrEStG nicht zu erheben. Es begründet seine Auffassung u. a. wie folgt:

Der durch die Verschmelzung bewirkte Übergang des Eigentums an den Grundstücken von Frau Y auf die Klägerin unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Es handelt sich um einen gesetzlichen Eigentumswechsel, dem kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen war und es auch keiner Auflassung bedurfte.

Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG sind erfüllt. Gemäß § 6a GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1GrEStG, § 1 Abs. 2 GrEStG, § 1 Abs. 2a GrEStG, § 1 Abs. 3 GrEStG oder § 1 Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1-3 UmwG, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Steuer nicht erhoben.

§ 6a Satz 1 GrEStG gilt nur, wenn an dem dort genannten Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Im Sinne von § 6a Satz 3 GrEStG abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von 5 Jahren vor dem Rechtsvorgang und 5 Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist.

Der Senat folgt der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Auslegung der Steuerbefreiung für die vorliegende Konstellation (vgl. BFH, Urteil v. 21.8.2019, II R 15/19 und BFH, Urteil v. 22.8.2019, II R 18/19).

§ 6a GrEStG setzt voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang eine oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften im Sinne von § 6a Satz 3 GrEstG in Verbindung mit § 6a Satz 4 GrEStG beteiligt sind.

§ 6a Sätze 3, 4 GrEStG verlangen dem Wortlaut nach den Bestand des dort bestimmten Abhängigkeitsverhältnisses innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren vor dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltensfrist) und 5 Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist). Umwandlungsvorgänge, bei denen eine beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht, fallen nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3, 4 GrEStG nicht in den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG. Eine vor oder nach der Umwandlung nicht existente Gesellschaft kann die in § 6a Satz 4 GrEStG bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen, mit der Folge, dass entgegen den Anforderungen des § 6a Satz 3 GrEStG an dem Umwandlungsvorgang auch (mindestens) eine Gesellschaft beteiligt wäre, die mangels Einhaltung der Nachbehaltensfrist (im Falle des Erlöschens) bzw. der Vorbehaltensfrist (im Falle der Neugründung) nicht von dem herrschenden Unternehmen "abhängig" wäre. Nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3, 4 GrEStG wären somit sämtliche Verschmelzungen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 ff. UmwG), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, § 123 Abs. 1 UmwG), die Abspaltung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, § 123 Abs. 2 Nr. 2 UmwG, § 124 ff. UmwG), die Ausgliederung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG, §§ 124 ff. U...

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