OFD Niedersachsen, 5.4.2012, S 4535 - 5 - St 262

 

1. Anzahl der Steuerschuldner

 

1.1 In folgenden Fällen sind mindestens zwei Steuerschuldner vorhanden:

  • beim rechtsgeschäftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), nämlich der Käufer und der Verkäufer, beim Tausch die Tauschpartner, beim Einbringen der Einbringende und der Empfänger (Pahlke/Franz, 4. Auflage, GrEStG, § 1 Rz. 153);
  • beim Vertrag zugunsten eines Dritten der Verkäufer und der Käufer. Der Dritte ist nicht Steuerschuldner (Pahlke/Franz a.a.O., § 13 Rz. 5);
  • bei der Umwandlung und der Anwachsung sind zwar grundsätzlich zwei Steuerschuldner vorhanden, jedoch geht die Steuerschuld auf den Rechtsnachfolger über (§ 45 Abs. 1 AO), so dass am Ende nur ein Steuerschuldner verbleibt (Pahlke/Franz a.a.O., § 13 Rz. 33);
  • bei der Auflassung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG) der Auflassende und der Auflassungsempfänger (Pahlke/Franz a.a.O., § 13 Rz. 15);
  • beim Eigentumserwerb kraft Gesetzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) – ausgenommen Enteignungsverfahren – der bisherige Eigentümer und der Erwerber (Pahlke/Franz a.a.O., § 13 Rz. 17);
  • bei der Anteilsvereinigung innerhalb eines Organkreises (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG), und zwar alle Mitglieder des Organkreises (Boruttau, GrEStG, 17. Auflage, § 13 Rz. 42; Pahlke/Franz a.a.O., § 13 Rz. 19);
  • bei der Übertragung der schon in einer Hand vereinigten Anteile auf einen anderen Erwerber (§ 1 Abs. 3 Nrn. 3 und 4 GrEStG) der bisherige Anteilsinhaber und der Anteilserwerber (Pahlke/Franz a.a.O., § 13 Rz. 14).
 

1.2 Nur ein Steuerschuldner ist in folgenden Fällen vorhanden:

 

2. Besondere Fälle

 

2.1 Miteigentümer

Erwerben mehrere Personen (zum Beispiel Eheleute) ein Grundstück zu gemeinschaftlichem Eigentum (= Miteigentum), so schuldet jeder Erwerber nur die auf seinen Anteil entfallende Steuer. Die Miteigentümer sind untereinander nicht Gesamtschuldner (BFH-Urteil vom 12.10.1994, BStBl 1995 II S. 174). Das gilt entsprechend für die auf der Veräußererseite beteiligten Miteigentümer.

 

2.2 Einheitliche Verträge

Bei einheitlichen Verträgen (Karte 10a zu § 1 GrEStG der GrESt-Kartei) ist der Bauunternehmer, der mit dem Grundstückserwerber nur einen Bauerrichtungsvertrag abschließt, nach dem BFH-Urteil vom 27.10.1999, II R 17/99 (BStBl 2000 II S. 34) nicht Schuldner der auf die Bauleistungen entfallenden Grunderwerbsteuer.

 

2.3 Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Erwirbt eine GbR ein Grundstück, so ist sie selbst – nicht ihre Gesellschafter – Schuldnerin der Grunderwerbsteuer. Der Bescheid ist an die Gesellschaft als solche zu richten. Falls die GbR sich einen Namen zugelegt hat, ist dieser im Bescheid anzugeben; andernfalls müssen die Gesellschafter als solche benannt werden (Pahlke/Franz a.a.O., § 13 Rz. 22). Die Bekanntgabe des Bescheids richtet sich nach dem AEAO zu § 122 AO, Tz. 2.4.1.2, 2.4.1.3., AO-Handbuch 2011.

 

2.3.1 Haftung der Gesellschafter einer GbR

Der Gesellschafter einer GbR haftet nach § 191 Abs. 1 AO in Verbindung mit §§ 421, 427, 705, 714, 718 BGB für die Grunderwerbsteuerschuld der Gesellschaft, sofern er beim Grundstückskauf Gesellschafter war (BFH-Urteil vom 2.2.1994, II R 7/91, BStBl 1995 II S. 300; Pahlke/Franz a.a.O., § 13 Rz. 34 – 40). Die Haftung ist durch Haftungsbescheid geltend zu machen.

 

3. Heranziehung der Steuerschuldner

In der Regel haben die Vertragsparteien im Kaufvertrag Regelungen darüber getroffen, wer die Grunderwerbsteuer und die sonstigen Kosten zu tragen hat. Nach § 448 Abs. 2 BGB i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl 2001 I S. 3138) hat der Grundstückserwerber (Käufer) grundsätzlich die Kosten für die Beurkundung des Kaufvertrages, für die Auflassung, Grundbucheintragung und sonstigen erforderlichen Erklärungen zu tragen. Aus diesem Grund enthalten die Kaufverträge seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes oft keine Regelungen mehr darüber, welche Vertragspartei die entstehenden Kosten zu tragen hat. Auch hinsichtlich der Grunderwerbsteuer enthalten die Verträge keine Abreden mehr.

Ist im Vertrag keine Regelung darüber getroffen, wer Träger der Grunderwerbsteuer und der sonstigen Kosten ist, ist die Steuer zunächst beim Erwerber geltend zu machen, da zivilrechtlich der Erwerber Schuldner der Kaufvertragskosten ist. Gleichwohl kann das FA aber innerhalb der Festsetzungsfrist auch noch den Veräußerer in Anspruch nehmen.

 

3.1 Erteilung des Erstbescheids an alle Gesamtschuldner

Sind mehrere Steuerschuldner vorhand...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge