Leitsatz

1. Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind diejenigen Leistungen, die für den Erwerb des Grundstücks im Sinne des bürgerlichen Rechts zu erbringen sind. Eine Gegenleistung für Scheinbestandteile gehört nicht zur Bemessungsgrundlage.

2. Gehölze sind Scheinbestandteile, wenn bereits zum Zeitpunkt von Aussaat oder Pflanzung vorgesehen war, sie wieder von dem Grundstück zu entfernen. Das gilt auch für sog. Weihnachtsbaumkulturen.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, § 94 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb im Jahr 2018 ein Grundstück, auf dem sich ein Aufwuchs in Gestalt von angepflanzten Weihnachtsbaumkulturen (Nordmanntanne und Blaufichte) befand. Nach den Vertragsbestimmungen setzte sich der für das Grundstück vereinbarte Kaufpreis aus einem Anteil für den Grundbesitz und einem Anteil für die Weihnachtsbaumkulturen zusammen. Wurden die Bäume bestimmungsgemäß zu gegebener Zeit gefällt und veräußert, pflegte der Kläger die Wurzelballen mit einer Fräsmaschine zu zerkleinern und zu mulchen.

Das FA bezog bei der Festsetzung der GrESt auch den Anteil für den Aufwuchs in die Bemessungsgrundlage ein. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage mit der Begründung statt, die Bäume seien Scheinbestandteile des Grundstücks i.S.v. § 95 BGB, da sie von Beginn an zum Verkauf als Weihnachtsbäume bestimmt gewesen seien (FG Münster, Urteil vom 14.11.2019, 8 K 168/19 GrE, Haufe-Index 13582163, EFG 2019, 1995).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA zurück. Der auf die Weihnachtsbaumkulturen entfallende Kaufpreisanteil sei nicht in die Bemessungsgrundlage für die GrESt einzubeziehen. Die Bäume seien als Scheinbestandteile nicht Teile des Grundstücks gewesen.

 

Hinweis

1. Bemessungsgrundlage der GrESt ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung für das Grundstück. Bei einem Grundstückskauf (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Danach gehören zur Bemessungsgrundlage der GrESt alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben. Soweit sich ein Kaufvertrag auch auf Gegenstände bezieht, die nicht Grundstück sind, gehören die hierauf entfallenden Teile des Kaufpreises nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage, denn es können nur solche Leistungsverpflichtungen des Erwerbers Gegenleistung sein, die er um des Grundstückserwerbs willen erbringen muss.

2. Unter Grundstück i.S.d. GrEStG ist das Grundstück i.S.d. bürgerlichen Rechts zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG).

a) Grundstück in diesem Sinne ist der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts ohne Rücksicht auf die Art seiner Nutzung unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Es umfasst nach den §§ 94, 95 BGB auch seine wesentlichen Bestandteile, soweit es sich nicht um Scheinbestandteile handelt.

b) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, darunter auch die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 Satz 2 BGB). Aufstehende Gehölze sind deshalb im Ausgangspunkt wesentliche Bestandteile des Grundstücks, gleich, ob sie durch Selbst- oder Fremdaussaat unmittelbar am Standort gewachsen oder anderweit vorgezogen und eingepflanzt sind.

c) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB), d.h. die sog. Scheinbestandteile. Die Vorschrift schränkt den Anwendungsbereich des § 94 BGB ein.

Eine Verbindung erfolgt zu einem vorübergehenden Zweck, wenn ihre spätere Aufhebung von Anfang an beabsichtigt ist. Maßgeblich ist der innere Wille des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung der Sache. Dieser muss allerdings mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen sein. Einem vorübergehenden Zweck steht es weder entgegen, wenn die spätere Wiedertrennung erst nach langer Dauer zu erwarten ist, noch, wenn sie wegen der Art der eingefügten Sachen zwangsläufig zu deren Zerstörung führt, wie etwa bei massiv errichteten Gebäuden. Die Eigenschaft als Scheinbestandteil muss nicht auf den ersten Blick sichtbar sein. Es reicht aus, wenn der äußere Anschein damit vereinbar ist.

3. Bäume können danach Scheinbestandteile des Grundstücks sein, auf dem sie stehen.

a) Dies ist insbesondere bei Verkaufspflanzen in Baumschulen der Fall, bei denen von vornherein die vollständige Entfernung von dem Grundstück beabsichtigt ist.

b) Scheinbestandteile können aber auch vorliegen, wenn aufstehende Bäume gefällt werden sollen, sofern dies ...

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