Rz. 134

Das Umlegungsverfahren (Flurbereinigungsverfahren) ist ein gesetzlich geregelter Grundstückstausch. Es wird beherrscht von dem Grundsatz der wertgleichen Abfindung und Erhaltung des Eigentums. Kraft Gesetzes erhalten die am Umlegungsverfahren beteiligten Grundstückseigentümer einen Anteil an der Verteilungsmasse, welcher gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 BauGB als Sollanspruch definiert wird. Die Vermögensmasse ermittelt sich gemäß § 55 Abs. 4 BauGB nach der Fläche aller in das Umlegungsverfahren einbezogenen Grundstücke[1] abzüglich der Grundstücksflächen, die für die öffentliche Erschließung benötigt werden.[2] Die Verteilung richtet sich gemäß § 57 Abs. 2 BauGB entweder nach dem Wert- oder dem Flächenverhältnis, in dem die eingebrachten Grundstücke vor der Umlegung zueinander gestanden haben.[3]

 

Rz. 135

Ertragsteuerlich sind diese in ein Umlegungsverfahren eingebrachten und die daraus im Zuteilungswege erlangten Grundstücke grundsätzlich als wirtschaftlich identisch zu werten. Die zugeteilten Grundstücke sind das "Surrogat" der eingebrachten Grundstücke. Dies hat die einkommensteuerrechtliche Folge, dass

  • zum einen keine Gewinnrealisierung nach Tauschgrundsätzen eintritt und
  • zum anderen sich die etwaige Betriebsvermögenseigenschaft des eingebrachten Grundbesitzes an den erlangten Grundstücken unverändert fortsetzt,[4]
  • ein Realisations- und Anschaffungsvorgang insoweit nicht anzunehmen ist,
  • Gleiches gilt, wenn im Zuge einer Baulandumlegung (Baulanderschließung) durch Hoheitsakt ein Grundstück entzogen und dafür Ersatzland zugewiesen wird.[5]
 

Rz. 136

Diese angeführten Grundsätze gelten auch, wenn ein förmliches Flurbereinigungs- oder Umlegungsverfahren durch entsprechende privatrechtliche Vereinbarungen vermieden wird.[6] Es besteht bei diesem Verfahren insofern ein Unterschied zum Tausch, als es sich um ein Zwangsverfahren handelt. Die Rechtsprechung zu diesem Verfahren ist daher im Hinblick auf den Zwangscharakter der Umlegung nicht überholt.[7]

 

Rz. 137

Sowohl bei der Berücksichtigung des Wert- oder auch des Flächenverhältnisses kann es zwecks Ausgleichs von Wertunterschieden notwendig werden, dass die Eigentümer zu Geldleistungen verpflichtet werden. Eine solche Ausgleichspflicht kann sich insbesondere daraus ergeben, dass sich der Wert der Verteilungsmasse durch die Umlegung als solche erhöht.[8]

 

Rz. 138

Neben der an den vorgenannten Tauschgrundsätzen orientierten Grundstücksverteilung eröffnet das Umlegungsverfahren auch die Möglichkeit, Grundstücke gegen Geldleistung ohne gleichwertige Einbringung von Grundstücken zu erhalten. Das Umlegungsverfahren lässt insoweit Raum für verschiedene Dispositionen der betroffenen Eigentümer.[9]

 

Rz. 139

Für eine solche überobligatorische Zuteilung sieht § 59 Abs. 2 BauGB einen Ausgleich in Geld vor. Für den umgekehrten Fall der den Sollanspruch unterschreitenden Zuteilung sieht § 59 Abs. 4 BauGB neben anderen Ausgleichsmaßnahmen ebenfalls eine Geldabfindung vor. Durch derartige einvernehmliche Regelungen wird das dem Umlegungsverfahren innewohnende Tauschelement durch ein Element des Kaufs bzw. des Hinzuerwerbs erweitert.[10]

 

Rz. 140

Dies hat zugleich aber auch zur Konsequenz, dass die wirtschaftliche Identität vom eingebrachten Grundstück und dem zugeteilten Grundstück in dem Umfang nicht besteht, in dem Umlegungsbeteiligte bei der Verteilung der Umlegungsmasse den Sollanspruch übersteigende Mehrzuteilungen erhalten und durch den Geldausgleich nicht lediglich Umlegungsvorteile ausgeglichen werden.[11]

 

Rz. 141

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Grundstückszuteilung in ein Tauschgeschäft und ein Kaufgeschäft zu zerlegen. Der Aufteilung des Grundstückserwerbs in ein Tauschgeschäft einerseits und ein Kaufgeschäft andererseits muss auch die Zuordnung der Grundstücke zum Betriebsvermögen und zum Privatvermögen folgen.[12]

 

Rz. 142

Wird einem Grundstückseigentümer im Rahmen eines Umlegungsverfahrens ein Grundstück gegen Zuzahlung eines Geldbetrags zugeteilt, liegt ein Anschaffungsgeschäft i. S. v. § 23 EStG nur insoweit vor, als die Zuzahlung für eine den Sollanspruch[13] nicht unwesentlich übersteigende Mehrzuteilung zu leisten hat.[14]

 

Rz. 143

Die Betriebsvermögenseigenschaft eines in das Umlegungsverfahren eingebrachten Grundstücks setzt sich nur insoweit an dem zugeteilten Grundstück fort, als dieses in Erfüllung des Sollanspruchs gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 BauGB zugeteilt wird. Die Zuordnung des den Sollanspruch übersteigenden ideellen Teils des Grundstücks zum Betriebs- oder Privatvermögen richtet sich nach den allgemeinen Beurteilungskriterien im Ertragsteuerrecht.[15]

 

Rz. 144

Diese eigenständige Beurteilung des im Umlegungsverfahren überobligatorisch zugeteilten ideellen Grundstücksanteils kann deshalb zur Folge haben, dass das Gesamtgrundstück sowohl dem Betriebsvermögen als auch dem Privatvermögen zuzuordnen ist.[16]

 

Rz. 145

Der Zuordnung eines Grundstücks zu unterschiedlichen Vermögensbereichen des Steuerpflichtigen steht die Rechtsprechung des BFH nicht entgegen. Grund...

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