I ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist. Zum Rahmen seines Unternehmens gehört offensichtlich die Vermietungstätigkeit in München. I bezieht für sein Unternehmen sowohl die Leistung des österreichischen Dachdeckers als auch die Leistung des österreichischen Rechtsanwalts. Die Leistungen sind jeweils separat zu prüfen:

Bei der Leistung des Dachdeckers handelt es sich um eine von einem Unternehmer ausgeführte Werklieferung[1], da davon auszugehen ist, dass der Dachdecker die von ihm benötigten Materialen ("Hauptstoff") selbst beschafft. Der Ort der Werklieferung bestimmt sich nach § 3 Abs. 5a i. V. m. Abs. 7 Satz 1 UStG (unbewegte Lieferung) und ist dort, wo sich der Gegenstand der Lieferung bei Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Die Werklieferung ist damit in München mit Bauabnahme ausgeführt und nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar in Deutschland. Eine Steuerbefreiung[2] nach § 4 UStG liegt nicht vor.

Da ein ausländischer Unternehmer i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG eine in Deutschland steuerpflichtige Werklieferung ausführt, wird I als Unternehmer zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung.[3] Die Umsatzsteuer für die Leistung entsteht in diesem Fall mit Ausstellung der Rechnung, spätestens mit Ablauf des der Leistung folgenden Monats. Da die Rechnung erst im Oktober 2018 ausgestellt worden ist, entsteht die Umsatzsteuer bei I im Voranmeldungszeitraum Oktober 2018.[4]

Die Umsatzsteuer entsteht i. H. v. 19 %[5] auf den Nettorechnungsbetrag von 30.000 EUR, somit i. H. v. 5.700 EUR.

Grundsätzlich ist I zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG berechtigt, da er eine Leistung für sein Unternehmen bezieht. Allerdings verwendet er die Leistung zum Teil auch für steuerfreie Ausgangsleistungen (Vermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG), die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausschließen.[6] Damit müssen die Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden.[7]

 
Praxis-Tipp

Vorsteueraufteilung auch nach Umsätzen möglich

Grundsätzlich erfolgt nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG die Vorsteueraufteilung bei Immobilienumsätzen im Verhältnis der steuerfrei zu den steuerpflichtig vermieteten Grundstücksflächen. Eine Aufteilung nach einem (objektbezogenen) Umsatzschlüssel ist denkbar, wenn erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume bestehen.[8] Im vorliegenden Fall ergeben sich aber keine Anhaltspunkte für eine vom Flächenschlüssel abweichende Aufteilungsmethode.

Nach den Sachverhaltsangaben verwendet I das Gebäude zu 45 % für vorsteuerabzugsberechtigende Zwecke, sodass er von den geschuldeten 5.700 EUR insgesamt 2.565 EUR abziehen kann.

Die Leistung des Rechtsanwalts wird ebenfalls von einem Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt. Bei der Beratungsleistung handelt es sich um eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG, deren Ort sich nach der Grundregelung für die sog. B2B-Umsätze nach § 3a Abs. 2 UStG bestimmt. Der Ort der sonstigen Leistung ist damit dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt.[9]

 
Praxis-Tipp

Abgrenzung zu grundstücksbezogenen Leistungen notwendig

Eine Leistung in Zusammenhang mit einem Grundstück nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG liegt bei einer allgemeinen Rechtsberatung nicht vor.[10] Eine sonstige Leistung i.Z.m. einem Grundstück kann sich bei Rechtsberatungen dann ergeben, wenn sie mit Grundstücksübertragungen sowie mit der Begründung oder Übertragung von bestimmten Rechten an Grundstücken oder dinglichen Rechten an Grundstücken zusammenhängen.[11] Dies liegt hier nicht vor. Da die Rechtsfolgen bei Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken grundsätzlich anders sind als bei der B2B-Grundregelung, muss immer genau abgegrenzt werden, welche Art Leistung tatsächlich vorliegt.

Die von dem Rechtsanwalt in Deutschland ausgeführte sonstige Leistung ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und in Ermangelung einer Steuerbefreiung nach § 4 UStG auch steuerpflichtig. Da die sonstige Leistung von einem ausländischen Unternehmer i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG ausgeführt wird und der leistende Unternehmer ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer ist, wird I nach § 13b Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 UStG zum Steuerschuldner. In diesem Fall entsteht die Umsatzsteuer unabhängig von der Rechnungsausstellung immer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. I wird damit im Oktober 2018 zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung.

Die Umsatzsteuer entsteht i. H. v. 19 %[12] auf den vereinbarten Pauschalbetrag von 1.500 EUR, somit i. H. v. 285 EUR.

Auch für diese Leistung ist I zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG berechtigt. Der Vorsteuerabzug ist aber nur i. H. v. 45 % (= 128,25 EUR) möglich.[13]

I muss die nach § 13b Abs. 1 und Abs. 2 UStG geschuldete Umsatzsteuer im Oktober getrennt anmelden. Insgesamt ergeben sich für I damit im Oktober die fol...

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