Überraschungen im Überschuldungsstatus erfährt der GmbH-Geschäftsführer in der Praxis vor allem bei der Bewertung der Vorräte:

  • Die Rohstoffe, Betriebs- und Hilfsstoffe sind in der Handelsbilanz mit den Anschaffungskosten zzgl. der Beschaffungskosten aktiviert. Im Falle einer Liquidation müssen die erzielbaren Verkaufswerte angesetzt werden. Diese liegen meist weit unter den Kosten, die für den Kauf entstanden sind. Entsorgungskosten können im Einzelfall sogar zu negativen Werten führen.

     
    Praxis-Tipp

    Werte der Lagerbestände monatlich ermitteln

    Die Aufgabe der Neubewertung von Rohstoffen ist bei umfangreichen Lagerbeständen unterschiedlichster Stoffe eine anspruchsvolle Aufgabe. Hier muss die qualitative Schätzung des Einkäufers verwendet werden. Es empfiehlt sich, die Werte monatlich zu ermitteln und zu pflegen, wenn der Überschuldungsstatus regelmäßig erstellt werden muss.

  • Für unfertige Erzeugnisse wird der Preis im Fall der Liquidation angesetzt, der bei der Veräußerung dieser Gegenstände in ihrem jetzigen Zustand zu erzielen ist. Oft handelt es sich um sehr individuelle Bauteile, deren Wert für Dritte sehr gering ist.
  • Fertige Erzeugnisse und verkaufsfähige Waren werden sowohl im Liquidationsfall als auch im Fortführungsfall mit dem zu erwartenden Veräußerungswert in die Bilanz übernommen. Dabei wird für das gleiche Produkt der Liquidationswert in der Regel niedriger sein als der Fortführungswert.

Die Forderungen in der Handelsbilanz sind auf Werthaltigkeit zu prüfen, bevor sie in den Überschuldungsstatus übernommen werden. Dazu prüft der Geschäftsführer die einzelnen Forderungen aus der Buchhaltung und verringert den Wert um die zu erwartenden Kürzungen. Im Bereich der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gehören dazu die Skonti und Boni sowie andere Rabatte und übliche Kürzungen. Im Falle der Liquidation der GmbH wird es zu weiteren Zahlungskürzungen der Kunden kommen, da diese den Wegfall der Gewährleistung bezahlt haben wollen.

 
Praxis-Tipp

Nutzen Sie Inkasso-Unternehmen

Sobald die Kunden erfahren, dass die Gesellschaft liquidiert werden soll, werden sie mit der Begründung, es fehle an der Gewährleistung, die Rechnungen nicht oder nur eingeschränkt bezahlen. Sie können dieser Diskussion entgehen, wenn Sie die kritischen offenen Forderungen an ein Inkasso-Unternehmen verkaufen. Sie erhalten zwar nur einen Bruchteil des Wertes aus der Handelsbilanz, diesen aber sicher. Sie können danach die Gesellschaft liquidieren, ohne langwierige Prozesse führen zu müssen. In den Überschuldungsstatus geht nur der Wert ein, den Sie vom Inkasso-Unternehmen erhalten.

Die in der Handelsbilanz ausgewiesenen Finanzmittel in Form von Kassenguthaben und Bankguthaben gehen zum Nominalwert in die Prüfung der Überschuldung ein. Hier sind keine Abschläge zu machen.

Problematischer ist die Bewertung der aktiven Rechnungsabgrenzungsposten aus der Handelsbilanz der GmbH. Diese stellen grundsätzlich einen Anspruch der Gesellschaft gegen Dritte dar. Im Liquidationsfall muss der Wert angesetzt werden, der durch eine Rückzahlung erzielt werden kann oder den ein Dritter für dieses Recht bezahlen würde. Voraussetzung dabei ist die Übertragbarkeit der Ansprüche auf Dritte.

 
Praxis-Beispiel

Vorauszahlung für den Handelsvertreter geht bei Liquidation verloren

In der Software-GmbH gibt es einen Vertrag mit einem Handelsvertreter, der die Produkte der Gesellschaft verkauft. Dieser erhält zum Jahresbeginn jeweils eine Vorauszahlung auf seine geplante Provision in Höhe von 10 % der Jahresprovision. Laut Vertrag ist diese nicht rückzahlbar. Geht die Software-GmbH in die Liquidation, ist der anteilig verbleibende und in der Handelsbilanz als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesene Betrag verloren.

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