Bei einer Vorabausschüttung handelt es sich um eine Gewinnausschüttung, die beschlossen wird, bevor der Jahresabschluss bzw. das Jahresergebnis festgestellt wird. Sie kann

  • im laufenden Kalender- oder Wirtschaftsjahr oder
  • nach Ablauf des Wirtschafts- bzw. Kalenderjahres, aber vor Feststellung des Jahresabschlusses

vorgenommen werden.

Auch wenn das GmbHG Vorabausschüttungen nicht regelt, sind sie grundsätzlich zulässig.[1] Vorabausschüttungen stellen einen Vorschuss auf den erwarteten Gewinn dar.

 
Achtung

Zeitpunkt des Beschlusses beeinflusst Einkommenssteuer

Ausschüttungen einer zahlungsfähigen GmbH fließen dem Gesellschafter steuerlich in der Regel im Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses nach § 11 EStG zu. Das gilt auch für Vorabausschüttungen, die auch im Zeitpunkt des Vorabausschüttungsbeschlusses als zugeflossen gelten. Bei geschickter Gestaltung lassen sich dadurch ggf., wenn der Gesellschafter eine natürliche Person ist, Vorteile bei der einkommensteuerlichen Progression erreichen; ebenso ist es aber auch möglich, dass die Verlagerung des Zeitpunkts nachteilig ist.

 
Praxis-Beispiel

Verrechnung mit Verlusten

Die X-GmbH hat im Wirtschaftsjahr 2015, das dem Kalenderjahr entspricht, bis November 2015 sehr hohe Gewinne erzielt und beschließt deshalb am 2.11.2025 eine Vorabausschüttung von jeweils 50.000 EUR an die beiden Gesellschafter X und Y. X unterwirft die Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der GmbH der Regelbesteuerung. X hat sich 2015 außerdem mit einem Einzelunternehmen selbstständig gemacht, aus dem er im Gründungsjahr aufgrund der hohen Investitionen Verluste von 40.000 EUR erzielt. Diese Verluste kann er mit der Vorabausschüttung verrechnen, so dass seine Einkünfte 10.000 EUR betragen; aufgrund von Sonderausgaben erzielt er ein zu versteuerndes Einkommen von 8.000 EUR; Einkommensteuer muss er keine zahlen. Im Kalenderjahr 2016 erwartet er aus seiner selbstständigen Tätigkeit einen Gewinn von 40.000 EUR. Würde die Gewinnausschüttung erst 2016 beschlossen, würde er Einkünfte i. H. v. 90.000 EUR erzielen und würde damit dem Spitzensteuersatz unterliegen.

Das Beispiel zeigt, dass Vorabausschüttungen genutzt werden können, um steuerliche Belastungen auf der Ebene der Einkommensbesteuerung zu optimieren. Allerdings besteht die Schwierigkeit, dass die einkommensteuerlichen Belastungen nicht zwingend bei allen Gesellschaftern parallel verlaufen.

Der BFH hat entschieden, dass eine Vorabausschüttung einer zahlungsfähigen GmbH an einen beherrschenden Gesellschafter auch dann im Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses als zugeflossen gilt, wenn eine spätere Fälligkeit des Ausschüttungsbetrages beschlossen wird.[2] Die Entscheidung zeigt, dass sich mit Hilfe einer Fälligkeitsregelung die Verschiebung des Zuflusses in ein anderes Kalenderjahr grundsätzlich nicht erreichen lässt. Nicht ausgeschlossen ist es, dass die Vorabausschüttung eines Gesellschafters getrennt von dem Beschluss über eine Vorabausschüttung zugunsten eines anderen Gesellschafters beschlossen wird, um so für jeden Gesellschafter den Ausschüttungszeitpunkt zu optimieren. Da es sich um Vorabausschüttungen handelt, sind die Risiken für den später begünstigten Gesellschafter gering.

Merke: Maßgebend ist bei beherrschenden Gesellschaftern einer zahlungsfähigen GmbH der Zeitpunkt, zu dem der Verwendungsbeschluss getroffen wird, selbst wenn die Fälligkeit erst später eintreten soll.

Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Vorabausschüttung:

  1. Nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH darf eine Vorabausschüttung nicht verboten sein.
  2. Es liegt ein wirksamer Gesellschafterbeschluss über die Vorabausschüttung vor. Vorsicht: Fehlt es an einem ordnungsgemäßen Gesellschafterbeschluss, kann das Finanzamt statt einer offenen Vorabausschüttung eine verdeckte Gewinnausschüttung annehmen.
 
Achtung

Auf klare Regelung achten

In der Praxis ist oftmals unklar, ob es sich bei einer Auszahlung tatsächlich um eine Vorabausschüttung handelt. Deshalb sollten entsprechende Gesellschafterbeschlüsse klar und eindeutig gefasst und dokumentiert werden, so dass es für die Finanzämter zweifelsfrei nachvollziehbar ist. Ist die getroffene Regelung im Gesellschaftsbeschluss unklar formuliert, kann dies zu langwierigen, ärgerlichen und teuren Auseinandersetzungen darüber führen, was tatsächlich gewollt war.

Bei Vorabausschüttungen muss das zu erwartende Ergebnis sehr sorgfältig geprüft werden, da es sich um einen Vorschuss auf den endgültigen Gewinnanspruch handelt. Die Vorlage einer Zwischenbilanz ist nicht zwingend erforderlich; es sollten aber geeignete Unterlagen vorliegen, die den zu erwartenden Gewinn ausreichend belegen. Wird eine Vorabausschüttung beschlossen, obwohl ein entsprechender Gewinn nicht zu erwarten ist, kann dies ggf. auch Schadensersatzansprüche auslösen, etwa, wenn die GmbH später in Insolvenz gerät.

Ist der tatsächlich erzielte Gewinn niedriger als der durch Vorabausschüttung bereits ausgezahlte Gewinn, kann ein Rückforderungsanspruch bestehen, falls die Vorabausschüttung geg...

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