2.3.9.1 Aufzeichnungspflichten

 

Rz. 104

Verletzt der Steuerpflichtige seine Aufzeichnungspflichten, ist das Finanzamt dem Grunde nach zur Schätzung nach § 162 Abs. 1,2 AO berechtigt.[1]

 

Rz. 105

§ 4 Abs. 3 EStG begründet selbst keine generelle und umfassende eigenständige Aufzeichnungspflicht für Einnahmenüberschussrechner.[2] Diese Vorschrift schreibt lediglich vor, dass der Gewinn durch den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu ermitteln ist. Jedoch finden sich punktuell – in der Summe gesehen – zahlreiche Aufzeichnungspflichten, die der Einnahmenüberschussrechner zu beachten hat.

 

Rz. 106

Aufzeichnungen sind nach § 145 Abs. 2 AO so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird. Die erforderlichen Aufzeichnungen sind daher einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen.[3]

 

Rz. 107

Die Aufzeichnungen sind in einer lebenden Sprache vorzunehmen; wird eine andere als die deutsche Sprache verwendet, so kann die Finanzbehörde Übersetzungen verlangen.[4] Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muss gemäß § 146 Abs. 3 Satz 3 AO im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen.

 

Rz. 108

Die erforderlichen Aufzeichnungen können gemäß § 146 Abs. 5 AO auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden. Bei Führung von Aufzeichnungen auf Datenträgern muss insbesondere sichergestellt sein, dass die Daten während der Dauer der Aufbewahrungspflicht verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Das Recht, nach § 146 Abs. 5 Satz 1 AO eine bestimmte Form der Aufzeichnung und der Aufbewahrung zu wählen, ist ausgeübt, wenn sich der Steuerpflichtige entschieden hat, Aufzeichnungen sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form zu führen und wenn er die notwendigen Unterlagen ebenfalls in beiden Formen aufbewahrt. In diesem Fall erstreckt sich die Pflicht zur Aufbewahrung nach § 147 Abs. 1 AO auf sämtliche Aufzeichnungen und Unterlagen.

 

Rz. 109

Die Ordnungsvorschriften gelten nach § 146 Abs. 6 AO auch dann, wenn der Steuerpflichtige Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, führt, ohne hierzu verpflichtet zu sein. Aufzeichnungen sind dann nicht für die Besteuerung von Bedeutung, wenn sie der Besteuerung nicht zugrunde zu legen sind.[5]

 

Rz. 110

Aufzeichnungspflichten nach dem Einkommensteuergesetz

  • Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 5 EStG sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, Anteile an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere sowie vergleichbare, nicht verbriefte Forderungen und Rechte, Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen. Hierin müssen diese mit ihrem Anschaffungs- oder Herstellungsdatum sowie ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgelistet werden. Die Aufzeichnungen müssen nicht zwingend zeitnah vorgenommen werden.[6]
  • Gemäß § 4 Abs. 4a Satz 6 2. Halbsatz EStG sind über Entnahmen und Einlagen zwecks richtiger Berechnung der als Betriebsausgaben abzugsfähigen Schuldzinsen gesonderte Aufzeichnungen zu führen. Die Aufzeichnungen haben unabhängig von der Abzugsfähigkeit zu erfolgen.
  • Gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 EStG sind nicht bzw. nur teilweise abzugsfähige Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1–4 EStG, §§ 6b und 7 EStG) gesondert aufzuzeichnen. Ein Verstoß hat zur Folge, dass die nicht besonders aufgezeichneten Aufwendungen, sofern sie in den Grenzen des § 4 Abs. 7 Satz 2 EStG abzugsfähig wären, nicht abgezogen werden können.[7]
  • Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 4 EStG sind alle geringwertigen Wirtschaftsgüter, deren Wert 250 EUR übersteigt, mit dem Tag ihrer Zuführung zum Betriebsvermögen sowie ihrem Zuführungswert in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufzunehmen. Sind diese Daten bereits aus der Buchführung ersichtlich, entfällt die Verpflichtung zur Führung des Verzeichnisses.[8] Ob ein Verstoß gegen diese Aufzeichnungspflicht zur Folge hat, dass diese Regelung keine Anwendung findet und die Aufwendungen nur im Rahmen der AfA abzugsfähig sind, ist strittig.[9]
  • Gemäß § 6c Abs. 2 EStG ist bei der Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter ein Verzeichnis zu führen. Ein Verstoß gegen diese Aufzeichnungspflicht hat zur Folge, dass § 6c EStG keine Anwendung findet.
  • Gemäß § 7a Abs. 8 EStG sind Wirtschaftsgüter, für die erhöhte AfA oder Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden, in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufzunehmen. Ein Verstoß gegen diese Aufzeichnungspflicht hat zur Folge, dass eine erhöhte AfA oder eine Sonderabschreibung nicht in Anspruch genommen werden kann.
  • Gemäß § 41 Abs. 1 Sätze 1, 2 EStG ist für jeden Arbeitnehmer und jedes Kalenderjahr ein Lohnkonto mit Angabe festgelegter Lohnsteuerabzugsmerkmale zu führen. Für Arbeitnehmer mit geringem Arbeitslohn und für Fälle der §§ 4040b EStG können Aufzeichnungserleichterungen sowie für steuerfreie Bezüge Aufzeichnungen außerhalb des Lohnkontos zugelassen werden.[10]

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