Leitsatz

Die ursprünglichen Anschaffungskosten eines nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters für den Erwerb der Gesellschaftsanteile einer GmbH mindern, nachdem die GmbH formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt worden ist, nicht den Gewinn aus einer späteren Veräußerung des Mitunternehmeranteils.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 5, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Sätze 1 und 2, § 17 Abs. 1 EStG, § 207 UmwG, § 3, § 4 Abs. 4 und 6, § 5 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3, § 7, § 13 Abs. 2 Satz 3, § 14 UmwStG 1995, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die Kläger hatten im Jahr 1998 jeweils 3 % der Anteile an einer GmbH im Nennwert von jeweils 3.000 DM für jeweils 100.000 DM erworben. Später wurde die GmbH in eine KG umgewandelt. Die Kläger wurden dadurch zu Kommanditisten mit einer dem Nennwert der vormaligen GmbH-Anteile entsprechenden Hafteinlage. In ihrer Schlussbilanz hatte die GmbH die übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert angesetzt.

Im Jahr 2004 veräußerten die Kläger ihre Beteiligungen für Kaufpreise von 25.000 EUR bzw. 51.129 EUR. Das FA ermittelte den Veräußerungsgewinn, indem es die allein aus den Hafteinlagen bestehenden Kapitalkonten vom Veräußerungspreis abzog. Den Abzug der seinerzeitigen Anschaffungskosten der GmbH-Anteile lehnte das FA ab. Das FG bestätigte diese Handhabung (Niedersächsisches FG, Urteil vom 5.6.2008, 10 K 426/05, Haufe-Index 2255841).

 

Entscheidung

Die Revision hatte keinen Erfolg. Auch der BFH kam zu dem Ergebnis, dass die historischen Anschaffungskosten der GmbH-Anteile nicht zu berücksichtigen seien.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung betrifft nur solche Gesellschafter, die im Zeitpunkt der Umwandlung an der umgewandelten Kapitalgesellschaft eine nicht wesentliche Beteiligung im Sinne von § 17 EStG halten. Die Umwandlung wird in Bezug auf einen nicht wesentlich Beteiligten wie eine privilegierte Liquidation behandelt, bei der die stillen Reserven nicht aufgedeckt werden, wenn die Gesellschaft das Wahlrecht zur Buchwertfortführung in ihrer Schlussbilanz ausübt. Dies hat zur Folge, dass die bei Anschaffung der Kapitalbeteiligung vergüteten stillen Reserven ebenso unberücksichtigt bleiben wie die in der Kapitalgesellschaft seit Erwerb der Beteiligung entstandenen stillen Reserven.

2. In der Personengesellschaft setzen sich die Anschaffungskosten der vormaligen Kapitalbeteiligung nicht fort. In das Kapitalkonto geht nur die Nominalbeteiligung über, wenn die Umwandlung auf Basis der Buchwerte stattfindet. Die in der wissenschaftlichen Literatur vielfach geforderte Erfassung der Differenz zwischen Anschaffungskosten und Nominalbeteiligung in einer Ergänzungsbilanz hält der BFH nicht für möglich. In Ergänzungsbilanzen werden nach seiner Auffassung nur höhere Anschaffungskosten eines Gesellschafters in Bezug auf das Gesamthandsvermögen erfasst. Das Gesetz betrachte die Umwandlung jedoch ausdrücklich nicht als Anschaffung, sodass dem Gesellschafter im Zusammenhang mit der Umwandlung keine Anschaffungskosten entstehen.

3. Die Nichtberücksichtigung der vormaligen Anschaffungskosten für die Kapitalbeteiligung, soweit sie über den Nominalwert hinausgehen, erscheint als ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip. Der Gesellschafter versteuert aus seiner Perspektive einen von ihm im Ergebnis nicht erzielten Gewinn.

Der BFH hält dieses vom Gesetzgeber bewusst herbeigeführte Ergebnis gleichwohl für verfassungsgemäß. Einerseits kann sich der Gesetzgeber für die unterschiedliche Behandlung von wesentlich und nicht wesentlich Beteiligten auf einen sachlichen Grund berufen. Andererseits ist das steuerliche Ergebnis eine Folge der Ausübung des als Begünstigung gedachten Wahlrechts zur Buchwertfortführung.

4. Der Gesellschafter, dem aus der Buchwertfortführung nachteilige Folgen drohen, kann sich der Umwandlung nach § 207 UmwG widersetzen und scheidet dann gegen angemessene Kapitalabfindung aus. Alternativ kann er seine Anteile auch "freihändig" veräußern. Wenn er anschließend Anteile an der aus der Umwandlung hervorgegangenen Personengesellschaft erwirbt, entstehen ihm Anschaffungskosten, die in einer Ergänzungsbilanz ausgewiesen werden, soweit sie über den Nominalbetrag der Beteiligung hinausgehen. Ein Gestaltungsmissbrauch wäre in einem solchen Vorgehen nicht zu sehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.7.2012 – IV R 39/09

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge