Leitsatz

1. Die Hinzurechnung von Aufwendungen eines ­Anbieters von Ferienimmobilien für die vorübergehende Überlassung der Ferienobjekte nach § 8 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes setzt voraus, dass das Vertragsverhältnis zwischen dem Anbieter und dem Eigentümer des Objekts seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Mietverhältnis ist.

2. Ob das Vertragsverhältnis zwischen dem Ferienimmobilienanbieter und dem Objekteigentümer einen Mietvertrag oder einen Vermittlungsvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter darstellt, hängt vom Inhalt und der Durchführung des geschlossenen Vertrags ab. Für die Einordnung als Mietvertragsverhältnis spricht insbesondere, dass der Anbieter die Objekte im eigenen Namen vermarktet und vom Eigentümer keine Vermittlungsprovision erhält, sondern diesem ein Entgelt für die Gebrauchsüberlassung zahlt.

3. Eine Zuordnung der im fiktiven Eigentum des Ferienimmobilienanbieters stehenden Objekte zu dessen Anlagevermögen kommt insbesondere dann in Betracht, wenn er die Objekte langfristig anmietet und nach seinem Geschäftsmodell bestrebt ist, einen weitgehend unveränderten Bestand an Objekten zu erhalten und den Reisekunden anzubieten.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 1 Buchst. e, § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, § 535, § 675 Abs. 1 BGB, § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b, § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Verwaltungs- und Beteiligungs-Gesellschaft mbH, die im Streitjahr 2010 zu 100 % an der Firma X beteiligt war. Sie war zugleich Organträgerin der X. Die X bot über Kataloge, Internet und Reisebüros Ferienimmobilien im In- und Ausland zur Anmietung für Reisekunden an. Zu diesem Zweck schloss X mit den Eigentümern der Ferienimmobilien Verträge ab, die sich – vorbehaltlich einer vorherigen Kündigung – jeweils um ein Jahr verlängerten. Die Eigentümer erhielten das mit X vereinbarte Entgelt nur für die Zeiträume der erfolgreichen Vermietung an Reisende. Mit den Reisenden schloss X im eigenen Namen und für eigene Rechnung Ferienimmobilienverträge zu einem Gesamtpreis ab, in welchem der an den jeweiligen Eigentümer der Immobile zu zahlende Preis und ein Aufschlag (Marge) für X enthalten waren. Das FA kam nach einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass es sich bei den von der X an die Eigentümer gezahlten Entgelten um Mieten handele, die nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG bei der Klägerin als Organträgerin hinzuzurechnen seien. Das FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.9.2020, 3 K 2762/19, Haufe-Index 14446851, EFG 2021, 559) wies die dagegen gerichtete Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH wies auch die Revision der Klägerin zurück. Soweit die Klägerin das Bestehen eines Organschaftsverhältnisses und der Voraussetzungen für eine Hinzurechnung auf der Ebene der Organträgerin mit Verfahrensrügen angegriffen habe, seien bereits die Begründungserfordernisse nicht erfüllt. In materieller Hinsicht sei das FG zu Recht vom Vorliegen von Mietverhältnissen zwischen der X und den Ferienimmobilieneigentümern ausgegangen. Es handele sich insbesondere nicht um bloße Geschäftsbesorgungsverträge, da die X eine Vielzahl von Ferienimmobilien über unterschiedliche Kanäle angeboten habe und dabei im eigenen Namen aufgetreten sei. Überdies habe sie keine Vermittlungsprovisionen von den Eigentümern erhalten, sondern diesen Entgelte für die Gebrauchsüberlassung bezahlt. Unerheblich sei, dass die X nicht selbst unmittelbaren Besitz an den Ferienimmobilien erlangt habe, da sich die Gebrauchsüberlassung in der Berechtigung zur Weiterüberlassung an die Reisenden erschöpft habe. Auch die Abhängigkeit des an die Immobilieneigentümer zu zahlenden Entgelts von der erfolgreichen Weiterüberlassung an die Reisenden stehe der ­Annahme eines Mietverhältnisses nicht entgegen. Auch habe das FG zu Recht eine Zuordnung der Ferienimmobilien zum Anlagevermögen der X bejaht. Wegen der Voraussetzungslosigkeit der Eigentumsfiktion komme es nicht darauf an, ob ein Eigentumserwerb für die X finanzierbar und rentabel gewesen wäre. Zudem sei die X nach ihrem Geschäftszweck und den betrieblichen Verhältnissen auf das dauerhafte Vorhandensein eines im Wesentlichen gleichbleibenden Bestands an Ferienimmobilien angewiesen gewesen und habe die Objekte nicht nur kurzfristig und vorübergehend im Zusammenhang mit einem von ihr angeboten Pauschalreisepaket angemietet.

 

Hinweis

1. Die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG) setzt u.a. voraus, dass das den Entgelten zugrunde liegende Vertragsverhältnis seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis i.S.d. bürgerlichen Rechts darstellt. Danach sind drei Fallgruppen zu unterscheiden.

Ist der Vertrag seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Mietvertrag, wird er als solcher auch dann eingestuft, wenn er untergeordnete Nebenleistungen enthält, die dem Vertragstyp "Miete" nicht entsprechen. Die Entgelte unterfallen in volle...

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