Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzurechnung von Aufwendungen für die Überlassung von Ferienimmobilien zur Weiterüberlassung an Urlauber

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden. Im Streitfall war dies für die Ferienimmobilien, die der Klägerin von den Eigentümern überlassen wurden und die sie dazu benutzte, sie für im Vorhinein mit den Eigentümern festgelegte Saisonzeiten in Katalogen, über Reisebüros und in einem Internetauftritt anzubieten und sodann an Urlauber weiter zu überlassen, zu bejahen.

2. Bei der Anwendung des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG ist das Eigentum des Mieters oder Pächters voraussetzungslos zu fingieren. Daher kommt es nicht darauf an, ob sich der Erwerb und das Halten der Immobilien als rentabel erweisen würden.

3. Eine „Benutzung” der gemieteten oder gepachteten unbeweglichen Wirtschaftsgüter liegt auch dann vor, wenn diese Wirtschaftsgüter zur Erzielung von Einkünften an eine andere Person vermietet werden (Zwischenvermietung).

4. Hauptleistungspflicht eines Vermieters ist die Pflicht zur Gebrauchsgewährung. Dabei ist der Mietzweck im Rahmen der Privatautonomie grundsätzlich frei vereinbar. Deshalb entfällt die im Regelfall notwendige Übergabe der Sache, wenn nach dem konkreten Vertrag zum vertragsgemäßen Gebrauch eine Besitzverschaffung nicht erforderlich ist.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. e; HGB § 247 Abs. 2; BGB § 535

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.08.2023; Aktenzeichen III R 59/20)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Hinzurechnung von Aufwendungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetztes (GewStG) in der im Streitjahr 2010 geltenden Fassung, die der Firma A, einer Organgesellschaft der Klägerin, für die Überlassung von Ferienimmobilien zur Weiterüberlassung an Urlauber entstanden sind.

Die Klägerin, eine Verwaltungs- und Beteiligungs-Gesellschaft mbH, ist die Organträgerin der A; als solcher wird ihr das Ergebnis der Organgesellschaft steuerlich zugerechnet. Einziger Gesellschafter und Geschäftsführer ist U. Dieser war im Streitjahr auch alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der A.

Nach ihrem Geschäftsmodell im Streitjahr bot A im In- und (überwiegend europäischen) Ausland ca. 26.000 Ferienimmobilien über Kataloge, eine Internet Plattform und über Vermittler wie Reisebüros an. Zu diesem Zweck schloss A Verträge mit den Eigentümern der jeweiligen Immobilen ab, in welchen im Wesentlichen das Ferienobjekt/die Ferienobjekte, die Saisonzeiten, in denen das Objekt angeboten werden sollte, das an den Eigentümer pro Haus/Wohnung und Tag oder Woche zu zahlende Entgelt, der Zahlungstermin (zum Monatsende), die an den Eigentümer zu zahlende Entschädigung für Annullationen von Buchungen und die Voraussetzungen, unter denen der Besitzer eine Eigenbelegung vornehmen durfte, geregelt waren. Soweit die Verträge nicht Ferienanlagen betrafen, vereinbarten die Parteien für den vereinbarten Zeitraum Buchungsexklusivität. Die Verträge enthielten ebenfalls Angaben zur Höhe der vor Ort zu zahlenden Kaution und dazu, ob Bettwäsche, Handtücher und eine Endreinigung gebucht werden konnten. In den Bestandteil des jeweiligen Vertrags bildenden „Allgemeinen Bedingungen” waren u.a. die Zahlung der Kaution durch den Kunden bei Ankunft (Buchst. C), die Abrechnung der Kosten von vom Kunden verursachte Schäden mit dem Vermieter vor Ort (Buchst. E), die Weiterleitung von Kundenbeschwerden an den Vermieter mit Abhilfeverpflichtung (Buchst. D), die Verlängerung des Vertrags jeweils um ein Jahr, wenn er nicht bis zum 30. April eines Jahres gekündigt wurde (Buchst. F), die Eigenverfügung des Vermieters über das Objekt mit Zustimmung von A und gegen Entschädigung (Buchst. H) und die Vermarktung des Objekts im Katalog und im Internet ohne zusätzliche Kosten für den Eigentümer (Buchst. I) geregelt. Der Eigentümer des Ferienobjekts erhielt das mit A vereinbarte Entgelt nur im Falle der erfolgreichen Weiterüberlassung an Kunden. Die Einrichtung, Ausstattung und Reinigung des Ferienobjekts, ggf. Reparaturen sowie die Schlüsselübergabe, die Entgegennahme der vereinbarten Kaution sowie ggf. die Abrechnung von Nebenkosten verblieben nach den geschilderten und im Wesentlichen gleichlautenden Vereinbarungen im Verantwortungsbereich des Eigentümers vor Ort (vgl. beispielhaft: Vertrag zwischen A und B für die Saison 2010 im Original und in Übersetzung, Gerichtsakte des A betreffenden Klageverfahrens 3 K 2419/14, Bl. 276 ff., Bl. 270 ff; weitere Verträge zwischen A und Eigentümern der Ferienimmobilien finden sich in den Handakten des Prüfers, Band 3, Bl. 48 ff., 55 ff., 70 ff., 75 ff., 82 ff., 86 ff., und in der Gerichtsakte Bl. 38 ff.).

Über regionale Büros oder Betreuungseinrichtungen vor Ort verfügte A im Streitjahr nicht.

Mit seinen Kunden schloss A in eige...

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