OFD Magdeburg, Verfügung v. 6.3.2012, G 1400 - 16 - St 216 (§ 5 GewStG) Karte 1

 

1. Atypisch stille Gesellschaft als Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG

Eine stille Gesellschaft, bei der der Stille als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (atypisch stille Gesellschaft), kann Gewerbebetrieb nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG sein.

 

1.1. Unternehmen und Unternehmer

Der Gesetzgeber verwendet im Zusammenhang mit dem Gewebebetrieb die Begriffe „Unternehmen” und „Unternehmer”. Unbeschadet der Tatsache, dass der Begriff des „Unternehmers” ein personales Element enthält, bestimmen beide Begriffe den Steuergegenstand (sachliche GewSt-Pflicht); sie sind nach materiell rechtlichen Grundsätzen auszulegen.

 

1.1.1. Unternehmen

Unternehmen ist der einzelne selbständige Gewerbebetrieb. Die Tätigkeit einer Personengesellschaft bildet auch bei verschiedenen Tätigkeiten einen einheitlichen Gewerbebetrieb (vgl. R 2.4 Abs. 3 GewStR 2009).

Bei atypisch stillen Gesellschaften sind verschiedene Fallgestaltungen zu unterscheiden:

  1. Ein Gewerbebetrieb

    Besteht eine (zwei- oder mehrgliedrige) atypisch stille Beteiligung oder bestehen nebeneinander mehrere (zwei- oder mehrgliedrige) atypisch stille Beteiligungen am gesamtem Unternehmen des Rechtsträgers, liegt gewerbesteuerrechtlich ein einziger Gewerbebetrieb vor. Auch wenn der Unternehmensträger eine Kapitalgesellschaft, e.G. oder VaG ist (für sich gesehen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform i.S. des § 2 Abs. 2 GewStG), ist insoweit neben dem Gewerbebetrieb der atypisch stillen Gesellschaft kein weiterer Gewerbebetrieb anzunehmen.

  2. Mehrere Gewerbebetriebe

    Besteht eine (zwei- oder mehrgliedrige) atypisch stille Beteiligung oder bestehen nebeneinander mehrere (zwei- oder mehrgliedrige) atypisch stille Beteiligungen an einem oder mehreren besonderen Geschäftsbereich/-en des Unternehmens, liegen auch gewerbesteuerrechtlich mehrere getrennt zu beurteilende Gewerbebetriebe vor. Bei dieser Fallgruppe kann ggf. auch der (Rest-)Gewerbebetrieb des Unternehmensträgers noch gesondert einen Gewerbebetrieb bilden (vgl. R 2.4 Abs. 5 GewStR 2009).

 

1.1.2. Unternehmer

Unternehmer ist derjenige, dem der selbständige Gewerbebetrieb nach einkommensteuerlichen Grundsätzen zuzurechnen ist.

Dies sind bei dem gewerblichen Unternehmen einer Personengesellschaft deren Mitunternehmer. Für die atypisch stille Gesellschaft gilt nichts Anderes. Der BFH hat im Urteil vom 25.7.1995, VIII R 54/93 (BStBl 1995 II S. 794), für den Fall einer GmbH & atypisch Still entschieden, dass sachlich gewerbesteuerpflichtig nicht die GmbH ist, sondern die Mitunternehmer der stillen Gesellschaft sind, unbeschadet ihrer fehlenden dinglichen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen.

Der Begriff des Unternehmers darf nicht mit dem Begriff des Steuerschuldners in § 5 GewStG gleichgesetzt werden, auch wenn für die Steuerschuldnerschaft (persönliche GewSt-Pflicht) auf den Begriff des Unternehmers zurückgegriffen wird.

 

1.2. Beginn und Erlöschen der Steuerpflicht

Vorausgesetzt, der Unternehmensträger betreibt bereits einen Gewerbebetrieb, beginnt die sachliche Steuerpflicht der atypisch stillen Gesellschaft mit ihrer Errichtung. Nimmt das Unternehmen erst nach Errichtung der stillen Gesellschaft eine werbende Tätigkeit auf, beginnt die sachliche Steuerpflicht, wenn der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt ist. Die sachliche Steuerpflicht endet mit der Auflösung der stillen Gesellschaft; eine Abwicklung findet nicht statt.

 

2. Steuerschuldner (§ 5 GewStG)

Von der sachlichen Steuerpflicht der atypisch stillen Gesellschaft ist die persönliche Steuerpflicht zu unterscheiden.

§ 5 Abs. 1 GewStG behandelt die verfahrensrechtliche Frage, wer persönlich die GewSt schuldet (und beantwortet damit die weitere Frage, wer Beteiligter des Besteuerungsverfahrens für die GewSt ist.) Der reine Wortlaut der Vorschrift gibt zu Missverständnissen Anlass. Der Gesetzgeber hat hier (wie an anderen Stellen) offensichtlich keine Rechenschaft darüber abgelegt, dass Personengesellschaften nur dann Steuerschuldner sein können, wenn sie als BGB-Außengesellschaften mit Gesellschaftsvermögen strukturiert sind. § 5 Abs. 1 GewStG muss bei verständiger Auslegung wie folgt gelesen werden:

Steuerschuldner ist der Unternehmer. Als Unternehmer gilt grundsätzlich der, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird. Ist die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb und handelt es sich um Außengesellschaft mit Gesellschaftsvermögen, so ist Steuerschuldner die Gesellschaft.

Bei einer atypisch stillen Gesellschaft betreibt der Unternehmensträger (Inhaber des Handelsgeschäft) das Unternehmen auf Rechnung der Gesellschafter. Das Gesellschaftsverhältnis beschränkt sich auf die schuldrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter im Innenverhältnis; die Gesellschaft hat kein Gesellschaftsvermögen. Nach außen betreibt das Gewerbe nicht die stille Gesellschaft, sondern der Unternehmensträger persönlich auf eigene Rechnung; nur er wird mit seinem Geschäftsvermögen berechtigt und verpflichtet. Unbe...

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