Zusammenfassung

 
Begriff

Gesamtschuldner sind Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind. Dies bedeutet, dass jeder Gesamtschuldner dem Finanzamt grundsätzlich die gesamte Leistung schuldet, das Finanzamt die Leistung aber insgesamt nur einmal verlangen kann.

Hauptanwendungsfall in der Praxis ist die Gesamtschuldnerschaft von zur Einkommensteuer zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern. Im Falle einer notwendig werdenden Zwangsvollstreckung kann allerdings der "nicht betroffene" Ehegatte sich durch einen Antrag auf Aufteilung der Gesamtschuld der Vollstreckung entziehen. Im Folgenden werden die Grundsätze der Gesamtschuldnerschaft bei zusammenveranlagten Ehegatten sowie die Aufteilungsregelungen dargestellt.

Für Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelten die Regelungen entsprechend (§ 2 Abs. 8 EStG).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die gesetzlichen Grundlagen der Gesamtschuldnerschaft finden sich in § 44 AO. Das Aufteilungsverfahren ist in den umfangreichen Vorschriften der §§ 268ff. AO geregelt.

1 Bedeutung und Wirkung

Die Gesamtschuld besteht – ebenso wie im bürgerlichen Recht[1] – darin, dass jeder Gesamtschuldner nach § 44 Abs. 1 Satz 2 AO die ganze Leistung schuldet. Dem Finanzamt steht es dabei frei, die Leistung ganz oder auch nur zu einem Teil von dem einen oder anderen oder allen Schuldnern zu verlangen. Es hat nur darauf zu achten, dass die Leistung insgesamt nur einmal erfüllt wird.

Die Verpflichtung des einzelnen Schuldners zur gesamten Leistung besteht unabhängig von etwaigen Absprachen im Innenverhältnis.

 
Praxis-Beispiel

Innenverhältnis unbeachtlich

Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten M und F vereinbaren, dass M die Nachzahlung für das Jahr 02 übernimmt. M hält sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht daran. Das Finanzamt nimmt F in Anspruch. F kann sich gegenüber dem Finanzamt auf die Absprache mit M nicht berufen und muss zahlen. Die Zahlung könnte sie ggf. durch einen Antrag auf Aufteilung verhindern.[2] Verpasst sie dies und zahlt, kann sie ihren Ausgleichsanspruch gegenüber M nur im Zivilrechtsweg durchsetzen.

Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für den oder die übrigen Gesamtschuldner, und zwar auch im Fall der Aufrechnung gem. § 226 AO. Der Anspruch erlischt gem. § 47 AO mit der Leistung. Bis zur Entrichtung des gesamten Betrags bleiben alle Gesamtschuldner verpflichtet.

Im Gegensatz zur Erfüllung wirken gem. § 44 Abs. 2 Satz 3 AO andere Tatsachen, die einen Gesamtschuldner betreffen, nicht auch für die übrigen, sondern nur für und gegen denjenigen, in dessen Person sie eintreten. So kommt z. B. ein Erlass aus persönlichen Gründen, der gegenüber einem der Gesamtschuldner ausgesprochen wird, den anderen nicht zugute.

Im Besteuerungsverfahren darf das Finanzamt nach § 155 Abs. 3 AO gegenüber den Gesamtschuldnern zusammengefasste Steuerbescheide erlassen, sodass nicht jeder Gesamtschuldner einen eigenen Bescheid erhalten muss. Bei zusammenveranlagten Ehegatten ist dies in der Praxis der Regelfall, und zwar nach § 122 Abs. 7 AO in Form der Übermittlung einer Ausfertigung an die gemeinsame Anschrift.[3] Dabei handelt es sich formal um die Zusammenfassung zweier Bescheide zu einer – nur äußerlich gemeinsamen – Festsetzung

[2]

S. Abschnitt 2.

[3] AEAO zu § 122, Nr. 2.1 zur Bekanntgabe von Bescheiden an Ehegatten.

2 Aufteilung einer Gesamtschuld

2.1 Allgemeines

Zweck der Gesamtschuldaufteilung nach den Vorschriften der §§ 268ff. AO[1] ist es, den einzelnen zusammenveranlagten Ehegatten im Fall der Vollstreckung nicht schlechter zu stellen als einen Einzelschuldner. Jeder Ehegatte kann beantragen, dass die Vollstreckung wegen der geschuldeten Einkommensteuer jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach Maßgabe der §§ 269278 AO bei einer Aufteilung der Steuern ergibt. Die Aufteilung lässt die Höhe der festgesetzten Steuer und die Gesamtschuld als solche unberührt.[2] Sie wird lediglich zum Zweck der Vollstreckung in "Teilschulden" aufgespalten.[3] Diesbezüglich kann in das gesamte Vermögen des jeweiligen "Teilschuldners" vollstreckt werden.

Zur rückständigen Steuer gehören gem. § 276 Abs. 4 AO auch die steuerlichen Nebenleistungen, also Säumniszuschläge, Zinsen und Verspätungszuschläge. Ist die rückständige Einkommensteuer bereits erloschen, sind sie alleiniger Gegenstand der Aufteilung.[4]

Gegen den Mittäter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung kann ein Haftungsbescheid nach § 71 AO ergehen, wenn wegen Aufteilung der Steuerschuld nach §§ 268, 278 AO gegen diesen nicht als Steuerschuldner vollstreckt werden kann.[5]

[1] Eine umfangreiche Darstellung der Gesamtthematik mit anschaulichen Beispielen (auf dem Stand: 11.3.2019) findet sich in der AO-Kartei Bayern zu § 268, Karte 1.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge