Leitsatz

Genossenschaftsanteile an einem Elektrizitätswerk, die über Jahre hinweg als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt wurden, sind aufgrund ihrer Ertragsausschüttungen objektiv geeignet, wie Wertpapiere dem landwirtschaftlichen Betrieb zu dienen. Es ist nicht erforderlich, dass der Landwirt darüber hinaus Vorteile für seinen Betrieb beanspruchen kann oder dass die Anteile mit betrieblichen Mitteln erworben wurden. Ein Mietwohngrundstück ist demgegenüber sehr viel schwerer zu Geld zu machen, sodass die hierzu ergangene Rechtsprechung zur Behandlung als gewillkürtes Betriebsvermögen nicht auf Genossenschaftsanteile heranzuziehen ist.

 

Sachverhalt

Der Kläger übernahm von seinem Vater einen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem seit 10 Jahren Genossenschaftsanteile an einem städtischen Elektrizitätswerk bilanziert wurden, wobei die - unregelmäßigen - Einnahmen als betriebliche Einnahmen erfasst wurden. Der Genossenschaftsanteil betrug nominal 500 DM. Die Genossenschaftsanteile konnten mit einer Frist von einem Jahr zum Schluss eines Geschäftsjahres, schriftlich gekündigt werden, wobei der Kündigende einen Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben hatte. Über den Dividendenanspruch hinaus hatte der Kläger keinerlei Vorteile aus der Genossenschaftsmitgliedschaft. Die Genossenschaftsanteile konnten jedoch satzungsgemäß und ohne Zustimmung der Genossenschaft an Dritte übertragen werden. Im Jahr 2000 veräußerte der Kläger die Genossenschaftsanteile für 52.000 DM und beantragte im gleichen Jahr, dass die Genossenschaftsanteile als notwendiges Privatvermögen zu behandeln sind. Er stellte sich auf dem Standpunkt, dass insofern kein gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet werden könne und verlagerte die notwendige Bilanzkorrektur, die in den früheren Jahren wegen der Bestandskraft der Bescheide nicht mehr vorgenommen werden konnte, in das Jahr 2000. Das Finanzamt folgte dieser Ansicht nicht und stimmte der Bilanzänderung nicht zu.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht stellte zunächst fest, dass es sich bei den Anteilen nicht um notwendiges Betriebsvermögen handelt, wie es etwa bei Anteilen an landwirtschaftlichen Verwertungsgenossenschaften vermutet wird. Das Finanzgericht nahm aber an, dass der Kläger in zulässiger Weise gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet hat. Die Genossenschaftsanteile waren durch ihre - wenn auch unregelmäßigen - Gewinnausschüttungen objektiv geeignet, dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu fördern. Es stand auch nicht von vornherein fest, dass die Anteile ausschließlich Verluste produzieren würden. Da satzungsgemäß die Anteile ohne Zustimmung der Genossenschaft an Dritte übertragen werden konnten, sind die Anteile Wertpapieren gleichzustellen. Bei Wertpapieren hat der BFH für Freiberufler entschieden, dass sie als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden können, da sie jederzeit und kurzfristig verwertbar sind. In dem der Kläger in 10 hintereinander folgenden Bilanzen die Anteile als Aktiva in der Bilanz behandelt hat und die Ausschüttungen als betriebliche Einnahmen erfasst hat, hat der Kläger in eindeutiger Weise und nach außen hin erkennbar von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht. An diese Entscheidung ist er insbesondere dann gebunden, wenn er die werthaltigen Anteile zu einem dem Nennwert um ein Vielfaches übersteigenden Veräußerungswert überträgt. Es spielt dabei keine Rolle, dass die Anteile beim Erwerb nicht mit betrieblichen Mitteln finanziert wurden. Auch das Urteil des BFH vom 28.07.1994 (IV R 80/92, BFH/NV 1995 S. 288) ist im Streitfall nicht einschlägig: Ein Mietwohngrundstück eines Landwirts ist deshalb nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen zugänglich, da es nur schwer veräußerbar ist und deshalb nicht den - leicht zu Geld zu machenden - Wertpapieren gleichzustellen ist.

 

Hinweis

Das Urteil des Finanzgerichts mag zwar vom Ergebnis her richtig erscheinen, die Begründung überzeugt jedoch nicht. Zutreffend stellte das Finanzgericht zunächst darauf ab, dass es beim gewillkürten Betriebsvermögen darauf ankommt, ob der Steuerpflichtige das betreffende Wirtschaftsgut eindeutig und objektiv nach außen erkennbar als Betriebsvermögen behandelt hat. Dieser Punkt war im Streitfall klar, da über 10 Jahre lang die Genossenschaftsanteile bilanziert wurden. Der BFH hat bisher für Wertpapiere eines Freiberuflers entschieden, dass diese dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet werden können und hat es andererseits einem Landwirt versagt, ein Mietwohngrundstück seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zuzuordnen. Das Finanzgericht begründet seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass Genossenschaftsanteile mehr den Wertpapieren als ein Mietwohngrundstück ähneln. Es hat die Revision zur Fortbildung des Rechts konsequent zugelassen.

Die vom Gericht gegebene Begründung allein erscheint mir jedoch nicht ausreichend. Im vorliegenden Fall waren die Genossenschaftsanteile nur aufgrund ihrer Werthaltigkeit leicht veräußerbar, nicht wegen der Erträge, die unregelmäßig anfielen und keine...

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