Leitsatz

1. Ein eingetragener Verein hat eine außersteuerliche Sphäre.

2. Vorrangig durch den ideellen (außersteuerlichen) Bereich eines Sportvereins (hier: Spielbetrieb) veranlasste Aufwendungen, die durch einen Gewerbebetrieb (hier: Werbung) mitveranlasst sind, können anteilig dem gewerblichen Bereich zuzuordnen sein (Änderung der Rechtsprechung). Die gewerbliche Mitveranlassung kann aber nur berücksichtigt werden, wenn objektivierbare zeitliche oder quantitative Kriterien für die Abgrenzung der Veranlassungszusammenhänge vorhanden sind. Sind die ideellen und gewerblichen Beweggründe untrennbar ineinander verwoben, ist nur der primäre Veranlassungszusammenhang zu berücksichtigen.

3. Das Gewinnpauschalierungswahlrecht für Werbeeinnahmen nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO gilt nicht für nicht steuerbegünstigte Körperschaften.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG; § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO; § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist ein eingetragener Sportverein mit einer Mannschaft, die in einer Liga spielt und der entsprechend erteilten Freistellungsbescheiden des FA wegen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG von der KSt und der GewSt befreit war. In seinen Steuererklärungen und den dazu gefertigten Gewinn­ermittlungen gab der Verein jeweils an, neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch gewerbliche Einkünfte erzielt zu haben, wobei er als Gewinn aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb "Werbung" nach § 64 Abs. 6 AO jeweils pauschal 15 % der erzielten Nettoeinnahmen zugrunde legte.

Nachdem im Rahmen einer Außenprüfung festgestellt worden war, dass der Verein bezüglich der Lohnzahlungen an die Ligaspieler keine LSt angemeldet und die aus verschiedenen geselligen Veranstaltungen erzielten Einnahmen nicht in voller Höhe erklärt hatte, versagte das FA ihm die Steuerbefreiung. Es erließ geänderte Festsetzungsbescheide, in denen es bei der Ermittlung der Jahresüberschüsse i.S.v. § 4 Abs. 3 EStG die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Vermietung und Verpachtung nicht mit den Verlusten aus dem ehemaligen Zweckbetrieb (Spielbetrieb und sonstige zur Verwirklichung des Vereinszwecks bestimmte sportliche Aktivitäten) verrechnete. Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 26.4.2012, 4 K 2789/11, Haufe-Index 3114416, EFG 2012, 1776).

 

Entscheidung

Der BFH folgte dem FA (und dem FG) zunächst in dem Ausgangspunkt, dass zwischen der ideellen und der gewerblichen Vereinssphäre zu unterscheiden sei. Er wich aber von seiner bisherigen Rechtsprechung ab und hielt eine Aufteilung der Aufwendungen und deren teilweise Zuordnung zu dem ideellen Sportbereich und dem gewerblichen Werbebereich für möglich. Im Einzelnen bedürfe es dafür aber weiterer Prüfung der Veranlassungszusammenhänge, weswegen die Sache an das FG zurückzuverweisen sei.

 

Hinweis

Die Beteiligten stritten um die Verrechnung von Verlusten bzw. Aufwendungen des ideellen Bereichs eines eingetragenen Vereins mit positiven Einkünften aus einem Gewerbebetrieb nach Aberkennung der Gemeinnützigkeit.

1. Das Urteil berührt die Schnittstelle zwischen dem ideellen Bereich des Vereins und des von ihm unterhaltenen und steuerpflichtigen Gewerbebetriebes. Bei der gewerblichen Aktivität ging es um Werbung; diese Einkünfte waren solche aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Bei den Ergebnissen aus dem (ehemals als gemeinnützig anerkannten) ideellen Bereich handelte es sich um solche aus dem Sport. Sie unterfielen keinem der einkommensteuerrechtlichen Einkunftstatbestände, vor allem nicht solchen aus Gewerbebetrieb, weil ein Verein – anders als eine Kapitalgesellschaft – über eine außerbetriebliche Sphäre verfügen kann.

2. Vor diesem Hintergrund richtet sich die Zuordnung der Aufwendungen aus dem jeweiligen Tätigkeitsbereich prinzipiell nach Maßgabe des Veranlassungszusammenhangs. Das entspricht der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH, Urteil vom 5.6.2003, I R 76/01, BStBl II 2005, 305, BFH/NV 2003, 1391, BFH/PR 2003, 431), und das hat zweierlei zur Folge: Zum einen, dass "ideell" veranlasster Aufwand in dem gewerblichen Bereich nicht ergebnisschmälernd in Erscheinung treten kann. Zum anderen, dass im Zweifel die ideelle Sphäre die Oberhand behält und der Aufwand dieser Sphäre zuzurechnen bleibt.

Das Schrifttum hat sich an dieser Rechtsprechung gerieben. Es sah darin vielfach eine Übermaßbesteuerung. Dem hat der BFH nun Rechnung getragen. Den "Einstieg" in den Rechtsprechungswandel erleichterte ihm dabei der Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009, GrS 1/06 (BStBl II 2010, 672, BFH/NV 2010, 285, BFH/PR 2010, 85) zum gemischten Aufwand, der für privat mitveranlasste Aufwendungen das frühere strikte Aufteilungsverbot (des § 12 Nr. 1 EStG) unterlaufen hat. Voraussetzung für eine Aufteilung ist danach, dass die Aufwendungen abwechselnd oder nebeneinander trennbar sowohl beruflich (betrieblich) oder privat veranlasst sind. Für solche Aufwendungen,...

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