Rz. 325

Der BFH[1] hat in den letzten Jahren mehrmals zur Abgrenzung von Anschaffungskosten, Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen, insbesondere bei der Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden, Entscheidungen getroffen und hierbei die zu beachtenden Grundsätze herausgestellt.

 

Rz. 326

Der BFH hatte zunächst mit Schreiben v. 16.12.1996[2] zur Anwendung der neuen Urteilsgrundsätze Stellung genommen. Im BMF-Schreiben v. 18.7.2003 ist erneut zu den Abgrenzungsfragen Stellung bezogen worden. Die Anwendungsregelung in diesem Schreiben[3] ersetzt das BMF-Schreiben v. 16.12.1996, welches hiermit aufgehoben wurde. Die Grundsätze des neuen BMF-Schreibens v. 18.7.2003 sind auf Antrag nicht anzuwenden, wenn mit Baumaßnahmen vor dem Tag der Veröffentlichung des Schreibens v. 18.7.2003 im Bundessteuerblatt begonnen wurde.[4]

Die in der Praxis häufig aufgetretenen Zweifelsfragen wurden durch eine Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen vom 14.3.2017 weitestgehend geklärt.[5]

  1. Sollen Aufwendungen, die zur Beseitigung der Funktionsuntüchtigkeit führen und für sich Anschaffungskosten sind, in die Prüfung der 15 %- Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG einbezogen werden?

    § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG schließt nur Aufwendungen für Erweiterungen i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten von den zu berücksichtigenden Herstellungskosten aus. Aufwendungen zur Beseitigung der Funktionsuntüchtigkeit oder zur Hebung des Standards sind hiervon nicht berührt und daher in die Prüfung der 15 %-Grenze einzubeziehen.[6]

  2. Sind Schönheitsreparaturen in die Berechnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG einzubeziehen?

    Zu den Aufwendungen i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind.[7] Hierzu gehören auch Kosten für sog. Schönheitsreparaturen wie das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper, der Innen- und Außentüren sowie der Fenster. An dem bisher geforderten engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang der Schönheitsreparaturen zu einer als einheitlich zu würdigenden Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes[8] hält der BFH nicht länger fest.

  3. Sind die jährlich üblicherweise anfallenden Erhaltungsarbeiten auch dann sofort abziehbar, wenn sie im Rahmen einheitlich zu würdigender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG anfallen?

    Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Gebäudes sind – unabhängig davon, ob sie auf jährlich üblicherweise anfallenden Erhaltungsarbeiten i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG beruhen – nicht als Erhaltungsaufwand sofort abziehbar, wenn sie im Rahmen einheitlich zu würdigender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG anfallen.[9]

  4. Bleiben auch im Fall des Unterschreitens der 15 %-Grenze die in die Prüfung einbezogenen Aufwendungen Anschaffungs- oder Herstellungskosten?

    Aufwendungen, die innerhalb des Dreijahreszeitraums getätigt werden und nach den Kriterien des o. a. BMF-Schreibens Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind, in ihrer Summe aber die 15 %-Grenze nicht überschreiten, sind (und bleiben) Anschaffungs- oder Herstellungskosten i. S. d. § 255 HGB.

  5. Wie ist eine Sanierung in Raten zur Hebung des Standards zu behandeln, die erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums zu Herstellungskosten i. S. der BFH-Rspr./des BMF-Schreibens führt?

    Auch wenn Aufwendungen für Baumaßnahmen erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG die 15 %-Grenze überschreiten, sind sie nach Rz. 31 des BMF-Schreibens steuerlich als Herstellungskosten i. S. v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu behandeln.

  6. Ist die 15 %-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf das Gebäude insgesamt oder aber auf die einzelnen Gebäudeteile i. S. d. R 4.2 Abs. 4 EStR zu beziehen?

    Bei der Prüfung, ob die Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG führen, ist bei einem aus mehreren Einheiten bestehenden Gebäude dann auf das Gebäude insgesamt abzustellen, wenn das Gesamtgebäude nicht in unterschiedlicherweise genutzt wird und somit nicht in verschiedene Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist.[10] Maßgeblich ist insoweit, ob zwischen den Gebäudeteilen ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang besteht.[11] Wird das Gebäude unterschiedlich genutzt (z. B. Wohnhaus mit drei vermieteten Wohnungen und einer selbstgenutzten Wohnung) ist auf den jeweilig selbstständigen Gebäudeteil abzustellen.[12] Das Gebäude ist dann in unterschiedliche Wirtschaftsgüter entsprechend der Nutzungs- und Funktionszusammenhänge aufzuteilen.[13] Werden die Wohnungen durch Einzelvertr...

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