Rz. 244

Grundsachverhalte

Wirtschaftliches Eigentum in der Form von Eigenbesitz i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist bei Bauten auf fremdem Grund und Boden nicht schon deshalb zu bejahen, weil die nicht am Unternehmen beteiligte Ehefrau mit dem Bauvorhaben des Unternehmerehegatten auf ihrem Grundstück einverstanden ist. Aus einem bloßen Einverständnis mit dem Bauvorhaben lässt sich nicht ableiten, dass der Besitzer den Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Gebäude ausschließen kann.[1]

Wer aufgrund einer gesicherten Rechtsposition bei grundsätzlicher Unkündbarkeit des Nutzungsvertrags ein Wirtschaftsgut bis zu dessen wirtschaftlichem Verbrauch nutzen kann, kann wirtschaftlicher Eigentümer sein. Eine Abspaltung des wirtschaftlichen Eigentums vom zivilrechtlichen setzt voraus, dass derjenige, der für sich das wirtschaftliche Eigentum in Anspruch nimmt, nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO die tatsächliche Herrschaft z. B. über ein Gebäude in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Einen wirtschaftlichen Ausschluss in diesem Sinne nimmt die Rechtsprechung an, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch besteht oder der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat.[2]

Auch in diesen Fällen hat der Nutzungsberechtigte des Grundstücks das Gebäude zu aktivieren und nach den AfA-Vorschriften für Gebäude mit 4 % bzw. 3 % (Bauantrag nach dem 31.3.1985), ggf. nach § 7 Abs. 5 EStG oder auf die tatsächlich kürzere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben.[3]

 

Rz. 245

Praxisrelevante Einzelfälle

Eine Mitunternehmerin, die auf einem Grundstück, das im hälftigen Miteigentum ihres Ehemannes steht, auf eigene Rechnung und Gefahr mit Einverständnis ihres Ehemannes für ihre betrieblichen Zwecke ein Gebäude errichtet, ist wirtschaftliche Eigentümerin der im zivilrechtlichen Eigentum des Ehemannes stehenden Gebäudehälfte, wenn ihr bei Beendigung der Nutzung ihrem Ehemann gegenüber ein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 951 BGB und § 812 BGB zusteht.

 

Rz. 246

Für ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, das dem Unternehmen des Errichtenden dient, ist auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Ehegatten über die Verpflichtung zum Wertausgleich das Gebäude dem Errichtenden als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen. Die Vereinbarung einer Entschädigungsleistung am Ende des Nutzungszeitraums ist entbehrlich, weil sich der Anspruch auf Wertausgleich unmittelbar aus dem Gesetz (§§ 812, 915 BGB) ergibt.[4]

 

Rz. 247

Eine vom Miteigentümer errichtete Wohnung kann diesem nur dann nach den Grundsätzen wirtschaftlichen Eigentums in vollem Umfang zugerechnet werden, wenn er in Erwartung des späteren Eigentums die Kosten für die gesamte Wohnung getragen hat und ihm für den Fall der Nutzungsbeendigung ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe des anteiligen Verkehrswertes des Gebäudes gegen den anderen Miteigentümer zusteht.[5]

 

Rz. 248

Aufwendungen für die Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes auf einem zivilrechtlich im (Mit-)Eigentum des Nichtunternehmer-Ehegatten stehenden Grundstücks können auch bei Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand leben, zur Annahme von wirtschaftlichem Eigentum des Mitunternehmer-Ehegatten führen.[6]

 

Rz. 249

Wirtschaftliches Eigentum an Einbauten in fremde Gebäude auf eigene Kosten setzt die Befugnis zur ausschließlichen Nutzung und einen Anspruch auf Wertersatz im Falle der Nutzungsbeendigung voraus. Wer im Zusammenhang mit der Errichtung einer Heizstation Heizkörper, Steigleitungen und Anbindungen an eine Heizstation in ein fremdes Gebäude einbaut, ist in der Regel schon mangels ausschließlicher Nutzungsbefugnis nicht deren wirtschaftlicher Eigentümer.[7]

 

Rz. 250

Buch- und bilanzmäßige Behandlung

Das im wirtschaftlichen Eigentum der Errichtenden stehende Gebäude ist vom Errichtenden als Wirtschaftsgut – und nicht wie in früherer Rechtsprechung als Nutzungsrecht, das wie ein Gebäude zu behandeln ist[8] – auszuweisen.[9]

Macht der zivilrechtliche Eigentümer seinen Herausgabeanspruch geltend, tritt an die Stelle des Gebäudes der Ausweis des Entschädigungsanspruchs in Höhe des Restverkehrswerts gegenüber dem Grundstückseigentümer.[10] Verzichtet der Gebäudeerrichtende am Ende des Nutzungszeitraums auf den Entschädigungsanspruch, gilt dieser als entnommen, wobei die Entnahme mit dem Restverkehrswert des Gebäudes anzusetzen ist, sodass der Unterschiedsbetrag zwischen dem Entnahmewert und dem Buchwert des Gebäudes als Gewinn realisiert wird.[11]

Erwirbt der Gebäudeerrichtende das Grundstück hinzu, so liegt darin kein Verzicht auf den Ersatzanspruch gem. §§ 951, 812 BGB, der zu einer erfolgswirksamen Entnahme führt, weil der Gebäudeerrichtende schon zuvor wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes war und durch den Grundstückserwerb lediglich noch das sachenrechtliche Eigentum am Gebäude erlangt.[12]

 

Rz. 251

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