3.1 Handelsrechtlich sind künftige Preis- und Kosten­steigerungen zu berücksichtigen

Rückstellungen sind handelsrechtlich in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen. Bei der Rückstellungsbewertung in der Handelsbilanz sind somit künftige Preis- und Kostensteigerungen zwingend zu berücksichtigen.[1]

Darüber hinaus sind langfristige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 7 Geschäftsjahre abzuzinsen.[2] Die anzuwendenden Abzinsungssätze werden von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich auf www.bundesbank.de bekannt gegeben. Erträge aus der Abzinsung[3] von Rückstellungen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert unter dem Posten "Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge", Aufwendungen gesondert unter dem Posten "Zinsen und ähnliche Aufwendungen" auszuweisen.[4]

Nicht erfasst von diesem Abzinsungsgebot sind kurzfristige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr. Bei ursprünglich langfristigen Rückstellungen, deren Laufzeit am Bilanzstichtag nur noch bis zu einem Jahr beträgt, wird in der Literatur teilweise ein Abzinsungswahlrecht abgeleitet.[5]

 
Hinweis

Ermittlung der Restlaufzeit und des Zinssatzes

Bei Ermittlung der Restlaufzeit ist auf den Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme abzustellen. Da die Restlaufzeit bei Garantierückstellungen in der Praxis nicht eindeutig bestimmbar ist, kann von der Gruppenbewertung nach § 240 Abs. 4 HGB Gebrauch gemacht werden. Es kann somit aus Vereinfachungsgründen auf eine durchschnittliche Restlaufzeit als Grundlage für die Bestimmung des Zinssatzes und des Abzinsungszeitraums abgestellt werden. Bei der Ermittlung des Barwerts der pauschalen Garantierückstellung werden dann ein einheitlicher Zinssatz und Abzinsungszeitraum angewendet.[6] Wird hingegen von der Gruppenbewertung kein Gebrauch gemacht, besteht aus Vereinfachungsgründen auch die Möglichkeit, die Gesamtperiode in einzelne Teilperioden aufzuteilen, die dann anhand der jeweiligen Restlaufzeit (unter Berücksichtigung einer typisierten Inanspruchnahme z. B. am Jahresende) und des restlaufzeitadäquaten Zinssatzes einzeln bewertet werden.

[5] Schubert in Beck Bil-Komm., 13. Aufl., § 253, Rz. 180.
[6] Schubert in Beck Bil-Komm., 13. Aufl., § 253, Rz. 180.

3.2 Steuerrechtlich zählen die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag

Bei der steuerlichen Bewertung von Rückstellungen sind die jeweiligen Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgeblich;[1] künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen somit im Gegensatz zum handelsrechtlichen Ansatz nicht berücksichtigt werden. Des Weiteren sieht das Steuerrecht für Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als 12 Monaten einen eigenen, unveränderlichen Abzinsungssatz in Höhe von 5,5 %[2] vor. Bei der Bewertung von Garantierückstellungen kommt es somit im Falle einer Abzinsung zwingend zu einer Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz.

 
Hinweis

Keine Abzinsung bei Pauschalrückstellung

Während bei Einzelrückstellungen die (Rest-) Laufzeit für Garantie- und Gewährleistungsansprüche nach den Umständen des Einzelfalls zu schätzen ist, findet nach Ansicht der Finanzverwaltung das Abzinsungsgebot bei Pauschalrückstellungen aus Vereinfachungsgründen keine Anwendung.[3]

3.3 Es gibt 3 Berechnungsmethoden

Die Garantierückstellung kann grundsätzlich nach 3 Methoden berechnet und gebildet werden.

3.3.1 Einzelrückstellung für jede Reklamation

Für die bis zum Tag der Bilanzaufstellung bekannt gewordenen Gewährleistungs- und Garantiefälle ist jeweils eine entsprechende Einzelrückstellung zu bilden.[1] In der Regel kann die Notwendigkeit einer Einzelrückstellung anhand bereits vorliegenden Kundenreklamationen oder bereits geltend gemachten Ansprüchen belegt werden. Bei der Berechnung der Rückstellung sind alle Aufwendungen zu berücksichtigen, die zur vollständigen Erfüllung der Gewährleistung oder Garantie erforderlich sind. Die Position "Garantierückstellung" setzt sich somit unter Umständen aus mehreren Einzelrückstellungen zusammen, z. B. aus der Gewährleistungsverpflichtung Abnehmer X, Garantie Abnehmer Y usw.

 
Hinweis

Vorsichtige Schätzung der Kosten

Steht die Höhe der Aufwendungen noch nicht exakt fest, müssen die Kosten vorsichtig geschätzt werden. Die der Schätzung zugrunde gelegten Annahmen sollten ausführlich dokumentiert werden, um entsprechende Rückfragen beispielsweise im Rahmen einer Betriebsprüfung beantworten zu können.

3.3.2 Pauschalrückstellung aufgrund von Erfahrungswerten

Sind keine konkretisierten Garantie- oder Gewährleistungsfälle bekannt, für die eine Einzelrückstellung zu bilden ist, können alternativ auch – insbesondere bei Massengeschäften – Pauschalrückstellungen gebildet werden.[1] Insbesondere in der Automobil- und Baubranche sind diese Pauschalrückstellu...

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