5.4.1 Geplante Übergabe

 

Rz. 134

Bei der sofortigen Unternehmensnachfolge erfolgen die operative und vermögensmäßige Übertragung des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt nach den Vorgaben des Betriebsinhabers.

 
Praxis-Beispiel

Die Ehegatten M und F führen gemeinsam ein mittelständisches Hotel. Sohn S ist gelernter Hotelmanager und soll den Betrieb zu einem unbestimmten Zeitpunkt übernehmen. Seine Schwester X hat kein Interesse am Betrieb. M erkrankt, weshalb ihn F pflegen und sofort aus dem Betrieb aussteigen möchte.

Auch wenn S den Betrieb kennt, benötigt er für alle Entscheidungen die Zustimmung seiner Eltern als Eigentümer des Hotels. Ferner müssen die finanzielle Absicherung der Eltern sowie der Ausgleich der X geregelt werden. S könnte vorläufig mittels einer Vollmacht oder als Treuhänder den elterlichen Betrieb führen. Die sofortige Unternehmensnachfolge sollte angestrebt werden. Erfolgt diese entgeltlich, können damit die nötigen finanziellen Mittel für die Pflege, die Lebenshaltungskosten der Eltern sowie der Ausgleich für X abgedeckt werden.

 

Rz. 134a

Vorteilhaft ist neben der schnellen Auseinandersetzung vor allem die klare Trennung zwischen der Phase des Alteigentümers und der des Nachfolgers. Die sofortige Unternehmensnachfolge ist daher vorzuziehen, wenn es in der Beziehung zu Kunden, Geschäftspartnern und Banken darauf ankommt, klare Strukturen zu schaffen.

 

Rz. 134b

Nachteile ergeben sich aus dem Verlust von Wissen, Erfahrung und Kontakten der Alteigentümer. Sie könnten z. B. durch die gleitende Unternehmensnachfolge, etwa wenn der sofort ausscheidende Unternehmer noch als Berater oder im Beirat tätig ist, gemildert werden.

5.4.2 Erbfall bei einem Erben

 

Rz. 135

Der Erbfall ist keine Betriebsveräußerung oder -aufgabe durch den Erblasser, sondern eine insgesamt unentgeltliche Betriebsübertragung i. S. v. § 6 Abs. 3 EStG mit notwendiger Fortführung der Buchwerte durch den Alleinerben. Der Alleinerbe tritt demnach in die Fußstapfen des Erblassers, wobei stille Reserven nicht aufgedeckt werden[1]. Eine Auseinandersetzung ist damit nicht erforderlich, d. h., der Alleinerbe führt die übernommenen Einkunftsquellen unverändert fort.

5.4.3 Vorzeitige Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft

5.4.3.1 Vorbemerkung

 

Rz. 136

Nachstehend werden Probleme aus der Rechtsprechung aufgezeigt, die sich aus der vorzeitigen Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ergeben können. Die Erbengemeinschaft bedarf der Auseinandersetzung des während ihres Bestehens gesamthänderisch gebundenen Vermögens an die einzelnen Erben, da sie eine grundsätzlich auf Teilung angelegte Zufallsgemeinschaft ist. Sofern der Erblasser keine Teilungsanordnungen getroffen hat, können die Erben die Auseinandersetzung unter sich entsprechend ihren Vorstellungen regeln.

 

Rz. 136a

Auch wenn der Zeitpunkt der Auseinandersetzung bestimmt werden kann, führen immer wieder Streitigkeiten in Erbengemeinschaften dazu, dass sich steuerliche Nachteile ergeben. Die Erbengemeinschaft wird bei den Gewinneinkünften wie eine Mitunternehmerschaft und bei den Überschusseinkünften über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als Bruchteilsgemeinschaft behandelt[1].

5.4.3.2 Fehlender manifestierter Wille des Übergebers

 

Rz. 137

Bei der ungeplanten Unternehmensnachfolge können sich aus dem fehlenden manifestierten Willen des Übergebers verschiedene Probleme ergeben:

  • Hinterlässt ein Erblasser mehrere Erben, geht sein Vermögen im Ganzen auf die Erben über und wird bei ihnen Gesamthandsvermögen[1]. Das gilt ebenso für ein im Nachlass enthaltenes gewerbliches Unternehmen. Nach dem Erbfall wird die Erbengemeinschaft Träger des Unternehmens und die Erben werden Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Gewinne und Verluste des Unternehmens werden der Erbengemeinschaft steuerlich anteilig zugerechnet. Diese Zurechnung endet erst, wenn sich die Miterben hinsichtlich ihres gemeinsamen Vermögens auseinandersetzen. Erst dann erfolgt die Verteilung des Vermögens an die Erben, woraus sich weitere einkommensteuerrechtliche Folgen bei den jeweiligen Erben hinsichtlich der übernommenen Einkunftsarten, der Fortführung der Buchwerte (Erwerb im Rahmen der Erbquote bei Realteilung) oder des Entstehens von Anschaffungskosten bei Ausgleichszahlungen ergeben.
  • Wird der Nachlass ohne Zahlungen von Abfindungen real geteilt, so spricht man von Realteilung. Erhält ein Miterbe bei der Realteilung wertmäßig mehr, als ihm nach seiner Erbquote zusteht, und zahlt er für dieses "Mehr" an seine Miterben eine Abfindung, so liegt eine Realteilung mit Abfindungszahlungen vor. Im Gegenzug entstehen Anschaffungskosten beim Zahlenden und anteilige Veräußerungsgewinne bei den Veräußerern.

5.4.3.3 Zeitliche Rückwirkung der Erbauseinandersetzung

 

Rz. 138

Wird bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft eine zivilrechtliche Rückwirkung vereinbart, wirkt sich diese grundsätzlich nicht auf die steuerliche Beurteilung aus (steuerliches Rückwirkungsverbot). Das betrifft z. B. die Gewinn- und Verlustverteilung in der Vergangenheit. Ausnahmsweise ist eine Rückwirkung zulässig, wenn...

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