Rz. 149

Gem. § 1068 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1030 Abs. 1 BGB kann ein Nießbrauch an (mittelbar bzw. unmittelbar nutzungsfähigen) Rechten bestellt werden. Allerdings kommen dazu gem. § 1069 Abs. 2 BGB nur solche Rechte in Betracht, die übertragbar sind. Ein Gesellschaftsanteil, ob an einer OHG, KG oder GmbH bzw. AG, kann mit einem Nießbrauch belastet werden. Aufgrund der Unübertragbarkeit (§§ 717 S. 1, 719 i. V. m. § 1069 Abs. 2 BGB) kann der (personenbezogene) Geschäftsanteil nicht mit einem Nießbrauch belastet werden; daher ist bei Anteilen an Personengesellschaften eine Nießbrauchbestellung lediglich am Anspruch auf den Gewinnanteil und am Auseinandersetzungsguthaben zulässig.[1]

Da der Nießbraucher lediglich berechtigt ist, die Nutzungen des Gesellschaftsanteils (insbesondere Gewinnbeteiligung) zu ziehen, stehen ihm nach h. M. die Stimmrechte (z. B. GmbH) bzw. die persönlichen Gesellschaftsrechte (z. B. OHG, KG) nicht zu; diese verbleiben vielmehr beim Nießbrauchsbesteller (Anteilseigner, Gesellschafter).[2] Der Nießbraucher erhält zwar ein dingliches Nutzungsrecht, wird gleichwohl aber nicht Gesellschafter.[3]

Eine Betriebsaufspaltung kann somit nicht vorliegen, wenn zwar der oder die Eigentümer des Besitzunternehmens und der bzw. die Inhaber der Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft identisch sind, jedoch am Besitzunternehmen und an den GmbH-Anteilen ein Nießbrauchsrecht zugunsten einer Person oder Personengruppe bestellt ist, da diese aufgrund des Nießbrauchs zwar das Besitzunternehmen, nicht aber auch die Betriebskapitalgesellschaft beherrschen; dies folgt aus dem Umstand, dass die Stimmrechte an der GmbH nicht dem Nießbraucher, sondern dem Gesellschafter der GmbH (Nießbrauchsbesteller) zustehen. D. h. aber auch, dass eine Betriebsaufspaltung wegen personeller Entflechtung endet, wenn sowohl das Besitzunternehmen als auch die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs auf einen Dritten übertragen werden.[4]

 

Rz. 150

Etwas anderes gilt nur, wenn die Verwaltungsrechte, insbesondere aber die Stimmrechte, mit übertragen werden. Maßgebend für die Frage, ob ein Nießbrauch einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen vermitteln kann, richtet sich danach, wem die Verwaltungsrechte – vor allem aber die Stimmrechte – an den nießbrauchbelasteten Anteilen zustehen[5]; denn nur, wenn derjenige, der im Besitzunternehmen über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt, auch in der Betriebsgesellschaft seinen Willen durchsetzen kann, kann überhaupt erst eine personelle Verflechtung gegeben sein.

Zu einer Beherrschung durch Einräumung eines Nießbrauchs kann es dann kommen, wenn die Stimmrechte auf vertraglicher Grundlage auf den Nießbraucher übertragen werden. In den Fällen, in denen dem Besitzunternehmer der Nießbrauch an den Geschäftsanteilen der Betriebs-GmbH einschließlich der Verwaltungsrechte – vor allem aber der Stimmrechte – eingeräumt ist und dieser dadurch auch in der Betriebs-GmbH seinen Willen durchsetzen kann, ist von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen auszugehen.[6] Die Übertragung der Stimmrechte kann dabei durch eine unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht erfolgen.[7]

Umgekehrt kann eine personelle Verflechtung dann aber auch in den Fällen bestehen, in denen zwar ein Nießbrauch an den Betriebskapitalgesellschaftsanteilen eingeräumt ist, der Nießbraucher der Betriebskapitalgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage überlässt und sämtliche Verwaltungsrechte bei ihm verbleiben.[8]

Zur Frage der Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen der Betriebskapitalgesellschaft beim Nießbrauch hat der BFH[9] wie folgt entschieden: Bereits zivilrechtlich ist der Nießbraucher einem Gesellschafter mit der Folge einer Zurechnung nach § 39 Abs. 1 AO gleichzustellen, wenn der Nießbrauch die gesamte Beteiligung umfasst und ihm eine Position vermittelt, die ihm (z. B. durch eingeräumte Stimmrechtsvollmachten) entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschafft.[10] Unter diesen Voraussetzungen ist dem Nießbraucher der Gesellschaftsanteil erst recht steuerrechtlich nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zuzurechnen; er ist wirtschaftlicher Eigentümer, wenn er nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann.[11]

 

Rz. 151

Der Vertrag über die Nießbrauchsbestellung an GmbH-Anteilen bedarf zur zivilrechtlichen Wirksamkeit nach § 1069 Abs. 1 BGB i. V. m. § 15 Abs. 3 GmbHG der notariellen Beurkundung. Sofern der Gesellschaftsvertrag die Zustimmung der Gesellschafterversammlung vorsieht, muss auch diese vorliegen (§ 15 Abs. 5 GmbHG).[12] Eine Anmeldung des Nießbrauchs bei der GmbH ist in entsprechender Anwendung von § 16 GmbHG sinnvoll, damit die Leistungen der Gesellschaft gegenüber der richtigen Person erbracht werden; die Aufnahme in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste ist jedoch nicht notwendige Vorauss...

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