Rz. 156

Hier werden lediglich schuldrechtliche Ansprüche des Berechtigten begründet. Ein Quellenübergang findet somit nicht statt. Ist der Nießbraucher nicht Mitunternehmer, sondern schlichter Ertragsnießbraucher, so bezieht er keine Gewinnanteile i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG[1]. Nach der BFH-Rechtsprechung steht der Nießbrauch an dem Gewinnstammrecht einer Personengesellschaft wirtschaftlich einer Vorausabtretung der Einkünfte gleich (vgl. BFH v. 13.5.1976, a.a. O.). Im Falle eines unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs (Nießbrauch wird freiwillig und ohne jede Gegenleistung bestellt und steht nicht im Zusammenhang mit einer Übertragung des Unternehmens bzw. des Mitunternehmeranteils oder mit einem Erbfall) handelt es sich bei den ausgezahlten Gewinnanteilen um Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG, die der Nießbrauchsbesteller nicht als dauernde Last abziehen kann. In Betracht kommt nur eine Berücksichtigung nach § 33a Abs. 1 EStG. Der Nießbraucher hat die empfangenen Beträge nicht zu versteuern, solange er unbeschränkt steuerpflichtig ist[2]. Bei Wohnsitzverlegung ins Ausland werden die wiederkehrenden Bezüge beim Nießbraucher allerdings steuerpflichtig.

 

Rz. 157

Sehr anschaulich wird die Nießbrauchsproblematik bei Gewinnstammrechten vom BFH v. 9.4.1991 (IX R 78/88, DB 1991, 1359) dargestellt: Schließen sich mehrere Personen zu einer Personengesellschaft zusammen, um Einkünfte aus V+V zu erzielen, so sind die Einkünfte den Gesellschaftern zuzurechnen, wenn sie in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit den Tatbestand der Einkunftsart verwirklichen. Ob nach einer Nießbrauchsbestellung die Einkünfte dem Nießbraucher oder dem Nießbrauchsbesteller zuzurechnen sind, hängt davon ab, wer von beiden den Tatbestand der Einkunftsart verwirklicht. Dem Nießbraucher an einem Gesellschaftsanteil können die anteiligen Einkünfte aus V+V daher nur dann zugerechnet werden, wenn ihm kraft seines Nießbrauchs eine Stellung eingeräumt ist, die der eines Gesellschafters entspricht, so daß er einkommensteuerrechtlich als derjenige zu beurteilen ist, der zusammen mit den übrigen Gesellschaftern den Tatbestand der Einkunftsart V+V verwirklicht. Selbst wenn es zivilrechtlich und handelsrechtlich zulässig sein sollte, das Gewinnstammrecht eines Gesellschafters mit einem Nießbrauch zu belasten, würde das nicht ohne weiteres die einkommensteuerrechtliche Folge haben, daß die Einkünfte aus V+V, die die Gesellschafter in gesamthänderischer Verbundenheit erzielen, dem Nießbraucher zuzurechnen wären. Die Zurechnung des Überschußanteils an den Nießbraucher käme in einem solchen Fall allenfalls dann in Betracht, wenn dem Nießbraucher zusätzlich weitere Rechte eingeräumt würden, die seine Rechtsstellung der eines Gesellschafters annähern würden. Die bloße Einräumung eines Nießbrauchs am Gewinnstammrecht genügt daher nicht. Der Nießbrauch an einem Gewinnstammrecht gewährt, wenn er handelsrechtlich und zivilrechtlich zulässig sein sollte, nur Anspruch auf Gewinnbezug, und dies auch nur beschränkt auf den entnahmefähigen Teil des Gewinns.

Im Falle eines Vorbehaltsnießbrauchs oder Vermächtnisnießbrauchs liegen nach h. M. Versorgungsleistungen vor, die der Nießbrauchsbesteller als dauernde Last abziehen kann und die der Nießbraucher als wiederkehrende Bezüge zu versteuern hat, bzw. bei einem Vermächtnisnießbrauch kann der Erbe die Zahlungen als dauernde Last abziehen, und der Nießbraucher hat sie als wiederkehrende Bezüge zu versteuern[3].

 

Rz. 158

 

Beispiel 1:

Rechtsanwalt K betrieb seine Praxis in Sozietät mit Rechtsanwalt M. Später schloß er mit seinen minderjährigen Kindern, diese vertreten durch einen Ergänzungspfleger, einen notariell beurkundeten Vertrag, mit dem er seinen Kindern schenkweise "einen Quoten-Nießbrauch in Höhe von je 5 v.H. an dem mit seinem Gesellschaftsanteil an der Sozietät verbundenen Gewinnstammrecht und dem Anspruch auf etwaiges Auseinandersetzungsguthaben" einräumte. Der Nießbrauch sollte mit Schluß des Kalenderjahres enden, in dem die Kinder das 21. Lebensjahr vollendeten. In seiner Entscheidung v. 13.5.1976[4] ließ es der BFH offen, ob in der zivilrechtlichen Beurteilung der Auffassung der Vorzug zu geben sei, daß ein von der Mitgliedschaft zu trennendes Gewinnstammrecht vorliegen könne, das selbständig mit einem Nießbrauch belastet werden könne. Er vertrat vielmehr die Ansicht, daß ein schenkweise eingeräumter Nießbrauch am Gewinnstammrecht eines Anteils an einer Personengesellschaft einkommensteuerrechtlich nicht zu originären Einkünften des Nießbrauchers aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb führe, also keinen eigenen Anteil des Nießbrauchers am Gewinn der Personengesellschaft begründe. Er begründete dies damit, daß der Nießbrauch am Gewinnstammrecht eines Anteils an einer Personengesellschaft seinem zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt nach so weitgehend einer Vorausabtretung künftiger Gewinnansprüche entspräche, daß dieser Nießbrauch einkommensteuerrechtlich wie eine Vorausabtretung künftig...

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