Rz. 39

Zur steuerlichen Anerkennung des Nießbrauchs reicht es nicht allein aus, daß die Parteien die zivilrechtlichen Formvorschriften beachtet haben. Weiter ist notwendig, daß auch alle rechtlichen und tatsächlichen Folgerungen aus der Nießbrauchsbestellung gezogen worden sind. Das setzt voraus, daß dem Nießbraucher die volle Besitz- und Verwaltungsbefugnis zusteht, er die Nutzungen tatsächlich zieht, das Grundstück in Besitz nimmt und es verwaltet[1]. Dies gilt auch, wenn Eltern mit ihren Kindern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur gemeinschaftlichen Verwaltung des bisher den Eltern gehörenden vermieteten Grundbesitzes vereinbaren[2]. Eine steuerrechtlich zu beachtende Nießbrauchsbestellung liegt aber nicht vor, wenn auch äußerlich alles beim alten bleibt und etwa nur die Erträge an den Nießbraucher abgeführt werden[3].

 

Rz. 40

 

Beispiel 1:

Ein Nießbrauchsrecht zugunsten der Kinder wird an einem Mehrfamilienhaus, das von fremden Mietern bewohnt wird, zivilrechtlich wirksam bestellt.

Da es sich um ein an fremde Dritte vermietetes Objekt handelt, treten die Kinder (Nießbraucher) anstelle der Eltern (Eigentümer) als neue Vermieter in die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Mietverhältnissen ein[4]. Diese neue Rechtsstellung der Kinder muß auch nach außen dokumentiert werden, soll das Nießbrauchsrecht als Instrument der Einkunftsquellenübertragung steuerlich anerkannt werden. Es wird also erforderlich sein, die Mieter über die Nießbrauchsbestellung zu informieren und klarzustellen, daß die Miete nunmehr an die Kinder zu überweisen ist und die Vermieterpflichten von diesen wahrgenommen werden[5]. Bei einem nur obligatorischen Nutzungsrecht ist eine Überleitung der einzelnen Mietverträge auf den Nutzungsberechtigten allerdings erforderlich, also eine ausdrückliche Zustimmung der einzelnen Mieter. Die bloße Anzeige des Vermieterwechsels würde hier nicht ausreichen (vgl. Brandenberg, NWB, F 3, 10495, 10498).

 

Rz. 41

In dem vom BFH mit Urteil vom 20.1.1987 (IX R 49/82, BFH/NV 1987, 433) entschiedenen Fall, hatte eine Mutter ein gemischtgenutztes Grundstück auf ihre beiden Söhne übertragen und sich zivilrechtlich wirksam den Nießbrauch an diesem Grundstück vorbehalten. Die nießbrauchsberechtigte Mutter übte ihre Nießbrauchsrechte an dem Grundstück dadurch aus, daß sie dieses zum Teil — in einkommensteuerrechtlich anzuerkennender Weise — an einen Dritten vermietete und zum Teil den Söhnen unentgeltlich zur privaten Nutzung überließ. Nach Auffassung des BFH reichte die Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung der Wohnungen an die Söhne nicht aus; insoweit sei das Vorbehaltsnießbrauchsrecht der Mutter einkommensteuerrechtlich nicht anzuerkennen. Unter Hinweis auf BFH v. 30.7.1985 (VIII R 71/81, BStBl II 1986, 327) vertrat der BFH die Auffassung, daß es dem Nutzungsberechtigten im Rahmen seiner Dispositionsbefugnis grundsätzlich freistehe, ob er die mit dem Nutzungsrecht belastete Sache selbst nutzen oder sie entgeltlich oder auch unentgeltlich einem Dritten zum Gebrauch überlassen wolle. Dritter könne auch der Eigentümer selbst sein. Zweifel an der tatsächlichen Durchführung des Nutzungsrechts seien allerdings im Falle der unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung an den Eigentümer dann begründet, wenn dem Nutzungsberechtigten keine wesentliche Dispositionsbefugnis hinsichtlich der belasteten Sache zustehe. Das sei etwa dann der Fall, wenn der Eigentümer einen unkündbaren oder auf Lebensdauer bemessenen Leihvertrag abgeschlossen habe.

 

Rz. 42

Im Urteil vom 14.3.1989[6] entschied der BFH über einen Fall, in dem der Vater einem volljährigen und einem minderjährigen Kind ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht einräumte. Der BFH erkannte einen Quellenübergang nicht an, weil die Söhne nicht tatsächlich die Vermieterstellung des Vaters vollständig übernommen hätten. Zwar sei den Mietern des Wohnobjekts mitgeteilt worden, daß sie die Miete auf ein bestimmtes Konto zahlen sollten, das auf den Namen der Söhne lautete, ausdrücklich habe die Erstattung von Auslagen für Müllabfuhr, Wassergeld etc. jedoch weiter an den Vater auf dessen Konto erfolgen sollen. Außerdem bemängelte der BFH zu Recht, daß die Kinder nicht wirksam in die Mietverträge mit den Mietern eingetreten seien, da der Vater — zumindest für den volljährigen Sohn — die erforderlichen Verträge ohne Vorlage einer Vollmacht abgeschlossen habe. Eine stillschweigende Bevollmächtigung sei im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung zu Vertragsabschlüssen unter nahen Angehörigen nicht anzunehmen gewesen.

 

Rz. 43

Bei einer Nießbrauchsbestellung zugunsten von minderjährigen Kindern ist zu bedenken, daß auch dann, wenn die Erträge unmittelbar den Kindern auf deren eigene Konten zufließen, die Eltern dennoch berechtigt sind, gem. § 1649 Abs. 1 BGB die Nießbrauchseinkünfte für den Unterhalt der Kinder, ggf. sogar für den eigenen Unterhalt[7] zu verwenden. Daher will Kurz[8] 1977, 448, hier S. 449) nur dann eine Quellenübertragung anerkennen, wenn das Nießbrauchsrecht voraussichtlich...

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