Rz. 23

Der Zulageberechtigte kann den Anbieter seines Vertrags bevollmächtigen, für ihn die Zulage für jedes Beitragsjahr zu beantragen (§ 89 Abs. 1a S. 1 EStG). Der Antrag auf Zulage im sog. Dauerzulageantragsverfahren ist eine eigene Willenserklärung des Anbieters im Namen des Zulageberechtigten. Es gelten die allgemeinen Grundsätze der Vertretung im steuerlichen Verfahren. Die Antragshandlungen des Anbieters sind dem Zulageberechtigten zuzurechnen.[1]

Mit Einführung des Abs. 1a durch das AltEinkG v. 5.7.2004[2] wurde das Zulageverfahren erheblich vereinfacht. Es entfallen beim Anbieter die jährliche Übersendung eines Antragsformulars an den Zulageberechtigten sowie nach Rücksendung des Zulageantrags dessen datenmäßige Verarbeitung. Der Zulageberechtigte wird nicht mit dem jährlichen Zulageantrag belastet und erhält in der Regel seine Zulage automatisch.[3] Die vom Anbieter aufgrund seiner Bevollmächtigung erstellten Zulageanträge weisen darüber hinaus oftmals eine höhere Datenqualität auf als individuell durch den Stpfl. ausgefüllte Zulageanträge.[4] Hierdurch kann die Zahl der Fälle, in denen Datensätze aufgrund von fehlerhaften oder unvollständigen Angaben von der zentralen Stelle abgewiesen werden, deutlich verringert werden (Rz. 16).

Durch die Bevollmächtigung wird der Zulageberechtigte nicht von seinen Mitwirkungspflichten (Rz. 19) entbunden. Ausgenommen ist lediglich die Übermittlung geänderter beitragspflichtiger Einnahmen i. S. d. SGB VI (§ 89 Abs. 1a S. 2 EStG), da die zentrale Stelle diese unmittelbar bei den inländischen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung erhebt (§ 91 Abs. 1 EStG). Ist der Zulageberechtigte dagegen in einer ausl. gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert (z. B. Grenzgänger nach § 10a Abs. 6 S. 1 EStG), ist eine Datenerhebung nach § 91 Abs. 1 EStG nicht möglich.[5]

[1] BT-Drs. 15/2150, 47 zu Nr. 29 Buchst. a.
[2] BGBl I 2004, 1427.
[3] BT-Drs. 15/2150, zu Nr. 29 Buchst. a.
[4] Hamacher, in H/H/R, EStG/KStG, § 89 EStG Rz. 15.
[5] BT-Drs. 19/13436, 103 zu Nr. 25.

3.1 Vollmachtserteilung

 

Rz. 24

Die Bevollmächtigung muss nach dem Wortlaut des § 89 Abs. 1a S. 1 EStG "schriftlich" erfolgen.[1] Aus dem Begriff "schriftlich" kann allerdings nicht ohne Weiteres auf ein die eigenhändige Unterschrift umfassendes Schriftformerfordernis geschlossen werden. In den Fällen, in denen das Gesetz Begriffe wie "Schriftstück" oder "schriftlich" verwendet, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die schriftliche Erklärung eine der Funktionen (Abschluss-, Perpetuierungs-, Identitäts-, Echtheits-, Verifikations-, Beweis- und Warnfunktion) erfüllen muss, die der Unterschrift zugeordnet werden, und aus diesem Grund auch eine Unterschrift zu fordern ist.[2] Ist der einschlägigen Norm durch Auslegung zu entnehmen, dass ein schriftlicher Antrag oder eine schriftliche Erklärung oder Mitteilung nicht unterschrieben sein muss, liegt keine gesetzliche Anordnung der Schriftform vor.[3]

 

Rz. 25

Die Auslegung nach vorgenannten Grundsätzen ergibt, dass die Bevollmächtigung keiner eigenhändigen Unterschrift und mithin nicht der Schriftform (§ 126 BGB) bedarf. Dem Formerfordernis genügt auch eine Vollmachtserklärung in Textform (§ 126b BGB). Bei einer elektronischen Übermittlung der Vollmachtserklärung kann daher auf eine qualifizierte elektronische Signatur und auf ein Verfahren nach § 87a Abs. 3 S. 4 und 5 AO verzichtet werden, d. h. auch eine Übermittlung per einfacher E-Mail wahrt die Form.

Für diese Auffassung spricht insbesondere der systematische Vergleich mit § 80 AO. Gem. § 80 Abs. 1 S. 2 AO ermächtigt die Vollmacht grundsätzlich zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, z. B. die Erteilung von Untervollmachten und die Einlegung sowie Rücknahme von Einsprüchen. Die Erteilung einer solchen Vollmacht ist grundsätzlich an keine Form gebunden und kann damit auch mündlich oder durch schlüssiges Handeln erfolgen.[4] Ist eine derartige, weitgehende Bevollmächtigung bereits formlos möglich, muss dies erst recht für die eng begrenzte Vollmacht nach § 89 Abs. 1a S. 1 EStG gelten. Für diese Auslegung spricht nicht zuletzt die überragende Bedeutung der elektronischen Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten für das auf Schnelligkeit, Einfachheit und Effizienz[5] sowie Kundenfreundlichkeit[6] ausgerichtete Verfahren.

 

Rz. 26

Die Vollmacht kann im Rahmen des Antrags auf Zulage nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck oder unabhängig davon erteilt werden.[7] In der Praxis wird die Vollmacht regelmäßig bei Vertragsschluss erteilt. In diesem Fall wird bereits der erste Zulageantrag durch den Anbieter gestellt.

 

Rz. 27

Der Zulageberechtigte kann die Vollmacht auch für zurückliegende Beitragsjahre, für die noch kein Zulageantrag gestellt wurde, erteilen.[8]

 

Rz. 28

Ein Widerruf der Vollmacht ist bis zum Ablauf des Beitragsjahres, für das der Anbieter keinen Antrag auf Zulage stellen soll, gegenüber dem Anbieter zu erklären (§ 89 Abs. 1a S. 3 EStG).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge