Rz. 65

Eine unter Nichtbeachtung der gesetzlichen Höchstgrenze gebildete Ansparrücklage ist nach Entscheidung des BFH[1] auch dann gemäß § 7g Abs. 4 S. 2 EStG a. F. in voller Höhe gewinnerhöhend aufzulösen, wenn der Stpfl. seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und das FA die Höhe der Rücklage (zunächst) nicht beanstandet hat. Der Auflösungsbetrag unterliegt in vollem Umfang dem Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG a. F.[2]. Wurde eine Rücklage – rechtswidrig – höher als 40 % der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts gebildet, ist der Gewinnzuschlag insgesamt und nicht lediglich vom – die Höchstgrenze – übersteigenden Betrag vorzunehmen (BFH v. 28.4.2005, IV R 30/04, BStBl II 2005, 704; Roland, in Bordewin/Brandt, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 77; a. A. Handzik, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 96). § 7g Abs. 5 EStG a. F. sieht einen Gewinnzuschlag nämlich stets für den Fall vor, dass die Auflösung einer Rücklage nicht auf Abs. 4 S. 1 beruht. Nach Abs. 4 S. 1 ist die Rücklage aufzulösen, sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen. Abschreibungen dürfen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. ab dem Anschaffungs- bzw. Herstellungsjahr vorgenommen werden. In allen anderen Fällen, wenn also keine Abschreibungen vorgenommen werden, ist somit ein Gewinnzuschlag nach dem Wortlaut von Abs. 5, aber auch nach dessen Sinn und Zweck, geboten. Denn der Stpfl. hat den Liquiditätsvorteil in Form einer vorläufigen Steuerersparnis durch die Rücklagenbildung in Anspruch genommen.

§ 7g Abs. 4 EStG a. F. unterscheidet nicht zwischen der Auflösung einer zu Recht und einer zu Unrecht gebildeten Ansparabschreibung, es muss lediglich zu einer Auflösung der Rücklage kommen. Daher überzeugt die BFH-Rspr., die einen Gewinnzuschlag in voller Höhe vorsieht, auch wenn sie sich oftmals zulasten des Stpfl. auswirken wird. Solange nämlich die Änderung eines Bescheids möglich ist, gebietet es der Grundsatz der Besteuerungsgleichheit[3], auch nachträglich eine Inanspruchnahme dieser Steuervergünstigung nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen und in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang zuzulassen. Ist eine Änderung nicht mehr möglich, muss – wie bei einem bilanzierenden Stpfl. – eine Gewinnerhöhung erfolgen. Dies folgt auch aus der grundsätzlichen Gleichstellung der Einnahmen-Überschussrechnung mit dem Betriebsvermögensvergleich[4]. Ein Gewinnzuschlag scheidet lediglich aus, wenn das Jahr der Bildung noch geändert werden kann[5]; in diesem Fall bleibt die Rücklage nämlich nicht bestehen, so dass keine Auflösung gem. §7g Abs. 4 EStG a. F. vorzunehmen ist.

Entsprechend ist ein Gewinnzuschlag im Falle einer späteren Auflösung nach § 7g Abs. 5 EStG a. F. auch hinsichtlich der zu Unrecht gebildeten Rücklage vorzunehmen, und zwar für jedes Jahr, in dem die Rücklage bestanden hat (gl. A. Handzik, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 7g EStG a. F. Rz. 96). § 7g Abs. 5 EStG a. F. sieht einen Gewinnzuschlag für jeden Fall vor, soweit die Auflösung einer Rücklage nicht auf Abs. 4 S. 1 beruht. Nach Abs. 4 S. 1 ist die Rücklage aufzulösen, sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, also ab dem Anschaffungs- bzw. Herstellungsjahr. In allen anderen Fällen, wenn also keine Abschreibungen vorgenommen werden (dürfen), ist somit ein Gewinnzuschlag nach dem Wortlaut von Abs. 5, aber auch nach dessen Sinn und Zweck, geboten. Denn der Stpfl. hat den Liquiditätsvorteil in Form einer vorläufigen Steuerersparnis durch die (rechtswidrige) Rücklagenbildung in Anspruch genommen. Die für die Überschussrechnung geltenden Grundsätze[6] sind insoweit nicht übertragbar auf Bilanzierende, für die der Bilanzzusammenhang[7] zu beachten ist.

 

Rz. 65a

 
Praxis-Beispiel

A betreibt eine Anwaltspraxis und ermittelt seinen Gewinn freiwillig nach § 4 Abs. 1 EStG. Er hat in 01 unzulässig (da keine Existenzgründereigenschaft vorlag) eine Rücklage nach § 7g Abs. 7 EStG a. F. i. H. v. 307.000 EUR gebildet und bis 06 unverändert fortgeführt. Die Bescheide für die Jahre 01 bis 05 sind bestandskräftig.

Da die Jahre 01 bis 05 nicht mehr geändert werden können, ist die Rücklage im ersten änderbaren Jahr erfolgswirksam auszubuchen, also in 06[8]. Da die Rücklage für die vollen Wirtschaftsjahre 02 bis 05 bestanden hat (01 zählt nicht mit, da die Rücklage kein volles Wirtschaftsjahr bestand), ist bei bilanzierungspflichtigen Betrieben ein Gewinnschlag i. H. v. 6 % × 4 Jahre × 307.000 EUR vorzunehmen – also m. E. auch über 2 Jahre hinaus. Für die Höhe des Gewinnzuschlags kommt es auf die Dauer der Beibehaltung der Rücklage an.

Wäre allerdings ein früheres Jahr (vor 06) noch nicht bestandskräftig gewesen, hätte die Änderung nach den Grundsätzen der Bilanzberichtigung[9] in dem früheren Jahr[10] – mit entsprechenden Auswirkungen auf den Gewinnzuschlag – vorgenommen werden müssen.

 

Rz. 65b

M. E. ist aus der Entscheidung nicht abzuleiten, dass bei der Gewinnermittlungsart der Ei...

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