Rz. 84

Künftige Veränderungen der Pensionsleistungen – also Erhöhungen und Verminderungen nach Schluss des jeweiligen Wirtschaftsjahres – dürfen somit bei der Teilwertberechnung dieses Bilanzstichtags nach § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 EStG nicht berücksichtigt werden, wenn sie hinsichtlich des Zeitpunkts ihres Wirksamwerdens oder ihres Umfangs ungewiss sind. Dazu gehört bei wertpapiergebundenen Zusagen auch der über die garantierte Mindestleistung hinausgehende Wert der Wertpapiere.[1] Diese Anordnung stimmt mit der in § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 2 Halbs. 2 EStG enthaltenen Bestimmung inhaltlich überein, nach der künftige Pensionsleistungen mit dem Betrag anzusetzen sind, der sich nach den Verhältnissen des Bilanzstichtags ergibt. Die gesetzliche Einschränkung der Rückstellungsbildung soll das Prinzip der wirtschaftlichen Verursachung (im Hinblick auf das Stichtagsprinzip) umsetzen: Soweit die Rentenverpflichtung auf Verhältnissen beruht, die am Bilanzstichtag noch nicht verwirklicht sind, ist sie im abgelaufenen Wirtschaftsjahr nicht wirtschaftlich verursacht. Dies gilt in gleicher Weise für Anwartschaften wie für bereits laufende Renten. Handelsrechtlich wird die wirtschaftliche Verursachung aber seit BilMoG nicht mehr nach dem "strengen" Stichtagsprinzip beurteilt. Nach § 253 Abs. 1 S. 2 HGB sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen. Mit zu berücksichtigen sind demnach alle Kostenfaktoren, die die Höhe der künftigen Pensionsleistungen beeinflussen. Sind diese Faktoren zum Bilanzstichtag noch ungewiss, müssen sie näherungsweise, also z. B. durch Ansatz eines Gehalts- und Rententrends in die Bewertung mit einfließen.

 

Rz. 85

Ist indes eine Rente in der Weise zugesagt, dass sich die Rentenzahlungen jährlich um einen bestimmten Prozentsatz erhöhen sollen und hat der Berechtigte einen Rechtsanspruch auf die Erhöhung (Anpassungsgarantie), so sind die künftigen Rentenerhöhungen sowohl hinsichtlich ihres Wirksamwerdens als auch ihrer Höhe nach nicht "ungewiss" i. S. d. § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 EStG. Eine solche künftige Rentendynamisierung ist deshalb bei der steuerlichen Rückstellungsbildung grundsätzlich zu berücksichtigen.[2] Die Pensionsrückstellung ist dann unter Berücksichtigung des zu dem jeweiligen Stichtag vereinbarten Gehalts und der zugesagten jährlichen Steigerung zu berechnen.[3] Das gilt nicht nur bei Vereinbarung arithmetischer Rentensteigerungen (d. h. jährliche Steigerung in % des Ursprungsbetrags), sondern auch für geometrische Rentensteigerungen.[4] Anpassungsgarantien stehen allerdings unter dem Vorbehalt der Überversorgung: Soweit durch diese Rentendynamik eine höhere Endversorgung als 75 % der letzten Bezüge erreicht wird, handelt es sich nicht mehr um eine Altersversorgung i. S. d. § 6a EStG (Rz. 85c). Auch wenn fest zugesagte prozentuale Renten- oder Anwartschaftserhöhungen keine ungewisse Erhöhungen darstellen, folgt jedoch nicht, dass eine Erhöhung um mehr als 3 % bei der Prüfung der 75 %-Überversorgungsgrenze unbeachtlich wäre.[5]

 

Rz. 85a

Ungewiss und damit steuerlich nicht zu berücksichtigen ist dagegen eine mögliche künftige Rentenerhöhung aufgrund der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG, solange die Prüfung nicht zu einer Leistungserhöhung geführt hat. Da die Anpassungsprüfungspflicht erst mit Rentenbeginn einsetzt, kann sie im Anwartschaftszeitraum ohnehin nicht zu einer Berücksichtigung führen. Aber auch im Rentenzahlungszeitraum kann eine Anpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG erst nach erfolgreicher Anpassungsprüfung steuerlich berücksichtigt werden.

 

Rz. 85b

Nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG entfällt die Anpassungsprüfungspflicht des Arbeitgebers (für Neuzusagen ab 1999), wenn er sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens 1 % anzupassen (Mindestanpassung). Sagt er dies bereits im Anwartschaftszeitraum zu, so sind damit grundsätzlich "künftige gewisse" Leistungserhöhungen zugesagt. Aus dem Umstand, dass nach § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 EStG "künftige ungewisse" Leistungsveränderungen nicht zu berücksichtigen sind, kann zwar nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass alle "künftigen gewissen" Leistungserhöhungen ohne Weiteres zu berücksichtigen seien.[6] Denn durch die Bestimmung in § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 EStG wird die allgemeine Regel, dass Rückstellungen nur insoweit gebildet werden können, als der Aufwand im vergangenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht ist, nicht außer Kraft gesetzt, die Vorschrift setzt dies vielmehr voraus. Ob dies der Fall ist, wenn die Rentenzusage eine Verpflichtung zu jährlicher Erhöhung der Pensionsanwartschaft (ggf. bis zu einem Höchstbetrag) enthält, kann fraglich sein. Denn die Erhöhung der Anwartschaft ließe sich auch als "Entgelt" für die mit zunehmender Dauer anwachsende Betriebstreue darstellen und wäre somit erst in den folgenden Wirtschaftsjahren "erdient" und damit wirtschaftlich verursacht.[7] Dem steht jedoch die auf § 6a Abs....

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