1 Allgemeines

1.1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das JStG 1996 v. 11.10.1995[1] im Zusammenhang mit der Umgestaltung des bisherigen Kinderlastenausgleichs zum sog. Familienleistungsausgleich mit Geltung ab Vz 1996 eingefügt (zur Rechtsentwicklung s. § 31 Rz. 1 ff.).

Durch das JStErgG 1996 v. 18.12.1995[2] wurden Abs. 1 S. 2, Abs. 4 angefügt. Das Gesetz zur Familienförderung (FamFG) v. 22.12.1999[3] änderte Abs. 3 dahingehend, dass die Bescheinigung den Betrag des "für das" Kj. ausgezahlten Kindergelds enthält.

Durch das JStG 2009 v. 19.12.2008[4] wurde Abs. 2 ersatzlos aufgehoben. Die Bescheinigungspflicht des Arbeitgebers gegenüber der Familienkasse entfällt ab Vz 2009.

Mit dem G. v. 8.12.2016[5] wird in § 68 Abs. 4 EStG auch die Übermittlung des für die Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhalts im Wege automatisierter Abrufverfahren zugelassen.

[1] BGBl I 1995, 1250.
[2] BGBl I 1995, 1959.
[3] BGBl I 1999, 2552.
[4] BGBl I 2008, 2794.
[5] BGBl I 2016, 2835, G. zur Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes.

1.2 Bedeutung

 

Rz. 2

§ 68 Abs. 1 EStG entspricht § 19 Abs. 1 BKKG a. F.[1] i. V. m. § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I. Er normiert die besondere Mitwirkungspflicht des Berechtigten und der volljährigen Kinder. Eine dem § 68 Abs. 3 EStG entsprechende Regelung war im BKKG nicht enthalten; sie gewährt das Recht auf eine Bescheinigung über das ausgezahlte Kindergeld. § 68 Abs. 4 EStG befreit die Familienkassen gegenüber den Bezügestellen des öffentlichen Dienstes vom Steuergeheimnis.

[1] BGBl I 1994, 168.

2 Mitteilungs- und Mitwirkungspflicht (Abs. 1)

2.1 Besondere Mitteilungspflicht (Abs. 1 S. 1)

 

Rz. 3

Antragsteller und Kindergeldberechtigte haben Änderungen in den für den Kindergeldanspruch erheblichen Verhältnissen und über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, der zuständigen Familienkasse unverzüglich mitzuteilen. Die Regelung wurde eingefügt, da die AO-Vorschriften insoweit nicht greifen. § 153 Abs. 1 AO ist nicht einschlägig, da er sich nur auf die Fälle bezieht, in denen die bereits ursprünglich gegebene Unrichtigkeit der Erklärung nachträglich erkannt wird, nicht aber den Fall der nachträglichen Verhältnisänderung mit steuerlicher Wirkung. Auch § 153 Abs. 2 AO ist nicht anwendbar, da er eine Anzeigepflicht nur in den Fällen des Wegfalls der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder eine sonstige Steuervergünstigung normiert. Beim Kindergeld handelt es sich indes nicht um eine Steuerermäßigung, Steuerbefreiung oder eine Steuervergünstigung. Das Kindergeld dient vielmehr grundsätzlich der zutreffenden leistungsgerechten Besteuerung und erst in zweiter Linie als Sozialleistung.[1]

 

Rz. 4

Die Mitteilungspflicht trifft den Antragsteller und den Empfänger von Kindergeld. Dies kann sowohl der vorrangig Kindergeldberechtigte sein als auch ein Dritter, der einen Antrag auf Auszahlung des Kindergelds nach § 67 S. 2 EStG gestellt hat.

 

Rz. 5

Mitzuteilen sind sämtliche Änderungen in den Verhältnissen, die für die Kindergeldgewährung erheblich sind, das sind die Anspruchsvoraussetzungen gem. §§ 62 bis 65 EStG. Ferner sind mitzuteilen die Verhältnisse, über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, z. B. geänderte Erklärungen über die Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs. 2, 3 EStG. Die Mitwirkungspflicht umfasst eine entsprechende Beweisvorsorgepflicht. Der Antragsteller ist daher gehalten, entsprechende Unterlagen – auch aus seinem Privatbereich – aufzubewahren.[2]

 

Rz. 6

Die Mitteilungspflicht besteht auch nach Beendigung des Kindergeldbezugs, wenn nachträglich Veränderungen eintreten, die den Anspruch rückwirkend beeinflussen.[3]

 

Rz. 7

Die Mitteilungspflicht muss unverzüglich erfüllt werden, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB), nachdem die Änderung der Verhältnisse dem Antragsteller bzw. Empfänger bekannt geworden sind. Die Mitteilung ist nicht formgebunden; eine E-Mail an die zuständige Familienkasse ist ausreichend.[4] Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht (unterlassene oder verspätete Mitteilung) kann strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Folgen haben (§§ 370, 378 AO).[5] Eine schuldhafte Verletzung der Mitteilungspflicht kann nicht nur zur Rückzahlung erhaltenen Kindergelds führen, sondern auch einen entsprechenden Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB auslösen.[6]

Die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids sowie die entsprechende Rückzahlungsverpflichtung setzen allerdings keine schuldhafte Verletzung der Mitwirkungspflicht voraus, sondern lediglich eine Änderung in den für die Gewährung erheblichen Verhältnissen (§ 70 Abs. 2 EStG). Bei schuldhafter Verletzung der Mitwirkungspflichten kann gegen die Aufhebung des Bescheids nach § 70 Abs. 2 EStG und die entsprechende Rückforderung kein Vertrauensschutz geltend gemacht werden.[7]

Nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist nicht mit Ablauf des Kj., in dem die Steuer (der Kindergeldanspruch) entstanden ist, sondern u. a. erst mit dem Ablauf des Kj., in dem eine erforderliche Anzeige eingereicht wird. Laut BFH ist die Mitt...

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