Rz. 44

Das am 1.1.2005 in Kraft getretene Aufenthaltsgesetz reduzierte die Zahl der Aufenthaltstitel auf drei: das Visum (§ 6 AufenthG), die (befristete) Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG) und die (unbefristete) Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG). Das AufenthG orientiert sich nicht mehr an Aufenthaltstiteln, sondern an den Aufenthaltszwecken wie Ausbildung, Erwerbstätigkeit, Familiennachzug und humanitäre Gründe. Das Visum begründet keinen Kindergeldanspruch. Die Niederlassungserlaubnis ist in jedem Fall ausreichend. Der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis genügt nur dann, wenn sie aus einem der in § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 2–4 EStG a. F. abschließend aufgezählten Gründe erteilt wurde.

Die Begrenzung der Kindergeldberechtigung für Ausländer auf den Personenkreis, der im Besitz eines Aufenthaltstitels i. S. v. Abs. 2 ist, begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. In der Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit des § 3 Abs. 3 BKKG a. F. hat das BVerfG das gesetzgeberische Ziel, Kindergeld nur den Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten ist, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben, nicht beanstandet, sondern lediglich die Unterscheidung nach den Aufenthaltstiteln als ungeeignetes Kriterium für eine Prognose über die Dauer eines Aufenthalts im Inland angesehen.[1]

Die ab 2006 geltende Neufassung des § 62 Abs. 2 EStG entspricht den Vorgaben des BVerfG. Die Neuregelung begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Einwänden. Für die Differenzierung zwischen Ausländern mit den Aufenthaltstiteln nach Abs. 2 und lediglich geduldeten Ausländern bestehen sachliche Gründe. Der Gesetzgeber konnte die Kindergeldberechtigung auf den Kreis von Ausländern beschränken, die aufgrund eines Aufenthaltstitels einen rechtmäßigen dauerhaften Aufenthalt im Inland begründet haben und bei denen – im Unterschied zu lediglich geduldeten Ausländern – auch eine langfristige Integration ihrer Familien im Inland beabsichtigt ist. Auch die Rückwirkung auf noch nicht bestandskräftige Fälle wird vom BFH als verfassungsgemäß erachtet.[2]

 

Rz. 45

Der Ausländer muss im Besitz einer ausreichenden ausländerrechtlichen Aufenthaltsgenehmigung oder eines aufenthaltsrechtlichen Titels sein. Dies bedeutet, dass er eine entsprechende Bewilligung in Händen halten muss, bevor er einen Anspruch auf die Gewährung von Kindergeld hat.[3] Es kommt demzufolge nicht darauf an, ob ein Anspruch auf eine entsprechende Genehmigung bzw. einen entsprechenden Titel besteht.[4] Erteilt die Ausländerbehörde rückwirkend einen Aufenthaltstitel, der nach § 62 Abs. 2 EStG zur Inanspruchnahme von Kindergeld berechtigt, so hat dies kindergeldrechtlich keine Rückwirkung.[5] Der bloße Anspruch auf Erteilung des Titels begründet demzufolge noch keinen Kindergeldanspruch. Den ausländerrechtlichen Verwaltungsakten kommt insoweit Tatbestandswirkung für das Kindergeldrecht zu.

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