Rz. 364

Unter einer Verbindlichkeit ist die Verpflichtung des Unternehmers zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten zu verstehen, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt.[1] Für die Passivierung stellt der I. Senat bereits auf die Entstehung der Verbindlichkeit (u. U. schon vor der wirtschaftlichen Verursachung) ab.[2] Eine wirtschaftliche Belastung des abgelaufenen Wirtschaftsjahres wird in der Entscheidung des BFH[3] verlangt. Ist die Verbindlichkeit noch nicht wirksam entstanden, weil sie von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, kann sie noch nicht bilanziert werden; allenfalls kommt der Ansatz einer Rückstellung in Betracht.[4] Das gilt insbesondere mangels einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung gem. § 5 Abs. 2a EStG für eine Verbindlichkeit, die nur aus künftigen Gewinnen und Liquidationsüberschüssen zu erfüllen ist.[5] Eine aufschiebend bedingte Verbindlichkeit aus einer Bürgschaft ist erst bei drohender Inanspruchnahme anzusetzen. Auflösend bedingt entstandene Verbindlichkeiten sind hingegen zu passivieren, bis sie später im Fall des Bedingungseintritts auszubuchen sind. Die mit dem Verkauf von Fahrzeugen verbundene Verpflichtung eines Kfz-Händlers, die Fahrzeuge nach Ablauf der Leasingzeit zurückzukaufen (Rückkaufoption) ist eine Verbindlichkeit, die mit dem dafür vereinnahmten Entgelt auszuweisen ist.[6] Eine Verbindlichkeit, die nur aus künftigen Einnahmen oder Gewinnen zu tilgen ist, darf nach § 5 Abs. 2a EStG weder als Verbindlichkeit noch als Rückstellung aufwandswirksam passiviert werden. Bis dahin ist die Verbindlichkeit nur bedingt entstanden, es fehlt zudem an der wirtschaftlichen Verursachung.[7] Nicht zu den lediglich bedingt entstandenen Verbindlichkeiten i. S. v. § 5 Abs. 2a EStG gehören Verbindlichkeiten mit Rangrücktritt[8] und eigenkapitalersetzende Darlehen, weil diese nicht nur aufschiebend bedingt entstanden sind.

Verbindlichkeiten sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 i. V. m. Abs. Nr. 2 EStG mit den Anschaffungskosten oder mit ihrem höheren Teilwert anzusetzen. Anschaffungskosten bedeutet im Allgemeinen der Nennbetrag als Erfüllungs- oder Rückzahlungsbetrag i. S. v. § 253 Abs. 1 HGB.[9] Ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls eine Verbindlichkeit dem laufenden Geschäftsverkehr zuzuordnen und somit nicht dazu bestimmt, das Betriebskapital auf Dauer zu verstärken, kommt dem Zeitpunkt der Tilgung oder Entnahme der Verbindlichkeit für die Bestimmung einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung eine besondere Bedeutung zu.

Hält eine Wechselkurserhöhung im Zusammenhang mit einer Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz oder dem vorangegangenen Tilgungs- oder Entnahmezeitpunkt an, ist davon auszugehen, dass die Werterhöhung voraussichtlich von Dauer ist. Soweit keine Handelsbilanz aufzustellen ist, ist der Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz maßgebend. Zusätzliche Erkenntnisse bis zu diesen Zeitpunkten sind zu berücksichtigen. Allg. Entwicklungen, z. B. Wechselkursschwankungen auf den Devisenmärkten, sind zusätzliche Erkenntnisse und als solche in die Beurteilung einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung einer Verbindlichkeit zum Bilanzstichtag einzubeziehen.[10]

Wechselkurserhöhungen sind alsbald aufwandswirksam zu erhöhen, Erträge aufgrund von Kursminderungen erst zum Zeitpunkt der Realisation.

 

Rz. 364a

In vor dem 29.11.2013 endenden Wirtschaftsjahren konnten übernommene Verpflichtungen im Wirtschaftsjahr der Übernahme mit den "Anschaffungskosten" oder dem höheren Teilwert angesetzt werden.[11] Werden Verpflichtungen in nach dem 28.11.2013 endenden Wirtschaftsjahren entweder im Wege einer Schuldübernahme nach den §§ 414ff. BGB oder durch Übernahme der mit der Verpflichtung verbundenen Lasten (Schuldbeitritte und Erfüllungsübernahmen mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung) übertragen, sind steuerlich Besonderheiten zu beachten (§ 5 Abs. 7 EStG).[12] Beim Übernehmer sind derartige Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, zu den folgenden Abschlussstichtagen so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren gewesen wären. Das gilt auch für Rechtsnachfolger des Übernehmers. Für Pensionsverpflichtungen sieht § 5 Abs. 7 S. 4 EStG besondere Regelungen vor.[13] Wurde eine Verpflichtung bereits mehrfach übertragen, ist der Ansatz zu berücksichtigen, bei dem die Schuld erstmalig begründet wurde. Bilanzsteuerliche Wahlrechte (z. B. Teilwert- oder Pauschalwertverfahren bei Jubiläumsrückstellungen) können dabei abweichend von der Wahl des Rechtsvorgängers in Anspruch genommen werden. Ergibt sich aus der Differenz zwischen Übernahmewert und Bilanzansatz ein Gewinn, kann hierfür eine gewinnmindernde Rücklage in Höhe von 14/15 gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens 1/14 gewinn...

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