Rz. 16

Der räumliche Geltungsbereich der Vorschrift ist auf die EU beschränkt. Das Unternehmen, das der Schuldner der Vergütungen (Zinsen und Lizenzgebühren) ist, muss in Deutschland ansässig sein. Werden die Vergütungen von einer Betriebsstätte gezahlt, gilt ein "doppelter EU-Bezug". Die Betriebsstätte muss in der Bundesrepublik Deutschland belegen sein. Außerdem muss der Träger der Betriebsstätte, das Stammhaus, in der EU ansässig sein, und zwar in einem anderen EU-Staat als der Bundesrepublik Deutschland (sonst würde bereits die erste Alternative, Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland, eingreifen). Für Zahlungen der Zinsen und Lizenzgebühren durch eine, in Deutschland belegene Betriebsstätte eines Unternehmens, das in einem Drittstaat ansässig ist, gilt die Regelung nicht.

 

Rz. 17

Unternehmen, die im EWR (Norwegen, Island, Liechtenstein) ansässig sind, sind nicht einbezogen worden; die Aufzählung der begünstigten Gesellschaftsformen (Rz. 50) erfasst Unternehmen dieser Staaten nicht. Zur Ausdehnung auf Unternehmen der Schweizerischen Eidgenossenschaft vgl. Rz. 71ff.

 

Rz. 18

Hinsichtlich des Gläubigers der Vergütungen gilt ebenfalls ein strenger EU-Bezug. Der Gläubiger muss in einem EU-Staat ansässig sein, und zwar in einem anderen EU-Staat als der Bundesrepublik Deutschland. Ist er in der Bundesrepublik Deutschland ansässig, liegt kein grenzüberschreitender Zahlungsvorgang vor, für den die Richtlinie und damit § 50g EStG nicht gilt. Für den Steuerabzug nach § 50a EStG ist das bedeutungslos, da dieser nur bei beschr. Steuerpflicht. eingreift. Es kann aber KapESt auf Zinsen entstehen. Erfolgt die Zahlung an eine Betriebsstätte, gilt wiederum ein doppelter EU-Bezug. Die Betriebsstätte muss in einem EU-Staat belegen sein, und zwar einem anderen EU-Staat als der Bundesrepublik Deutschland. Außerdem muss das Unternehmen, das die Betriebsstätte trägt (das Stammhaus), in einem EU-Staat ansässig sein, wobei dieser Ansässigkeitsstaat des Unternehmens die Bundesrepublik Deutschland oder ein anderer EU-Staat sein kann.[1]

Bei Betriebsstätten hat diese Definition des räumlichen Regelungsbereichs in Sonderfällen folgende Wirkungen. Ist die Betriebsstätte im EU-Ausland belegen, das Stammhaus aber in Deutschland ansässig, greift die Regelung ein, da nach dem Wortlaut des § 50g Abs. 1 S. 1 EStG in diesem Fall das Unternehmen in einem EU-Staat ansässig sein muss, nicht aber in einem "anderen" EU-Staat. Für die Abzugsteuer nach § 50a EStG hat dies keine Bedeutung, da der Empfänger der Zahlungen dann unbeschränkt stpfl. ist, der Steuerabzug also nicht eingreift. Bedeutung kann dies aber für die KapESt auf Zinsen haben. Ist umgekehrt die Betriebsstätte in Deutschland belegen, das Stammhaus aber in einem anderen EU-Staat ansässig, greift die Regelung nicht ein, da die Betriebsstätte in einem "anderen" EU-Staat als der Bundesrepublik belegen sein muss. Der Ausschluss von inländischen Betriebsstätten aus der Regelung des § 50g EStG wird in Abs. 1 S. 4 (Rz. 20) ausdrücklich wiederholt. § 50g EStG bewirkt in diesen Fällen also keine Entlastung von der Abzugsteuer. Das hat Bedeutung für den Steuerabzug nach § 50a EStG, da beschr. Steuerpflicht vorliegt und trotz Belegenheit der Betriebsstätte in Deutschland daher ein Steuerabzug vorzunehmen ist (§ 50a EStG Rz. 23), und für die KapESt auf Zinsen.

 

Rz. 19

Die Vorschrift ist also anwendbar, wenn der Gläubiger

  • entweder ein Unternehmen ist, das in einem anderen EU-Staat als der Bundesrepublik Deutschland ansässig ist,
  • oder eine Betriebsstätte ist, die in einem anderen EU-Staat als der Bundesrepublik Deutschland belegen ist, wenn das Trägerunternehmen ein EU-Unternehmen ist; ob es sich um ein Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland oder eines anderen EU-Staates handelt, ist dabei ohne Bedeutung.

Nicht begünstigt sind damit Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren

  • an die in einem EU-Staat belegene Betriebsstätte eines nicht in der EU ansässigen Unternehmens,
  • an eine nicht in einem EU-Staat belegene Betriebsstätte eines in einem EU-Staat ansässigen Unternehmens,
  • an ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiges Unternehmen,
  • an eine in der Bundesrepublik Deutschland belegene Betriebsstätte eines Unternehmens eines anderen EU-Staates.
 

Rz. 20

Diese Regelung ergibt sich bereits aus § 50g Abs. 1 S. 1 EStG. Sie wird aber in Abs. 1 S. 4 ausdrücklich wiederholt. Danach ist die Regelung nicht anwendbar, wenn die Zahlung an eine Betriebsstätte erfolgt, die in einem Drittstaat belegen ist, selbst wenn das Unternehmen, um dessen Betriebsstätte es sich handelt, in einem EU-Staat ansässig ist, und wenn die Betriebsstätte im Inland belegen ist. Im letzteren Fall handelt es sich um einen reinen "Inlandsfall", auf den die Vorschrift, die für grenzüberschreitende Zahlungen konzipiert ist, nicht anwendbar ist. Zur Ausdehnung auf Unternehmen der Schweizerischen Eidgenossenschaft vgl. Rz. 71ff.

[1] Dörr, IStR 2005, 109, 112.

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