Rz. 63

Die Regelung soll eine missbräuchliche Erschleichung der Erstattungs- und Freistellungsberechtigung aufgrund eines DBA oder einer EU-Richtlinie durch Zwischenschaltung einer im Wesentlichen funktionslosen Gesellschaft verhindern. Es soll ausgeschlossen werden, dass ein nach einem DBA oder einer EU-Richtlinie nicht entlastungsberechtigter Stpfl. eine Kapitalgesellschaft zwischen sich und den Schuldner der Dividenden oder Vergütungen in einem Staat schaltet, der für die Anwendung eines DBA oder einer EU-Richtlinie qualifiziert ist, und sich dadurch die Entlastungsberechtigung verschafft, die ihm bei unmittelbarem Bezug nicht zustünde ("Treaty Shopping" bzw. "Directive Shopping"). Es handelt sich also um eine spezielle Vorschrift zur Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen.[1]

 

Rz. 63a

Die Vorschrift gilt nur für die Freistellung oder Reduzierung der Steuer bei beschr. Steuerpflicht. Eine entsprechende Regelung für die unbeschränkte Steuerpflicht enthält weder Abs. 3 noch sonst eine steuerliche Vorschrift. Ein Abkommensmissbrauch durch unbeschränkt Stpfl. (z. B. zur Verschaffung der Anrechnung ausl. Steuern oder der Freistellung) fällt nicht unter Abs. 3.

 

Rz. 63b

Anlass für die Regelung war eine Entscheidung des BFH[2], aus der geschlossen wurde, dass § 42 AO auf beschr. Stpfl. nicht anwendbar sei. Der Gesetzgeber hielt es daher für notwendig, eine spezielle Missbrauchsregelung zu schaffen.

 

Rz. 63c

§ 50d Abs. 3 EStG ist eine besondere Ausgestaltung des allg. Verbots des Rechtsmissbrauchs nach § 42 AO. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 3 vor, brauchen die Voraussetzungen des § 42 AO nicht zusätzlich gegeben zu sein; § 50d Abs. 3 EStG verdrängt insoweit die allg. Bestimmungen des § 42 AO (Rz. 64c). Andererseits braucht das Verhalten des Stpfl. nicht über den Tatbestand des Abs. 3 hinaus missbräuchlich zu sein; Abs. 3 stellt typisierend den Missbrauch fest, sodass ein besonderer Nachweis des Missbrauchs oder einer Missbrauchsabsicht nicht erforderlich ist.

[1] BT-Drs. 16/2712, 60; Rz. 64c.

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