Rz. 8

Nach § 50c Abs. 1 S. 1 EStG ist der Steuerabzug vorzunehmen, auch wenn nach § 43b EStG, § 50g EStG, einem DBA oder § 44a Abs. 9 S. 1 EStG ein Ermäßigungsanspruch besteht. Der zum Steuerabzug Verpflichtete kann sich nicht auf den Ermäßigungsanspruch des Zahlungsempfängers berufen. Soweit ein Ermäßigungsanspruch nach DBA besteht, liegt hierin ein Treaty Override.[1]

Allerdings enthalten eine Reihe von DBA Regeln, die einen Steuerabzug ohne Berücksichtigung des Ermäßigungsanspruchs zulassen.[2]

Auch im Übrigen dürfte die Regelung international akzeptiert sein. Für den Fall, dass der Ermäßigungsanspruch auf einer EU-Richtlinie beruht, sieht der EuGH in der Regelung zwar einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV), oder die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV), beurteilt diesen Eingriff aber durch die Notwendigkeit der Sicherstellung der Steuererhebung als gerechtfertigt.[3] Der beschr. Stpfl. wird daher auf das Erstattungsverfahren (§ 50c Abs. 3 EStG) verwiesen, kann allerdings auch von dem Freistellungsverfahren (§ 50c Abs. 2 EStG), Gebrauch machen (zweistufiges Verfahren).

 

Rz. 9

Vor Inkrafttreten der entsprechenden Regelung hatte die Finanzverwaltung, insoweit ohne Rechtsgrundlage, die Auffassung vertreten, dass der Schuldner der Vergütung den Steuerabzug ohne Berücksichtigung des Entlastungsanspruchs vornehmen müsse. Der Gläubiger der Vergütung müsse die Entlastung im Freistellungs- oder Erstattungsverfahren geltend machen. Demgegenüber hatte der BFH entschieden, dass sich der inländische Vergütungsschuldner unmittelbar auf die Entlastung durch ein DBA berufen könne.[4]

Auch die Haftung nach § 44 Abs. 5 EStG, § 50a Abs. 5 EStG könne in Zweifel gezogen werden, wenn der Vergütungsschuldner den Steuerabzug in Übereinstimmung mit dem DBA bzw. der EU-Richtlinie vorgenommen habe und der Abzugsbetrag sofort erstattet werden müsse. Allerdings war diese Rspr. insofern nicht völlig überzeugend, als der Vergütungsschuldner weder Normadressat des DBA noch der EU-Richtlinie ist. Durch die Neuregelung in § 50c Abs. 1 EStG bzw. der Vorgängervorschrift § 50d Abs. 1 S. 1 EStG hat der Gesetzgeber diese Frage im Sinne der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden.

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