Rz. 134

Der Steuerabzug nach Nr. 1 oder Nr. 2 erfolgt nicht nur bei der ausführenden Person selbst, sondern auch bei Veranstaltern und anderen zwischengeschalteten Gesellschaften, unabhängig davon, ob Gesellschafter dieser zwischengeschalteten Gesellschaften die ausübenden Personen selbst oder Dritte sind, und auch unabhängig davon, ob diese Personen im Inland oder im Ausland ansässig sind. Der erforderliche Inlandsbezug wird dadurch hergestellt, dass eine Darbietung oder Verwertung im Inland erfolgt ist. Dies führt bei mehrstufigen Verhältnissen zur Verpflichtung zum Steuerabzug auf jeder Stufe.[1] Es kann daher zu einem "Kaskadeneffekt" kommen mit einem Steuerabzug bei Zahlungen des Vergütungsschuldners an die zwischengeschaltete Gesellschaft und einem Steuerabzug auf die Zahlungen von der zwischengeschalteten Gesellschaft an die ausübende Person ("Steuerabzug zweiter Stufe"). Da dem Steuerabzug grundsätzlich die Einnahmen, nicht die Einkünfte unterliegen, können bei dem Steuerabzug auf der "zweiten Stufe" die Vergütungen, für die auf der "ersten Stufe" ein Steuerabzug vorgenommen wurde, grundsätzlich nicht abgezogen werden. Dadurch kann es zu einer Überbesteuerung kommen.[2]

 

Rz. 135

Durch G. v. 19.12.2008[3] ist für Vergütungen, die nach dem 31.12.2008 zugeflossen sind, in Abs. 4 eine Regelung eingeführt worden, die diese Überbesteuerung verhindern soll. Dabei gilt S. 1 für alle Fälle des Steuerabzugs auf der zweiten Stufe, während S. 2 eine Sonderregelung für Fälle vorsieht, in denen es zu einer Minderung der Abzugsteuer auf der ersten Stufe gekommen ist.[4]

 

Rz. 136

Die Regelung des § 50a Abs. 4 S. 1 EStG richtet sich an den Vergütungsgläubiger der ersten Stufe, der seinerseits Vergütungsschuldner der zweiten Stufe ist. Die Vorschrift geht davon aus, dass auf der ersten Stufe der Steuerabzug nach den Einnahmen als Bemessungsgrundlage vorgenommen worden ist. Diese Einnahmen auf der ersten Stufe können wirtschaftlich aufgespalten werden in eine Vergütung für den Vergütungsgläubiger der ersten Stufe und den Vergütungsgläubiger der zweiten Stufe, an den dieser Teil der Einnahmen von dem Vergütungsgläubiger der ersten Stufe weitergeleitet wird. Wirtschaftlich haben daher durch den Steuerabzug auf der ersten Stufe sowohl die Vergütung an den Vergütungsgläubiger der ersten Stufe als auch die Vergütung an den Vergütungsgläubiger der zweiten Stufe dem Steuerabzug unterlegen. Würde auf der zweiten Stufe der Steuerabzug durchgeführt, hätte die dem Vergütungsgläubiger auf der zweiten Stufe zustehende Vergütung wirtschaftlich doppelt dem Steuerabzug unterlegen. Um dies zu verhindern, bestimmt Abs. 4 S. 1, dass der Vergütungsgläubiger der ersten Stufe bei Zahlung der Vergütung auf der zweiten Stufe den Steuerabzug auf dieser zweiten Stufe unterlassen kann, wenn auf der ersten Stufe der Steuerabzug erfolgt ist. Damit wird das gleiche Ergebnis erreicht, als wenn die Vergütung der zweiten Stufe auf der ersten Stufe als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von der Bemessungsgrundlage abgezogen worden wären.

 
Praxis-Beispiel

Absehen vom Steuerabzug auf der zweiten Stufe

Eine niederländische Agentur zur Vermarktung von Künstlern schließt mit einer inländischen Konzertdirektion einen Vertrag über den Auftritt von Konzertmusikern im Inland. Als Vergütung werden 50.000 EUR vereinbart. In dem Verhältnis der Konzertdirektion zu der niederländischen Agentur wird der Steuerabzug auf 50.000 EUR vorgenommen (Steuerabzug erster Stufe). Zahlt die Agentur 40.000 EUR an die Künstler als Honorar weiter, wäre auch hier der Steuerabzug vorzunehmen (Steuerabzug zweiter Stufe). In diesem Fall wäre der Steuerabzug auf einen Betrag von 40.000 EUR doppelt vorgenommen worden. Um dies zu vermeiden, kann die niederländische Agentur den Steuerabzug auf der zweiten Stufe unterlassen. Die Vergütung der zweiten Stufe wird im Ergebnis damit dem Steuerabzug bereits auf der ersten Stufe unterworfen. Wirtschaftlich wird damit das gleiche Ergebnis erreicht, als wenn auf der ersten Stufe die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug um die Betriebsausgaben der Agentur, nämlich 40.000 EUR, gemindert, der Steuerabzug also nur von einem Betrag von 10.000 EUR vorgenommen worden wäre.

 

Rz. 137

Von dem Steuerabzug auf der zweiten Stufe darf nur abgesehen werden, wenn auf der ersten Stufe der Steuerabzug in Höhe des Abzugsteuersatzes nach § 50a Abs. 2 EStG tatsächlich erfolgt ist. Das bedeutet, dass auf der ersten Stufe der Steuerabzug mit 15 % durchgeführt worden sein muss. Auf der ersten Stufe kann der Steuerabzug unterblieben sein, weil insoweit ein DBA anzuwenden ist und der Vergütungsgläubiger eine Freistellungsbescheinigung vorlegt, oder weil der Vergütungsgläubiger eine ausländische Kapitalgesellschaft ist und er daher mangels einer inländischen Betriebsstätte nicht der beschr. Steuerpflicht unterliegt.[5] In diesem Fall muss auf der zweiten Stufe der Steuerabzug durchgeführt werden, weil sonst der Vergütungsgläubiger der zweiten Stufe von dem auf die erste Stufe a...

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