Rz. 472

Verbindlichkeiten sind zu passivieren, wenn sie zum Betriebsvermögen gehören.

Ob eine Verbindlichkeit zum Betriebsvermögen gehört, ist grundsätzlich nach den gleichen Grundsätzen zu entscheiden, die bei der Abgrenzung des aktiven Betriebsvermögens vom Privatvermögen gelten, vgl. § 4 Rz. 18ff. Verbindlichkeiten gehören zum Betriebsvermögen, wenn der Entstehungsgrund der Verbindlichkeit dem betrieblichen Bereich zuzuordnen ist, insbesondere das Handeln, das zu ihrer Entstehung geführt hat, betrieblich veranlasst war. Nach welchen Kriterien sich die betriebliche Veranlassung im Einzelnen richtet, ist je nach Art der Verbindlichkeit unterschiedlich. Bei Zahlungsverpflichtungen aus gegenseitigen Verträgen kommt es darauf an, ob die erhaltene Leistung dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist.

Bei Schadensersatzverpflichtungen ist maßgebend, ob das schädigende Ereignis eine ausreichende Betriebsnähe ausweist. Die betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn die schädigende Handlung im Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit steht. Das ist immer der Fall, wenn die Handlung objektiv mit dem Betrieb zusammenhängt und subjektiv diesem Betrieb zu dienen bestimmt war. Diente die Handlung der Erzielung, Sicherung oder Erhaltung von Betriebseinnahmen, liegt regelmäßig eine betriebliche Veranlassung der daraus resultierenden Schadensersatzverpflichtung vor. Dabei ist es ohne Bedeutung, auf welche Haftungsnorm der Anspruch gestützt wird. Daher kann auch eine Schadensersatzverpflichtung wegen Verstoßes gegen ein Strafgesetz oder wegen vorsätzlicher sittenwidriger Handlung[1] betrieblich veranlasst sein.[2] Eine Schadensersatzverbindlichkeit, die daraus resultiert, dass der Stpfl. als beherrschender Gesellschafter und einziger Geschäftsführer einer GmbH die Gläubiger der GmbH dadurch geschädigt hat, dass er ohne Rücksicht auf die Zahlungsfähigkeit der GmbH Zahlungen (Provisionen) an sein Einzelunternehmen leistete, ist deshalb betriebliche Verbindlichkeit des Einzelunternhnehmens, nicht etwa Privatschuld des Stpfl. aus seiner Geschäftsführertätigkeit (BFH v. 5.3.2003, a. a. O.; zur Haftung des Geschäftsführers vgl. § 9 Rz. 244 "Geschäftsführer").

Bei Finanzierungsschulden entscheidet der tatsächliche Verwendungszweck der Finanzierungsmittel über die betriebliche Veranlassung (s. Rz. 474ff.).

 

Rz. 473

Verbindlichkeiten können immer nur notwendiges Betriebsvermögen sein. Sind die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen nicht gegeben, so kann der Stpfl. die Verbindlichkeit nicht durch eine bloße Willensentscheidung in das (gewillkürte) Betriebsvermögen einbeziehen (BFH v. 4.7.1990, GrS 2–3/88, BStBl II 1990, 817; BFH v. 2.3.1993, VIII R 47/90, BStBl II 1994, 619; § 4 Rz. 110ff.). Die Feststellungslast für das Vorliegen der betrieblichen Veranlassung trägt – in gleicher Weise wie bei den Betriebsausgaben[3] – der Stpfl. Verbindlichkeiten, deren betriebliche Veranlassung der Stpfl. nicht nachweisen kann, dürfen in der Steuerbilanz nicht erfasst werden, weil sie nicht zum (steuerlichen) Betriebsvermögen gehören.

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