Rz. 147a

Sanierungsgewinne entstehen, wenn sich das Betriebsvermögen aufgrund eines Schuldenerlasses zum Zwecke der Sanierung erhöht. Durch Ausbuchung der Verbindlichkeiten, auf die der Gläubiger im Zuge von Sanierungsmaßnahmen verzichtet, realisiert das Unternehmen grundsätzlich einen Gewinn,[1] dessen steuerliche Behandlung längere Zeit strittig war. Nach der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG im Jahr 1997, der eine Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen gesetzlich kodifizierte, nahm die Finanzverwaltung für unter bestimmten Voraussetzungen (i. d. R. das Vorliegen eines Sanierungsplans) begünstigte Sanierungsgewinne eine Steuerstundung und ggf. einen Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen vor. Vorrangig waren diese Gewinne jedoch mit vorhandenen Verlusten zu verrechnen.[2] Aufgrund einer Vorlagefrage hatte sich der Große Senat des BFH mit dieser Praxis der Finanzverwaltung zu beschäftigen und kam zu dem Ergebnis, dass der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzesmäßigkeit der Verwaltung verstößt.[3] Nach Auffassung des GrS könne die Entscheidung nach Erleichterungen für in der Sanierung befindliche Unternehmen nicht im Ermessen der Finanzverwaltung liegen, die sich insoweit in gesetzgebender Weise betätigt habe, sondern obliege lediglich dem Gesetzgeber selbst. Letzterer hat daher mit der Schaffung des neuen § 3a EStG[4] reagiert, der erneut eine Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne in das Gesetz aufnimmt. Diese wurde mit einem umfangreichen Katalog an Verlustverrechnungsvorschriften versehen, die zu einem großflächigen Untergang von bestehenden Verlusten in Verbindung mit der Steuerbefreiung führen.

Die Tatsache, dass eine gesetzliche Neuregelung vorgenommen wurde, ist grundsätzlich zu begrüßen. Das Gesetz steht jedoch zunächst noch unter dem Vorbehalt, dass die EU Kommission dieses nicht als Beihilfe oder eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe ansieht, und lässt einige weitere Fragen offen.[5] Das Problem des Vertrauensschutzes für Altfälle wurde durch die Finanzverwaltung (zunächst) gelöst.[6]

Allerdings hat der BFH entschieden. dass auch die Übergangsregelungen des BMF v. 27.4.2017 gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen.[7] Ein Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne, die vor dem 8.2.2017 entstanden sind, ist daher nicht aufgrund des Sanierungserlasses möglich, sondern nur bei individuell nachgewiesener Unbilligkeit (§ 163 AO).[8]

[2] BMF v. 27.3.2003, IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl I 2003, 240, sog. "Sanierungserlass"; erweitert durch BMF v. 22.12.2009, IV C 6 – S 2140/07/10001-01, BStBl I 2010, 18. Damit sollte ein Zielkonflikt mit der 1999 in Kraft getretenen InsO beseitigt werden.
[4] G. v. 27.6.2017, BStBl I 2017, 2074.
[5] Kahlert/Schmidt, DStR 2017, 1897.
[8] Schmittmann, StuB 2017, 867; Weiss, StuB 2018, 94; Sedlitz, DStR 2017, 2785; OFD Frankfurt/M. v. 21.11.2017, S 2140 A-4-St 213.

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