rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Berücksichtigung eines nach einem Planinsolvenzverfahren entstandenen Sanierungsgewinns des Insolvenzschuldners

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verbindlichkeiten sind dann nicht – mehr – zu passivieren, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass sie nicht erfüllt werden müssen.

2. Das ist für Verbindlichkeiten, die dem Insolvenzschuldner im Rahmen eines Planinsolvenzverfahrens erlassen werden, bereits vor dem Bilanzstichtag der Fall, wenn noch vor dem Bilanzstichtag Gläubiger und Schuldner dem Erlass zugestimmt haben, das zuständige Amtsgericht den Insolvenzplan durch Beschluss bestätigt hat und auch die zweiwöchige Notfrist zur Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen diesen Beschluss nach § 253 InsO noch vor dem Bilanzstichtag abgelaufen ist. Der Sanierungsgewinn entsteht in diesem Fall auch dann noch im laufenden Wirtschaftsjahr, wenn erst im folgenden Wirtschaftsjahr der Insolvenzplan formell rechtskräftig und das Insolvenzverfahren vom Amtsgericht förmlich aufgehoben wird.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4; InsO §§ 248, 254 Abs. 1, § 253

 

Tenor

Die Bescheide über Körperschaftsteuer 2010, gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2010, Gewerbesteuermessbetrag 2010 sowie gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2010, sämtlich vom 29. Juni 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidungvom 2. Juli 2014 werden dahingehend geändert, dass ein Sanierungsgewinn in Höhe von 2.394.851 Euro zu berücksichtigen ist.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Zeitpunkt der Berücksichtigung eines nach einem Planinsolvenzverfahren entstandenen Sanierungsgewinns.

Über das Vermögen der Klägerin wurde am 1. Juni 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet, weil sie zahlungsunfähig und überschuldet war.

Der Insolvenzplan, der vorsah, dass die Gläubiger der Gruppe 1 vollständig und die Gläubiger der Gruppen 2 bis 5 auf 97 % ihrer festgestellten Forderungen verzichteten, wurde am 16. Dezember 2010 erörtert und von der Gläubigerversammlung angenommen. Die Klägerin stimmte ihm am selben Tag zu. Ebenfalls am 16. Dezember 2010 bestätigte das Amtsgericht den Insolvenzplan durch Beschluss.

Am 19. Januar 2011 hob das Amtsgericht B… das Insolvenzverfahren auf. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22. Februar 2011 wurde die Gesellschaft fortgesetzt.

Die Klägerin setzte den sich aus den Forderungsverzichten ergebenden Sanierungsgewinn für das Jahr 2010 an. Das seinerzeit für die Klägerin zuständige Finanzamt C… (FA) veranlagte sie erklärungsgemäß. Gegen die Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein mit dem Ziel, geänderte Festsetzungen ohne die Anwendung der Beschränkung des Verlustabzuges nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) bzw. § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zu erlangen. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens kam das FA zu der Auffassung, dass der Sanierungsgewinn nicht im Jahre 2010, sondern im Jahre 2011 anzusetzen sei. Es änderte die Steuerfestsetzungen daher insoweit.

Die Klägerin macht geltend, dass der Sanierungsgewinn bereits im Jahr 2010 zu berücksichtigen sei. Im Dezember 2010 sei der Insolvenzplan von der Gläubigerversammlung angenommen worden, auch die Schuldnerin habe ihm zugestimmt und das zuständige Amtsgericht habe ihn bestätigt. Damit seien inhaltliche Veränderungen, insbesondere eine Veränderung hinsichtlich der Quote, bereits im Zeitpunkt der Gläubigerversammlung am 16. Dezember 2010 ausgeschlossen gewesen. Die Voraussetzungen für den Wegfall ihrer, der Klägerin, Verbindlichkeiten hätten damit vorgelegen. Lediglich der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens datiere vom 19. Januar 2011. Dieser Beschluss sei der Eintragung einer neu gegründeten GmbH in das Handelsregister vergleichbar; letztere wirke auf den Zeitpunkt des Notartermins zurück. Es handele sich um eine wertaufhellende Tatsache.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer 2010, gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2010, Gewerbesteuermessbetrag 2010 sowie gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2010, sämtlich vom 29. Juni 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2014 dahingehend zu ändern, dass ein Sanierungsgewinn in Höhe von 2.394.851 Euro berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA trug dazu vor, dass im Falle eines Planinsolvenzverfahrens der Sanierungsgewinn erst nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolv...

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