Rz. 98

Für die praktische Anwendung von § 4j EStG ist die Frage der Beweislast von ausschlaggebender Bedeutung. § 4j EStG trifft keine Aussage darüber, wer die Beweislast darüber zu tragen hat, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm (insbesondere Niedrigbesteuerung der Lizenzeinnahmen des nahestehenden Lizenzgebers aufgrund einer Lizenzbox-Regelung) erfüllt sind. Daher kommen die allgemeinen Regelungen über die Beweislast zur Anwendung. Hiernach trägt der Stpfl. grundsätzlich die objektive Beweislast für steuerentlastende oder steuermindernde Tatsachen, während die Finanzverwaltung die Beweislast für steuerbegründende und steuererhöhende Tatsachen trägt.[1] Die allgemeine Beweislast für den Betriebsausgabenabzug liegt damit grundsätzlich beim Stpfl. Dieser muss die betriebliche Veranlassung sowie die Höhe der Lizenzaufwendungen nachweisen.[2] Dies sollte aber für den Stpfl. in der Regel problemlos sein (etwa durch die Vorlage des den Betriebsausgaben zugrunde liegenden Lizenzvertrags). Das (Teil-)Abzugsverbot nach § 4j Abs. 1 S. 1 u. 2 EStG ist jedoch eine Ausnahme vom Grundsatz des steuermindernden Betriebsausgabenabzugs, weswegen die Finanzverwaltung die Beweislast für das Vorliegen der steuererhöhenden Tatbestandsvoraussetzungen der Norm tragen sollte.[3]

So sieht die Finanzverwaltung die Beweislast für das Vorliegen einer Präferenzregelung nach § 4j Abs. 1 S. 1 EStG richtigerweise bei sich angesiedelt. Dabei will sie auf die vom "Forum on Harmful Tax Practices (FHTP)" bereitgestellten Reviews zum Nachweis einer Präferenzregelung zurückgreifen.[4] Die Finanzverwaltung sollte im Grundsatz jedoch nicht nur die Beweislast für das Vorliegen einer Präferenzregelung i. S. d. § 4j Abs. 1 S. 1 EStG treffen, sondern auch darüber, ob die korrespondierenden Lizenzeinnahmen tatsächlich auch dieser Präferenzregelung unterliegen. Denn beide Tatbestandmerkmale sind steuererhöhende Tatsachen. Allerdings könnte die Beweislast dafür, dass die Lizenzeinnahmen des Lizenzgebers einer OECD-konformen Lizenzbox-Regelung nach § 4j Abs. 1 S. 4 EStG unterliegen, wiederum beim Stpfl. anzusiedeln sein, da § 4j Abs. 1 S. 4 EStG gesetzestechnisch als steuerentlastende Ausnahme zu § 4j Abs. 1 S. 1 u. 2 EStG konzipiert ist.[5] Damit würde die Beweislast für den uneingeschränkten Betriebsausgabenabzug letztlich wieder auf den Stpfl. zurückfallen.[6] Hiervon geht auch die Finanzverwaltung aus.[7] Nachteilig wirkt die Beweislast für den Stpfl. insbesondere in Fällen, in denen die (fehlende) Nexus-Konformität der ausl. Präferenzregelung nicht durch das "Forum on Harmful Tax Practices (FHTP)" der OECD geprüft bzw. festgestellt worden ist. Hier muss er den Nachweis, dass die Lizenzzahlung der Nexus-konformen Regelung unterlegen hat, anhand geeigneter Unterlagen erbringen (Bestätigung der ausl. Finanzbehörde). Das gilt auch bei zeitgleichem Bestehen sowohl Nexus-konformer als auch nicht Nexus-konformer Präferenzregelungen im selben Staat.

 

Rz. 99

Unabhängig von der Frage über die Verteilung der allgemeinen Beweislast erscheint es wohl möglich, dass der Stpfl. aufgrund der Sachaufklärungs- und Beweismittelbeschaffungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO dazu verpflichtet werden kann, die erforderlichen Nachweise für die Inanspruchnahme einer OECD-konformen Lizenzbox-Regelung zu erbringen.[8]

Hiervon geht auch die Finanzverwaltung aus, die bei der Prüfung der Abzugsbeschränkung, den Stpfl. dazu verpflichtet, die für die Prüfung im Einzelfall erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Anderenfalls könne die Finanzbehörde ggf. nachteilige Schlüsse für den Stpfl. auch solcher Tatsachen ziehen, für welche die Finanzverwaltung grundsätzlich die Beweislast trage.[9] Die Sachaufklärungs- und Beweismittelbeschaffungspflicht nach § 90 Abs. 2 S. 1 u. S. 2 AO betrifft zwar Sachverhalte aus einer Sphäre, die allenfalls dem Stpfl. zugänglich ist (nicht aber der Finanzverwaltung).[10] Ob jedoch die Entscheidung des Lizenzgebers, die Einnahmen einer (OECD-konformen) Lizenzbox-Regelung zu unterwerfen, wirklich noch der Sphäre des Stpfl. zugerechnet werden kann und ob hieraus auch tatsächlich eine Nachweispflicht für den Stpfl. erwachsen kann, darf zumindest im Einzelfall bezweifelt werden.

 

Rz. 100

Zudem muss der Stpfl. nach § 90 Abs. 2 S. 4 AO die bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und bereits bei der Gestaltung der (rechtlichen) Verhältnisse Beweisvorsorge treffen (Beweisvorsorgepflicht).[11] Die Beweisvorsorgepflicht nach § 90 Abs. 2 S. 4 AO steht aber unter dem Vorbehalt tatsächlicher und rechtlicher Unmöglichkeit, an der es etwa mangeln kann, wenn der ausländische Vertragspartner die Kooperation verweigert und der Stpfl. (etwa mangels Mehrheitsbeteiligung am Lizenzgeber) über keine Verhandlungsmacht verfügt, sich Beweismittel sichern zu lassen.[12] Inwieweit der deutsche Stpfl. im konkreten Einzelfall tatsächlich über die erweiterten Mitwirkungspflichten zur Informationsbeschaffung herangezogen werden kann, bleibt zu hinterfra...

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