Rz. 6

Normativ ist § 4j EStG unter den Gewinnermittlungsvorschriften (§§ 4-7i EStG) verortet. Als Gewinnermittlungsvorschrift gilt das Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 4j EStG für Stpfl., die Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG erzielen.

Über den Verweis in § 9 Abs. 5 S. 2 EStG gilt § 4j EStG auch im Rahmen der Überschusseinkünfte.

Das (Teil-)Abzugsverbot für Lizenzaufwendungen nach § 4j EStG gilt für unbeschränkt und beschr. Stpfl. und über § 8 Abs. 1 KStG auch für Körperschaften.

 

Rz. 7

§ 4j EStG soll Lizenzbox-Regelungen, die nicht dem OECD-Nexus-Ansatz entsprechen, entgegenwirken. § 4j EStG greift die Anforderungen des Nexus-Ansatzes auf, der von der OECD für die Steuerbegünstigung der Einkünfte aus geistigem Eigentum beim Lizenzgeber entwickelt worden ist, und verlagert diese auf die Ebene des Lizenznehmers. Denn während der OECD-Nexus-Ansatz die Bedingungen für die Steuerbegünstigung auf Einnahmenseite vorgibt, verwendet § 4j EStG die durch den Nexus-Ansatz festgelegten Vorgaben als Bedingung für die Vornahme des steuermindernden Abzugs der Lizenzzahlungen beim Lizenznehmer.

 

Rz. 8

§ 4j EStG soll die Abzugsfähigkeit von konzerninternen Lizenzzahlungen, die in eine schädliche Lizenzbox fließen, beschränken. Da Deutschland derzeit über keinerlei Lizenzbox-Regelung verfügt, erfasst § 4j EStG praktisch nur konzerninterne Lizenzzahlungen an ausl. Lizenzboxen.

 

Rz. 9

Ausweislich der Gesetzesbegründung soll das Ziel der Abzugsbeschränkung nach § 4j EStG die Sicherstellung einer fairen Besteuerung sein. Der steuermindernde Abzug von Aufwendungen für Rechteüberlassungen an nahestehende Personen soll nicht oder nur eingeschränkt möglich sein, wenn die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger aufgrund eines als schädlich einzustufenden Präferenzregimes, das nicht dem OECD-Nexus-Ansatz entspricht und daher keine wesentliche Geschäftstätigkeit des Empfängers voraussetzt, nicht oder nur niedrig besteuert werden.[1] Steuern sollen jedoch dem Staat zustehen, in dem die der Wertschöpfung zugrunde liegende Aktivität stattfindet, und nicht dem Staat, der den höchsten Steuerrabatt bietet.[2]

 

Rz. 10

Durch § 4j EStG sollen Besteuerungsinkongruenzen verhindert werden.[3] Verhindert werden sollen also sog. weiße Lizenzeinkünfte, die dadurch entstehen, dass dem Schuldner der Lizenzzahlungen der steuermindernde Abzug der Lizenzaufwendungen uneingeschränkt zusteht, während der Gläubiger der Lizenzzahlungen von der Nicht- bzw. Niedrigbesteuerung der Lizenzeinnahmen profitiert. Eine inkongruente Besteuerung der Lizenzzahlung soll aber weiterhin gebilligt werden, wenn die (Nicht- oder) Niedrigbesteuerung entweder aus dem allgemeinen (niedrigen) Besteuerungsniveau oder aber aufgrund einer OECD-konformen Lizenzbox-Regelung resultiert. Das (Teil-)Abzugsverbot nach § 4j EStG soll – dem Gedanken der korrespondierenden Besteuerung folgend – eine angemessene Steuerwirkung der Lizenzaufwendungen sicherstellen. Eine uneingeschränkte Abzugsfähigkeit der Lizenzaufwendungen soll nur erlaubt sein, wenn die korrespondierenden Lizenzeinnahmen einem als angemessen erachteten Besteuerungsniveau ausgesetzt sind.[4] Konzeptionell setzt § 4j EStG daher den Gedanken eines (internationalen) Korrespondenzprinzips um, da die Regelung den steuermindernden Abzug von Lizenzaufwendungen beim (deutschen) Lizenznehmer von einer ausreichenden Steuerbelastung der Lizenzeinnahmen beim (ausländischen) Lizenzgeber abhängig macht. Die Besteuerungsfolgen beim Lizenznehmer werden mit der steuerlichen Belastung beim Lizenzgeber verknüpft (sog. linking rule).[5]

 

Rz. 11

§ 4j EStG stellt eine "einseitige nationale Abwehrmaßnahme"[6] Deutschlands bei der Bekämpfung schädlicher Lizenzbox-Regelungen dar, denn auf OECD-Ebene ist keine Einigung über die Einführung einer Abzugsbeschränkung erfolgt, sondern nur über die Anpassung der nationalen Lizenzbox-Regelungen an OECD-Standards.

 

Rz. 12

Mitunter wird § 4j EStG in Anlehnung an die sog. Zinsschranke nach § 4h EStG als Lizenzschranke bezeichnet. Unter systematischen Gesichtspunkten scheint dies jedoch verfehlt, da die Gesetzestechnik von § 4j EStG nichts mit derjenigen von § 4h EStG gemeinsam hat. Tatbestandsstrukturen und Wirkungsweise stimmen nicht überein. Insbesondere ist das (Teil-)Abzugsverbot nach § 4j EStG definitiv und führt im Gegensatz zu § 4h EStG nicht nur zu einer temporären Aufschiebung des Betriebsausgabenabzugs.[7]

 

Rz. 13

Anstelle der Versagung des Betriebsausgabenabzugs beim Lizenznehmer hätte die Sicherstellung des (deutschen) Besteuerungsaufkommens bzw. einer ausreichenden Steuerbelastung der Lizenzzahlungen alternativ beim ausl. Lizenzgeber erfolgen können, etwa durch schärfere Voraussetzungen für die Abstandnahme vom Quellensteuerabzug auf Lizenzzahlungen nach § 50a EStG.[8] Denkbar wäre hier insbesondere, dass Deutschland als Quellenstaat den in Art. 12 Abs. 1 OECD-MA kodifizierten Verzicht auf das Besteuerungsrecht an den Lizenzeinnahmen durch eine einzelstaatliche Regelung insofern überschreibt, als der...

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