Rz. 67

Der Stpfl. hat gem. § 4g Abs. 5 S. 1 EStG unabhängig von der Gewinnermittlungsart der Finanzbehörde "unverzüglich" "die Entnahme" oder ein Ereignis i.  S.  d. Abs. 2 (Ersatzrealisationstatbestände) anzuzeigen.

Unverzüglich war grundsätzlich bis zur Änderung der Regelung mit dem ATADUmsG in diesem Zusammenhang im Einklang mit § 121 Abs. 1 S. 1 BGB auszulegen. Dies bedeutet, die Anzeige hat "ohne schuldhaftes Zögern" innerhalb von 14 Tagen ab Kenntnisnahme des Stpfl. zu erfolgen. Nach Anfügung des § 4g Abs. 5 S. 3 EStG gilt allerdings eine erhebliche Erleichterung für den Stpfl. (Rz. 70).

Der Verweis auf die Entnahme ist notwendig, da das Wirtschaftsgut bei Überführung bereits fiktiv entnommen wurde. Sachlogisch kann es deshalb nicht noch einmal entnommen werden. Tatsächlich ist eine Entnahme jedoch möglich, da die Entstrickungsentnahme gerade fiktiv und nicht realiter erfolgt.

Darüber hinaus ist der Eintritt eines Ersatzrealisationstatbestands der Finanzbehörde anzuzeigen. Dies ergibt sich vor dem Hintergrund der fehlenden sachlichen Zuständigkeit der deutschen Behörden für Vorgänge im Ausland. Das "Schicksal" des Wirtschaftsguts bleibt der Behörde insoweit "verborgen" und muss mithin durch den Stpfl. offengelegt werden.

Die Anzeigepflicht erstreckt sich nur auf solche Wirtschaftsgüter, für die ein Ausgleichsposten gem. § 4g Abs. 1 EStG gebildet wurde.

 

Rz. 68

Den Stpfl. treffen allgemein die Mitwirkungspflichten des § 90 Abs. 1 AO, wonach sämtliche für die Besteuerung erheblichen Tatbestände offenzulegen und ggf. bekannte Beweismittel anzugeben sind. Da es sich bei der Überführung von Wirtschaftsgütern um Sachverhalte mit Auslandsbezug handelt, gilt zudem die erweiterte Mitwirkungspflicht des § 90 Abs. 2 AO sowie die besondere Dokumentationspflicht des § 90 Abs. 3 AO (Betriebsstätten sind gem. § 90 Abs. 3 S. 4 AO explizit in den Anwendungsbereich der Vorschrift mit einbezogen), deren Besonderheiten sich aus der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsvereinbarung[1] sowie der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung[2] ergeben. Diese Regelungen gelten jeweils unabhängig von einer Inanspruchnahme des § 4g EStG.

 

Rz. 69

§ 4g Abs. 5 S. 2 EStG normiert in diesem Zusammenhang, dass der Ausgleichsposten aufzulösen ist, sofern der Stpfl. gegen die Anzeigepflicht des § 4g Abs. 5 S. 1 EStG, gegen die besonderen Aufzeichnungspflichten in Fällen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gem. § 4g Abs. 4 S. 2 bis 4 EStG oder den Mitwirkungspflichten gem. § 90 AO verstößt. Dabei soll sich die Auflösung jeweils bezogen auf einzelne Wirtschaftsgüter ergeben.

Die Regelung bezieht sich erkennbar nur auf Wirtschaftsgüter, für die ein Ausgleichsposten gebildet wurde. Verstößt der Stpfl. gegen die Mitwirkungspflichten des § 90 AO in einem anderen Zusammenhang und sind überführte Wirtschaftsgüter, für die ein Ausgleichsposten besteht, nicht betroffen, ist der jeweilige Ausgleichsposten nicht aufzulösen. Ansonsten wäre die Betrachtung bezogen auf das jeweils einzelne Wirtschaftsgut verletzt.

Weitere Strafen ergeben sich aus der Regelung nicht, ggf. aber nach anderen Vorschriften. Obwohl nicht explizit im Gesetz genannt, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass eine Auflösung im Zeitpunkt des Verstoßes erfolgen muss (keine rückwirkende Auflösung). Da der Stpfl. die Einhaltung der Vorschriften selbst beeinflussen kann, besteht z. T. ein faktisches Wahlrecht zur Sofortauflösung des Postens. Dieses kann insbesondere dann vorteilhaft sein, wenn die Auflösung zu einer zeitnahen Verlustnutzung im Inland beiträgt.

 

Rz. 70

Mit G. v. 25.6.2021[3] hat der Gesetzgeber § 4g Abs. 5 S. 3 EStG angefügt und sinngemäß auf § 36 Abs. 5 S. 8 EStG verwiesen. Nach dieser Vorschrift kann die Anzeige des Eintritts eines Ereignisses, das zur Auflösung des Ausgleichspostens führt, auch im Rahmen der Steuererklärung des Stpfl. erfolgen, sofern der Stpfl. einer Erklärungspflicht unterliegt. Insoweit hat dann keine "unverzügliche" Anzeige des Ereigniseintritts zu erfolgen, vielmehr kann dies mit einer erheblichen Verzögerung im Rahmen der Steuererklärung stattfinden. Administrativ ist die Regelung eine zu begrüßende Erleichterung für den Stpfl. , da insoweit kein gesondertes "ad-hoc Meldesystem" implementiert werden muss, damit der Stpfl. seinen Pflichten nachkommen kann.

[1] GAufzV v. 13.11.2003, BGBl I 2003, 2296, geändert durch Art. 7 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 26.6.2013, BGBl I 2013, 1809, geändert aufgrund der Neufassung des § 90 Abs. 2 AO durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes v. 20.12.2016,BGBl I 2016, 3000, s. GAufzV v. 12.7.2017, BGBl I 2017, 2367.
[2] Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung v. 13.10.2014, BGBl I 2014, 1603, geändert durch Art. 5 Vierte VO zur Änderung steuerlicher Verordnungen v. 12.7.2017, BGBl I 2017, 2360, zuletzt geändert durch Art. 7 Abs. 21 des G. v. 12.5.2021, BGBl I 2021, 990,.
[3] BGBl I 2021, 2035.

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