Rz. 51

Nach alter Rechtslage bestand eine besondere Regelung für die erfolgsneutrale Auflösung des Ausgleichspostens, sofern das betroffene Wirtschaftsgut innerhalb der tatsächlichen Nutzungsdauer ins Inland rücküberführt wurde. Art. 5 Abs. 7 ATAD sieht hingegen eine Ausnahmeregelung für lediglich vorübergehende Überführungen vor. Der Gesetzgeber hat für die dort genannte Regelung allerdings keinen praktischen Anwendungsbereich gesehen und daher auf eine Aufnahme in das Gesetz verzichtet.[1]

Bei der Rückführung des Wirtschaftsguts ist mithin kein besonderer Wert mehr anzusetzen, vielmehr gilt für die Bewertung § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG zum Teilwert bzw. den in der Vorschrift genannten Werten. Der Ausgleichsposten ist im Gegensatz zur alten Rechtslage bei Rückführung auch nicht aufzulösen, sondern kann unter den weiteren Voraussetzungen der Vorschrift fortgeführt werden.

 

Rz. 52

§ 52 Abs. 8a EStG enthält eine Anwendungsregelung lediglich für § 4g Abs. 1 EStG. Dies bedeutet, dass § 4g Abs. 3 EStG mit Verkündung des ATADUmsG im BGBl am 25.6.2021 aufgehoben worden ist. Für Wirtschaftsjahre, die vor dem 25.6.2021 enden, gilt mithin noch § 4g Abs. 3 EStG a. F., wohingegen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 25.6.2021 enden, bereits die aktuelle Rechtslage anzuwenden ist. Der in § 4g Abs. 3 EStG a. F. genannte 5-Jahres-Zeitraum, innerhalb dessen das Wirtschaftsgut zurückzuführen ist, damit der spezielle Verstrickungswert anzusetzen ist, bezeichnet 5 Zeitjahre, d.  h. die Frist ist auf den Tag genau zu berechnen.[2] Die Regelung des § 4g Abs. 3 a. F. ist noch auf Rücküberführungen von Wirtschaftsgütern anzuwenden, die spätestens am 25.6.2016 verlagert worden sind, und das Wirtschaftsjahr der Rücküberführung vor dem 25.6.2021 endet. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich daher auf noch offene Vz, in denen die alte Fassung noch galt. Ob der für das zurück überführte Wirtschaftsgut gebildete Ausgleichsposten bereits aufgrund einer Regelung des § 4g Abs. 2 EStG aufgelöst wurde, ist insoweit unerheblich, da es nicht Voraussetzung des Ansatzes des speziellen Verstrickungswerts ist, dass der Ausgleichsposten bei Rückführung noch besteht. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik der Vorschrift, da dem besonderen Verstrickungswert die Auflösungsbeträge gem. "Abs. 2 und Abs. 5 S. 2" (a. F.) der Vorschrift zuzurechnen sind. Wäre vom Gesetzgeber eine Begrenzung auf die Fälle gewollt, in denen ein Ausgleichsposten noch besteht, müsste dies entsprechend geregelt sein, da die Erfüllung der Ersatzrealisationstatbestände des § 4g Abs. 2 S. 2 Nr. 1 bis 3 EStG a. F. und insbesondere die Verletzung der Mitwirkungspflicht gem. Abs. 5 S. 2 EStG a. F. zur vollständigen Auflösung des Ausgleichspostens führen. Die anders lautende Auffassung[3] widerspricht insoweit dem eindeutigen Wortlaut der Regelung und ist als unzutreffend abzulehnen.

 

Rz. 53

Unklar ist insoweit, was unter dem Begriff der "tatsächlichen Nutzungsdauer" zu verstehen sein sollte. Einerseits denkbar wäre, dass die "betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer" des § 7 Abs. 1 EStG gemeint war.[4] Der Gesetzgeber hatte allerdings bewusst eine andere Formulierung gewählt, um gerade nicht an die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des § 7 Abs. 1 EStG gebunden zu sein.[5] Vielmehr wollte der Gesetzgeber erreichen, dass der besondere Verstrickungswert auch dann angesetzt wird, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zwar abgelaufen ist, das Wirtschaftsgut aber noch weiterverwendet wird.

Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des § 7 Abs. 1 EStG ist typisiert in den amtlichen AfA-Tabellen für einzelne Branchen und bestimmte Wirtschaftsgüter vorgegeben. Gleichwohl enthalten die Tabellen eine Öffnungsklausel, die auf Nachweis des Stpfl. eine hiervon abweichende Nutzungsdauer zulässt. In der Praxis wird diese häufig verwendet, um kürzere Nutzungsdauern glaubhaft zu machen (z.  B. stärkere Abnutzung eines Maschinenparks aufgrund eines Mehrschichtbetriebs). Typischerweise bleibt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer deshalb hinter dem Zeitraum zurück, in dem das betreffende Wirtschaftsgut im Betrieb genutzt wird. Da der Ausgleichsposten unabhängig von der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer über einen 5-Jahres-Zeitraum aufzulösen ist, kann es vorkommen, dass ein Wirtschaftsgut am Ende des Abschreibungszeitraums in eine ausl. Betriebsstätte überführt und ein Ausgleichsposten hierfür gebildet wird. Sofern das Wirtschaftsgut vor Auflösung des Ausgleichspostens, aber nach Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zurückgeführt wird, ergäben sich entsprechende Probleme bei der Rückführung. Insoweit wäre der Posten aufzulösen, jedoch keine Verstrickung des Wirtschaftsguts vorzunehmen. Dies könnte zu einer Doppelbesteuerung führen, wenn das Wirtschaftsgut im Ausland entstrickt wurde und im Anschluss an die Rückführung im Inland veräußert wird. Dies kann nicht sachgerecht und vom Gesetzgeber gewollt sein; ein Anknüpfen an die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist deshalb abzulehnen.

Schließlich wollte d...

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