Rz. 84

Nach S. 2 tritt die Rechtsfolge des S. 1 – keine Aktivierung bei widerruflicher Bezugsberechtigung (Rz. 63) – im Fall einer Abtretung oder Beleihung des Versicherungsanspruchs am Bilanzstichtag nur ein, wenn der Arbeitgeber sich in diesem Zeitpunkt dem Bezugsberechtigten gegenüber durch eine schriftliche Erklärung verpflichtet hat, ihn bei Eintritt des Versicherungsfalls so zu stellen, als ob der Versicherungsanspruch nicht beliehen wäre. Dem liegt folgender Gedankengang zugrunde.

 

Rz. 85

Mit der Beleihung der Direktversicherung nutzt der Arbeitgeber den wirtschaftlichen Gehalt dieses Wirtschaftsguts "Versicherungsanspruch" auf eigene Rechnung aus. Damit erfolgt wirtschaftlich eine deutliche Zuordnung des Versicherungsanspruchs zum Betriebsvermögen des Arbeitgebers. Die Regelung des § 4b S. 1 EStG, wonach das Wirtschaftsgut "Versicherungsanspruch" nicht zu bilanzieren ist, gilt deshalb für beliehene Direktversicherungen nur dann, wenn zwischen den Beteiligten zweifelsfrei festgelegt ist, dass die in der Beleihung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Nutzung durch den Arbeitgeber nur vorübergehender Natur ist. Die Vorschrift verlangt deshalb bei Beleihung zusätzlich als Voraussetzung für den Verzicht auf die Bilanzierung beim Arbeitgeber, dass der Arbeitgeber der bezugsberechtigten Person gegenüber die Erklärung abgibt, sie bei Eintritt des Versorgungsfalls so zu stellen, als ob die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt wäre.

 

Rz. 86

Diese schriftliche Verpflichtungserklärung bringt gegenüber der arbeitsrechtlichen Rechtslage gem. § 1b Abs. 2 BetrAVG keine materielle Änderung. Denn nach dem Wortlaut des § 1b Abs. 2 S. 3 BetrAVG unterliegt der Arbeitgeber ab Eintritt der Unverfallbarkeit dieser Verpflichtung bereits aufgrund Gesetzes. Höfer (BetrAVG, Bd. 2, Rz. 1549) sieht deshalb den eigentlichen Zweck der Norm darin, die Bezugsberechtigten über ihre Rechte im Fall einer Beleihung besser aufzuklären. Nach den Gesetzesmaterialien[1] sollte die Schriftform jedoch lediglich eine Erleichterung der Nachprüfbarkeit für die Finanzverwaltung bezwecken und entspricht damit dem (gleichzeitig ebenfalls durch das BetrAVG 1974 entstandenen) Schriftformerfordernis in § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG. In der materiell rechtsvernichtend wirkenden Rechtsfolge eines Formalerfordernisses ist die Vorschrift mit § 4 Abs. 7 S. 2 EStG vergleichbar: Hier wie dort ist eine Formalie – die zur Rechtswirksamkeit des darin erfassten Rechtsgeschäfts nicht erforderlich ist – Voraussetzung für die materielle Steuerrechtsfolge. Die zu § 4 Abs. 7 EStG ergangene Rspr. dürfte deshalb in ihren Grundzügen auf § 4b S. 2 EStG übertragbar sein.

 

Rz. 87

Gegenüber der bezugsberechtigten Person ist die Verpflichtungserklärung abzugeben, also entweder gegenüber dem Arbeitnehmer bzw. der Person i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG oder gegenüber deren Hinterbliebenen. Ggf. kommen auch (längst) ausgeschiedene, frühere Arbeitnehmer in Betracht, deren Anwartschaft beim Ausscheiden wegen Unverfallbarkeit erhalten geblieben ist. Dies führt gelegentlich zu Schwierigkeiten bei der Aufenthaltsermittlung des Erklärungsgegners.

 

Rz. 88

Da die Verpflichtung "der bezugsberechtigten Person gegenüber" zu erfolgen hat, muss die Erklärung in der vorgesehenen Form, also schriftlich, der bezugsberechtigten Person zugehen.[2]

 

Rz. 89

Der Inhalt der Verpflichtungserklärung ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, in ihr muss aber ausreichend deutlich zum Ausdruck kommen, dass der Arbeitgeber die Verpflichtung anerkennt, die Bezugsberechtigten bei Eintritt des Versicherungsfalls so zu stellen, als ob die Beleihung nicht erfolgt wäre. Auf welche Weise er dies erreichen will, muss er nicht angeben, es genügt das Anerkenntnis der abstrakten Verpflichtung. Umstritten ist, ob die Verpflichtungserklärung einzelfallbezogen oder auch schon ohne Zusammenhang mit einer konkreten Beleihungsabsicht, also quasi "auf Vorrat", etwa bereits in der Erklärung über die Gewährung der Versorgungszusage erteilt werden kann. Gosch (in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4b EStG Rz. C 30) leitet aus der "Warnfunktion" der Erklärung das Erfordernis der Einzelfallbezogenheit ab und sieht dies durch die Formulierung des Gesetzes "… als ob die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt wäre …" bestätigt. Diese Auslegung erscheint nicht zweifelsfrei, weil auf der Grundlage eines solchen Verständnisses der Norm eine ausreichend präzise Abgrenzung zwischen einzelfallbezogener – und damit wirksamer – und prophylaktischer – und damit unwirksamer – Verpflichtungserklärung nicht möglich erscheint. Eine strikte Grenzziehung würde genau genommen voraussetzen, dass in der Verpflichtungserklärung der beabsichtigte Beleihungsvorgang (unter Angabe von Sicherungsnehmer und Sicherungsvolumen) benannt wird. Dies lässt sich indes mit dem Gesetzeswortlaut nicht begründen. Man wird deshalb auch vorsorglich und ohne konkrete Beleihungsabsicht ggf. bereits bei Erteilung der Versorgungszusage abgegebene Verpflichtungserklärungen als wirksam e...

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