Rz. 6

Vor der Änderung durch das G. v. 9.12.2004[1] wurde von Gewinnausschüttungen (Schachteldividenden) einer unbeschränkt stpfl. Kapitalgesellschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, die einer in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässigen Muttergesellschaft (vgl. deren Auflistung in Anl. 2 a. F.) zufließen, die KapESt nach § 43b Abs. 1 EStG auf Antrag der Muttergesellschaft nicht erhoben.

 

Rz. 7

Nach der Änderung durch das G. v. 9.12.2004 mit Wirkung ab 16.12.2004 (dem Tag des Inkrafttretens) ist die Anwendung des § 43b EStG nicht mehr auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Auch die anderen unter Nr. 1 der Anl. 2 genannten Körperschaften gelten bei Erfüllung der dafür geltenden Voraussetzungen als Tochter- bzw. Muttergesellschaften i. S. d. Mutter-Tochter-Richtlinie.

 

Rz. 8

Die Muttergesellschaft darf weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung in der Bundesrepublik Deutschland haben. Sie muss in einem anderen Mitgliedstaat der EU steuerlich ansässig sein (zur diesbezüglichen Ausnahme in Abs. 1 S. 2 vgl. Rz. 10). Befindet sich entweder der Sitz oder die Geschäftsleitung im Inland, wäre die Muttergesellschaft im Inland unbeschränkt stpfl., und die von den Ausschüttungen der Tochtergesellschaft zum Regelsteuersatz von 25 % erhobene KapESt würde ohnehin bei der Veranlagung auf die KSt der Muttergesellschaft angerechnet.

 

Rz. 9

Die Freistellung im Steuerabzugsverfahren in den Fällen des § 43b EStG gilt nur für Ausschüttungen, die bei der EU-Muttergesellschaft oder bei deren EU-Betriebsstätte zu Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Hierzu gehören auch Bezüge aus Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn oder Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist.

 

Rz. 10

Mit Wirkung ab 16.12.2004 (Rz. 7) gilt die Quellensteuerentlastung nach § 43b Abs. 1 S. 1 EStG auch für Ausschüttungen einer Tochtergesellschaft, die einer in einem anderen EU-Mitgliedstaat gelegenen Betriebsstätte einer unbeschränkt steuerpflichtigen Muttergesellschaft zufließen. Nach § 43b Abs. 1 S. 3 EStG gilt dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Beteiligung an der Tochtergesellschaft tatsächlich zum Betriebsvermögen der Betriebsstätte gehört (zum Begriff "Betriebsstätte" vgl. Rz. 35).

 

Rz. 11

Die unbeschränkt stpfl. Tochtergesellschaft darf die Quellensteuerentlastung bereits im Zeitpunkt der Ausschüttung in Anspruch nehmen und vom Steuerabzug vom Kapitalertrag absehen, wenn ihr eine dementsprechende Bescheinigung des BZSt über die Freistellung im Steuerabzugsverfahren vorliegt (Rz. 16ff.).

 

Rz. 12

Liegt der Tochtergesellschaft im Zeitpunkt der Ausschüttung keine Freistellungsbescheinigung vor, ist der Steuerabzug vom Kapitalertrag vorzunehmen; die einbehaltene und abgeführte KapESt wird der EU-Muttergesellschaft bzw. deren EU-Betriebsstätte auf deren Antrag vom BZSt erstattet (Rz. 19).

 

Rz. 13

Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG, d. h. Bezüge aus Kapitalherabsetzung oder Liquidationsraten, die nicht in der Rückzahlung von Kapital bestehen (§ 20 EStG Rz. 92ff.), werden aufgrund des eindeutigen Wortlauts durch § 43b EStG nicht begünstigt.

Art. 4 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie schließt allerdings nur Gewinne von der Anwendung der Richtlinie aus, die "anlässlich der Liquidation der Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden". Nicht die Auflösung der Gesellschaften, sondern deren Konzentration soll gefördert werden.

 

Rz. 14

Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die im Rahmen der Liquidation oder Umwandlung einer Tochtergesellschaft zufließen, sind nach dem durch das G. v. 7.12.2006[2] in § 43b Abs. 1 EStG eingefügten S. 4 ausdrücklich nicht begünstigt.

 

Rz. 15

Bezieht die Muttergesellschaft bzw. deren EU-Betriebsstätte von der Tochtergesellschaft außer Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder[3] diesen wirtschaftlich vergleichbaren Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 bzw. Nr. 10 Buchst. a EStG, die nach § 43b EStG von der Quellensteuer entlastet werden, noch andere steuerabzugspflichtige Kapitalerträge, gilt für das Herbeiführen der sich hierfür aus dem DBA ergebenden Quellensteuerentlastung nach wie vor das Entlastungsverfahren nach § 50d EStG i. V. m. den Regelungen des jeweils anzuwendenden DBA (§ 50d EStG Rz. 19ff.).

[1] BStBl I 2004, 1158.
[2] BGBl I 2006, 2782.
[3] Nach der Erweiterung der Gesellschaftsformen der Anl. 2 zu § 43b EStG durch das G. v. 9.12.2004.

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