1 Allgemeines zum Steuerabzug vom Kapitalertrag (KapESt)

1.1 Rechtsentwicklung

1.1.1 Gesetzliche Entwicklung

 

Rz. 1

Der KapESt unterliegen nur bestimmte Kapitalerträge, insbesondere die Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 und – z. T. – Abs. 2 EStG, die in § 43 EStG aufgezählt sind; hier nicht erfasste Kapitalerträge unterliegen auch nicht dem Steuerabzug.

 

Rz. 1a

Durch Gesetz v. 25.7.1988[1] wurde eine "kleine KapESt" auf alle übrigen Kapitalerträge, insbesondere Zinserträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, mit einem Steuersatz von 10 % eingeführt. Diese "kleine KapESt" hatte jedoch einen solch außergewöhnlich hohen Abfluss an Kapital in das Ausland zur Folge, dass der Gesetzgeber sich genötigt sah, die "kleine KapESt" durch G. v. 30.6.1989[2] mit Wirkung ab 1.7.1989 wieder abzuschaffen. Dass die "kleine KapESt" nicht mehr erhoben wurde, änderte allerdings nichts daran, dass Kapitalerträge beim Gläubiger nach wie vor der ESt bzw. KSt unterliegen.

 

Rz. 2

Nachdem das BVerfG[3] den Gesetzgeber dazu verpflichtet hatte, bis zum 1.1.1993 ausreichende gesetzliche Vorkehrungen dafür zu treffen, dass Zinseinkünfte rechtlich und tatsächlich steuerlich gleich belastet werden, wurde durch Gesetz v. 9.11.1992[4] die als Zinsabschlag zu erhebende KapESt eingeführt. Danach unterliegen die Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit Wirkung seit Vz 1993 nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 und S. 2 EStG dem Steuerabzug vom Kapitalertrag (Rz. 68ff.).[5]

 

Rz. 3

Weitere Änderungen bzw. Ergänzungen der Vorschriften über den Steuerabzug vom Kapitalertrag erfolgten durch die Gesetze v. 13.9.1993[6] und v. 21.12.1993.[7]

 

Rz. 3a

Eine wesentliche Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs der Vorschriften zum KapESt-Abzug brachte das Gesetz v. 14.8.2007[8], wonach der Steuereinbehalt in Form der KapESt bei Kapitalerträgen i. S. d. § 20 EStG ab dem Jahr 2009 grundsätzlich eine die ESt abgeltende Wirkung hat (§ 43 Abs. 5 S. 1 EStG; Rz. 199ff.). Dabei wird nicht mehr zwischen der allgemeinen KapESt und dem besonderen Zinsabschlag unterschieden. Es kommen auch keine unterschiedlichen KapESt-Sätze von 20 % (z. B. Dividenden), 25 % (z. B. Wandelanleihen, Gewinnobligationen), 30 % (Zinsabschlag) oder 35 % (Tafelgeschäfte) mehr zur Anwendung. Vielmehr gibt es ab 2009 nur noch einen einheitlichen KapESt-Abzug i. H. v. 25 % auf alle KapESt-Tatbestände.

 

Rz. 3b

Durch Art. 26 des JStG 2009 v. 19.12.2008[9] kam es in § 43 Abs. 2 S. 3ff. EStG zu einer Ausweitung der Abstandnahme vom KapESt-Abzug auf Kapitalerträge aus Options- und Termingeschäften, die zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören. In § 43 Abs. 3 S. 1 EStG wird die Verpflichtung zum Einbehalt von KapESt auf inländische Niederlassungen von ausl. Versicherungsunternehmen ausgeweitet.

Rz. 4 einstweilen frei

 

Rz. 4a

Durch das JStG 2010 v. 8.12.2010[10] wurde insbesondere § 43 Abs. 1 S. 5, 6 EStG neu gefasst, in Abs. 2 S. 6 die Aufbewahrungspflicht der auszahlenden Stelle verkürzt und in Abs. 5 S. 1 geändert sowie S. 4 angefügt.

 

Rz. 4b

Durch das G. zur Umsetzung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-IV-UmsetzungsG) v. 22.6.2011[11] wurde eine neue Nr. 1a eingeführt. Die KapESt-Erhebungssystematik wird für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus girosammelverwahrten oder streifbandverwahrten Aktien, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2011 zufließen, umgestellt. Die Verpflichtung zum Steuereinbehalt trifft nicht mehr – wie bisher – den Schuldner der Dividendenzahlung, sondern die die Kapitalerträge auszahlende Stelle (§ 44 Abs. 1 S. 4 Nr. 3 Buchst. a EStG) bzw. in Fällen der Verwahrung der Anteile im Ausland durch die Wertpapiersammelbank, der die Anteile zur Sammelverwahrung anvertraut wurden (§ 44 Abs. 1 S. 4 Nr. 3 Buchst. b EStG; § 44 EStG Rz. 39a ff.).

 

Rz. 4c

Durch Art. 2 Nr. 28 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG) v. 26.6.2013[12] wurde eine verfahrensmäßige Vereinfachung der Einbehaltung der KapESt auf Zinserträge aus Gewinnobligationen, Wandelanleihen und fremdkapitalähnlichen Genussrechten i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sowie auf Erträge aus eigenkapitalähnlichen Genussrechten gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG geregelt. Fließen diese Erträge nach dem 31.12.2012 zu, so ist die die Kapitalerträge auszahlende Stelle steuerabzugsverpflichtet. Somit folgt der Steuerabzug vom Kapitalertrag der Systematik, die für girosammelverwahrte oder streifbandverwahrte Aktien gilt (Rz. 4b).

 

Rz. 4d

Durch Art. 11 Nr. 8 des Gesetzes zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz) v. 18.12.2013[13] wurde in § 43 Abs. 2 S. 2 EStG eine begriffliche Folgeänderung vorgenommen, da der Begriff der "Kapitalanlagegesellschaft" durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-UmsG) v. 4.7.2013[14] entfällt und einheitlich durch den Begriff der "Kapitalverwaltungsgesellschaft" ersetzt wird.

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