10.3.1 Allgemein

 

Rz. 68

Nach § 36a Abs. 5 Nr. 2 EStG ist die Anrechnungsbeschränkung des § 36a Abs. 1 bis 4 EStG zudem nicht anwendbar,wenn der Stpfl. bei Zufluss der Kapitalerträge seit mindestens einem Jahr ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien oder Genussscheine ist. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einer Langfristanlage – die er ab einem Jahr Eigentum als gegeben ansieht – keine Steuerumgehungen zu erwarten sind.[1] Zum wirtschaftlichen Eigentum nach § 39 AO vgl. Rz. 25ff.

[1] BT-Drs. 18/8045, 135.

10.3.2 Berechnung der Frist

 

Rz. 69

Fristbeginn ist gem. § 36 Abs. 1 S. 1 EStG der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums. Nach Ansicht der Finanzverwaltung beenden "zwischenzeitliche (temporäre) Übertragungen des wirtschaftlichen Eigentums (z. B. durch Wertpapierdarlehen oder Wertpapierpensionsvertrag)" jedoch die Haltedauer und führen zu einem Neubeginn der Jahresfrist nach § 36a Abs. 5 Nr. 2 EStG.[1]

10.3.3 Anwendbarkeit der FIFO-Methode und Ausnahmen (§ 36a Abs. 5 Nr. 2 Halbs. 2 i. V. m. § 36a Abs. 2 S. 2 EStG)

10.3.3.1 Allgemein

 

Rz. 70

In § 36a Abs. 5 Nr. 2 Halbs. 2 EStG wird § 36a Abs. 2 S. 2 EStG für entsprechend anwendbar erklärt, d. h.die FIFO-Methode ist grundsätzlich auch für die Berechnung der Jahresfrist anwendbar.[1]

 

Rz. 71

Von diesem Grundsatz ordnet die Finanzverwaltung im Anwendungsschreiben zu § 36a EStG jedoch Ausnahmen an. Danach ist die FIFO-Methode – entgegen der Rz. 97-99 des Anwendungsschreibens zur Abgeltungsteuer[2] – grundsätzlich einheitlich auf alle von dem Stpfl. gehaltenen Anteile oder Genussscheine anzuwenden. Grundsätzlich darf danach für die Zwecke des § 36a EStG keine isolierte Betrachtung von Depots bei verschiedenen Kreditinstituten oder von Unterdepots eines Depots bei einem Kreditinstitut erfolgen.[3]

 
Praxis-Beispiel

FIFO-Methode – einjährige Haltedauer

[4] Steuerpflichtiger S besitzt bei der Bank A ein Depot. Am 15.3.01 erwirbt S 1.000 X- AG Aktien, die in das Depot bei der Bank A eingebucht werden. Am 1.7.02 erwirbt S weitere 500 X-AG Aktien, die in sein Depot bei der Bank B eingebucht werden. S veräußert am 1.9.02 200 X-AG Aktien aus dem Depot bei der Bank B. Für die Zwecke des § 36a EStG gelten 200 der am 15.3.01 bei Bank A angeschafften X-AG Aktien als veräußert.

 

Rz. 72

Die Ausnahme gilt jedoch nur mit folgenden Einschränkungen: Anteile und Genussscheine, die von verschiedenen Rechtsträgern gehalten werden, sind gesondert zu betrachten, Anwendungsfälle sind u. a. (Spezial-)Investmentfonds und deren Anleger sowie Personengesellschaften und deren Gesellschafter. Auch Anteile oder Genussscheine, die handels- und / oder aufsichtsrechtlich verschiedenen Vermögensgruppen zugeordnet werden, sind gesondert zu betrachten. Die Finanzverwaltung nennt als Beispiele die Unterscheidung zwischen Anlagebestand, Handelsbestand und Liquiditätsreserve bei Kreditinstituten sowie zwischen Anlage- und Umlauf-vermögen bei sonstigen Unternehmen.[5]

 

Rz. 73

Als weitere Ausnahme von der Ausnahme wird zugelassen, dass einzelne Depots, die ausschließlich besonderen Zwecken dienen und dies hinreichend dokumentiert wird, gesondert betrachtet werden können. Dies soll etwa für Kreditinstitute gelten, die in den gesonderten Depots ihre gesonderten Depot ausschließlich Aktien eines Unternehmens langfristig hält, die der Absicherung von Aktienoptionen oder anderen Mitarbeiterbeteiligungsmaßnahmen des Unternehmens dienen.[6]

 

Rz. 74

Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass bei Gesamtrechtsnachfolge (z. B. Erbschaft, Verschmelzung) die Anschaffungszeitpunkte von Anteilen oder Genussscheinen durch den Rechtsnachfolger fortgeführt werden.[7]

10.3.3.2 Verhältnis der FIFO-Methode zum Mindestwertänderungsrisiko

 

Rz. 75

Die Finanzverwaltung äußert sich in Rz. 101-102 des Anwendungsschreibens zu § 36a EStG ausführlich zum Verhältnis der FIFO-Methode zum Mindestwertänderungsrisiko. Dies betrifft den Fall, dass der Stpfl. sowohl Alt-Anteile (bereits seit mindestens einem Jahr von dem Stpfl. ununterbrochen gehalten) als auch Anteile besitzt, die innerhalb der Jahresfrist erworben wurden (Jung-Anteile), wobei aufgrund der FIFO-Methode die Alt-Anteile dann als zuerst veräußert gelten.[1]

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